Schweiz hat sich Neutralität nicht ausgesucht

An der 1.-August-Feier in Näfels machte sich die Gemeindevizepräsidentin von Glarus Andrea Trummer Gedanken über das Geburtsdatum der Schweiz, aber auch über ihre Neutralität, und wie diese gelebt werden soll.



Schweiz hat sich Neutralität nicht ausgesucht

Seit 1891 habe man sich auf den 1. August 1291 als Gründungstag der Schweiz geeinigt; und erst seit 30 Jahren gilt er als arbeitsfreier Tag. «Dabei standen auch andere Daten zur Auswahl», erklärte Andrea Trummer an ihrer Rede an der 1.-August-Feier in Näfels. So wurde lange der 8. November 1307 als Tag des «Rütli-Schwurs» angesehen. «Und die Schweiz wie wir sie heute kennen, gibt es eigentlich erst seit dem 12. September 1848.» Denn die damals beschlossene Bundesverfassung definiert die einmalige Verbindung von direkter Demokratie und Föderalismus. «Garant für Sicherheit und Freiheit, auf die wir gerade heute sehr dankbar sein sollten.» An welchem Tag wir auf die Geschichte unseres Landes blicken sei, laut Trummer, aber eigentlich gar nicht so wichtig, genauso, wie, ob es für die Bundesverfassung einen eigenen Feiertag braucht. «Gerade mit Blick auf die uns damals umgebenden Monarchien und hierarchischen Gesellschaftsordnungen war die Schweiz zu jener Zeit ein demokratisches Juwel.»

In die gleiche Zeitperiode fällt zudem die «ewige Neutralität» der Schweiz. «Diese haben wir uns dabei gar nicht selbst ausgesucht.» Nachdem Napoleon durch seine Schlachtzüge Europa umgekrempelt hat, sorgte der Wiener Kongress wieder für «Ordnung». Dabei wurde auch die Neutralität der Schweiz festgelegt und definiert. «Mit der Zeit hat sich die Schweiz damit nicht nur abgefunden, sondern ist stolz auf diesen Status.» Wie sich ein neutrales Land zwischen Konfliktparteien verhalten soll, werde gerade jetzt mit Blick auf die Ukraine rege diskutiert. Dabei müsse man unterscheiden zwischen Neutralitätsrecht und -politik. Während das Recht rechtliche Verpflichtungen und Regelungen umfasst, sei die Politik weniger klar definiert. «Hier gehört neben der Bewahrung der eigenen Neutralität auch eine aktive Rolle im Friedensprozess dazu.» So konnte die Schweiz in vielen früheren Konflikten eine besondere Stellung auf dem Weg zum Frieden einnehmen. «Neutralität darf nicht zu Gleichgültigkeit und Passivität führen. Im Gegenteil, sie soll uns ermutigen, uns aktiv für das Gemeinwohl einzusetzen.» Was für die internationale Bühne gelte, sei auch im Zusammenleben in Dorf, Gemeinde und Kanton von genauso grosser Bedeutung. Denn auch hier geht es um die Wechselbeziehung zwischen persönlicher Freiheit und gelebter Solidarität. «Gerade in einer Gesellschaft, die immer vielfältiger wird, sollten wir darauf achten, dass wir in unseren Gedanken und Handlungen grosszügig sind.»