Absage mit Anerkennung

Der Antrag von Stefan Gasser zur Prüfung eines möglichen Kantonswechsels der Gemeinde Bilten wurde an der gestrigen ausserordentlichen Gemeindeversammlung von den Stimmberechtigten abgelehnt. Dies allerdings mit einer deutlich spürbaren Anerkennung des Einsatzes, den Gasser für die Gemeinde zeigte.



Hat der Gemeinde Gehör verschafft und zum Nachdenken angeregt: Stefan Gasser. (Bild: nry)
Hat der Gemeinde Gehör verschafft und zum Nachdenken angeregt: Stefan Gasser. (Bild: nry)

„Ich freue mich über die regen Diskussionen und die grosse Beteiligung an der Gemeindeversammlung und ich habe jetzt eine Menge Freizeit dazu gewonnen“, zeigt sich Gasser nach der Versammlung ungebrochen optimistisch. Zwar wurde sein Antrag gestern, 8. März, mit 73 zu 14 Stimmen abgelehnt, resp. der vom Gemeinderat gestellte Antrag auf Abweisung angenommen, in einer angeregten Auseinandersetzung um das Thema fand der Mut Gassers aber Anerkennung.

Unkompliziert und zügig gingen die weiteren Traktanden der Bürgerversammlung über die Bühne. Sowohl die Beschlussfassung zum Erwerb der Parzelle Nr. 415 GB von Ruth Schumann-Keller, die Kreditgenehmigung für die Erschliessung Grüt des Tagwen und die Beschlussfassungen zum Baulandkaufgesuch der Firma HESS Medizintechnik AG und dem Kaufvertrag mit Heinrich Zimmermann wurden vergleichsweise zügig abgehandelt und entsprechend der Anträge des Gemeinderats angenommen.

Kein Fusionsgegner

Mehr Bewegung kam beim Antrag zur Prüfung eines Kantonswechsels in die Versammlung. „Ich bin kein Gegner der Fusion“, stellte Gasser gestern deutlich klar, als er noch einmal das Wort ergriff, um seine Intention hinter dem Antrag zu verdeutlichen. Es ginge lediglich um eine Prüfung der Möglichkeit eines Kantonswechsels. „Damit wollte ich dem Gemeinderat ein Instrument in die Hand geben, um sich im Fusionsprozess mit Stärke positionieren zu können“, erläuterte Gasser, denn „ich habe Angst, dass Bilten links liegen gelassen wird.“ Diese Angst wusste er auch zu begründen. Die zukünftige Gemeinde Glarus Nord wird 16'000 Einwohner haben. Jetzt kann sich jeder ausrechnen, wie dann noch der Stellenwert von Bilten aussieht.“ Deshalb rief Gasser die Stimmberechtigten gestern auf, ihre Möglichkeit zu nutzen, sich noch einmal ins Spiel zu bringen und aktiv in das Geschehen einzugreifen. Denn was die Fusion für eine Gemeinde wie Bilten bedeute, davon sehe man derzeit nur die Spitze des Eisberges, so Gasser.

Auch an konkreten Vorschlägen mangelte es ihm nicht, wie Bilten sich besser positionieren könne. Kernpunkt war hier klar: „Mir geht es nicht zwingend um einen Kantonswechsel, sondern darum aufzuzeigen, dass man mit einer Leistungsorientierung mehr erreicht, als mit Leistungsblockierung“, sprach er die mangelnde Steuerkraft der Gemeinde an, die mit der derzeitigen Steuer- und Mietpreisstruktur besonders kaufkraftschwache Personen anziehe. „Jetzt ist die Möglichkeit, noch einmal mitzureden“, appellierte Gasser an die Anwesenden.

Rege Diskussion – gelebte Demokratie

Und dies taten sie auch. Während alle anderen Traktanden zuvor und danach ohne grosses Aufheben angenommen wurden, zeigten die Stimmberechtigten gestern deutlich ihr Interesse und ihre Meinung zu Gassers Antrag. Dass dieser zunächst einmal rechtens war, hatte auch der von der Gemeinde zur Prüfung engagierte Anwalt festgestellt. Er bestätigte die rechtliche Verankerung der Entscheidungskompetenz der Gemeinden, wenn es um Änderung im Bestand oder der Grenzen der Gemeinde gehe. In der Diskussion der gestrigen Gemeindeversammlung wurde aber auch noch einmal das Argument in den Raum gestellt, dass die Landsgemeinde das oberste Entscheidungsorgan des Kantons sei und man sich nun lieber mit dieser Entscheidung abfinden und sich im Fusionsprozess einbringen sollte. Aber Gassers Antrag stiess auch auf Unterstützung und Anerkennung – sowohl von Befürwortern, als von Gegnern. „Danke an Stefan Gasser, dass er den Mut aufgebracht hat, so einen Antrag zu stellen“, war da zu hören. Und: „Wie viele von Euch waren denn bei der Landsgemeinde und haben der Fusion zugestimmt?“ oder „Wir dürfen nicht immer alles schlucken. Der Antrag ist eine Chance für Bilten!“ Aber auch die Gegner des Antrages meldeten sich zu Wort: „Auch in Schwyz denkt man über Fusionen nach und so kleine Gemeiden wie Bilten haben keine Zukunft“, hiess es und: „Wir sind nicht nur Biltner, sondern auch Glarner.

“ Wichtig sei nun, sich für eine gute Positionierung von Bilten einzusetzen und die Energien dafür zu nutzen. Und so lud auch Gemeindepräsident Peter Lienhard-Herger Stefan Gasser ein, sich an einem der Gremien zu beteiligen, die zum Teil schon ihre Arbeit aufgenommen haben und sich so für die Interessen von Bilten stark zu machen. Im Ergebnis verfolgten also beide Seiten ein ähnliches Ziel – die Wege, auf denen man dieses zu erreichen versuchte, waren aber nicht die gleichen. Gasser jedenfalls zeigte sich trotz der Ablehnung seines Antrags gelassen: „Es ging ja auch darum, uns als Gemeinde Gehör zu verschaffen und dem Kanton zu zeigen, dass man mit uns nicht einfach machen kann, was man will“, fasste er zusammen. Und eines ist sicher: Sowohl beim Kanton, als auch bei den Medien hat dieser Plan funktioniert. Bilten ist in den Mittelpunkt des Interesses gerückt und hat gezeigt, dass es keine Schlafgemeinde ist, sondern in seinen Reihen auch Menschen hat, die den Mut aufbringen, einmal ein Fragezeichen zu setzen und den Finger zu erheben. Und mit der angeregten Diskussion am gestrigen Abend zeigte auch die Bevölkerung, dass sie bereit ist, sich mit solchen Fragezeichen auseinander zu setzen.