«Alles wird gut» – mit Michael Elsener

Michael Elseners Gastspiel im Gemeindezentrum Schwanden hatte es bezüglich Intensität, Wortreichtum und Tempo in sich. Mit raffiniert austarierter Eleganz befasste er sich mit den politischen Realitäten in unserem Land; der ständig nachlassenden Bereitschaft, an die Urne zu gehen; den Statements verschiedenster Politikerinnen und Politiker; den zumeist überlang andauernden Beratungen bis zur jeweiligen Beschlussfassung; den Sorgen, Wünschen und Erwartungen beinahe aller, die im Saal anwesend waren. Er bot auf Einladung des organisierenden Kulturvereins Glarus Süd eine lehrreiche Fülle an.



«Alles wird gut» – mit Michael Elsener (Bilder: p.meier)
«Alles wird gut» – mit Michael Elsener (Bilder: p.meier)

Michael Elsener verkörpert eine erfrischende Mischung aus Spitzbübischem, Cleverness, Forderndem, Sachkommentaren, Erkenntnissen aller Art, Hinterfragen, aufmunternder Art zum Mittun. Er fasste nicht selten zusammen, was aus dem Saal vernehmbar war, baut das in Teile seines Anbietens geschickt ein. Gekonnt vermeidet er plumpes und primitives Drauflosreden.

Wie gewohnt begrüsste Ruth Tüscher, Präsidentin des Kulturvereins, diesmal war es der letzte von insgesamt 16 Anlässen der exakt 100. Saison. Sie hatte vielen zu danken, die das kulturelle Angebot finanziell mittragen.

Dann war die schönste und geräumigste Bühne von Glarus Süd frei für Michael Elsener, der seit 2006 mit abendfüllenden Soloprogrammen landauf, landab unterwegs ist. Er versteht es, sich in atemberaubendem Tempo in die Rolle verschiedenster Promis zu versetzen, sie beispielsweise mit fiktiven Interviews in sein kurzweiliges Bühnengeschehen einzubauen.
Elseners Halt mit dem mannigfaltig Glücksgefühle weckenden Titel: «Alles wird gut» gilt schwergewichtig Politischem, damit auch dem möglichst günstigen Positionieren für kommende Wahlen.

Elsener stellt Politverdrossenheit fest, satte 55 Prozent der Stimm- und Wahlberechtigte blieben zuhause. Genüsslich deutete Elsener aus: Allein schon das Öffnen des Briefumschlags mit allen Stimmunterlagen sei eine kleine Kunst. Dann gelte es, sich durch Kleingedrucktes in nicht selten hochkompliziertem Deutsch durchzulesen, alles richtig zu unterschreiben und wieder dem Couvert anzuvertrauen, damit es dann auch am richtigen Ort – nämlich dem Gemeindehaus – ankomme.

Er fragte seinen fiktiven Gast Roger Federer nach dessen Parteizugehörigkeit aus, erhielt aber keine zielführende Auskunft. Federer wurde übrigens oft zitiert, war gern gehörter Gast, genau wir verschiedenste Ratsmitglieder aus den beiden Kammern und des obersten Gremiums. Deren Eigenarten hat Elsener genauestens studiert, um beim spürbar begeisterten Publikum in Schwanden zu punkten.

Und wenn er schon in Schwanden gastierte, wollte er auch die Sorgen und Nöte aus dem gebirgigen Kanton aufgelistet wissen. Das waren beispielsweise der bedrohende Wolf, das Parkplatzregime im Hauptort, die hohen Wohnungsmieten, das Ausbringen der Gülle bei Wohngebieten. Es flossen dann dank Filmprojektionen auch Hinweise zu unserer doch ganz besonderen Neutralität ein. Geredet wurde da beispielsweise von bewaffneter, kooperativer, sogar neutraler Neutralität, dies notabene aus dem Bundeshaus.

Und man hörte gespannt zu, wenn Elsener über die Zusammensetzung der Bundesversammlung sprach, sich mit Inhalten von Wahlvideos befasste. Da war er berechtigt keck, legte den Daumen dort drauf, wo es Sinn macht. Als Beispiele dienten die Mitgliedschaften in der quasi neutral entscheidenden Gesundheitskommissionen, die von der Pharmaindustrie gesponsert sind.

Elsener wirbelte auf, sauste inhaltlich durch verschiedenste Fakten, redete zum «ökologischen Fussabdruck», wies auf Verschwörungstheoretiker und deren nicht selten abstrusen Theorien hin und wollte sogar von der bewährten Neutralität mal Abstand nehmen und zu einer leichten Diktatur wechseln – mit einer Dame aus dem Publikum.
Nach der wohlverdienten Pause war es dann Zeit für den Aufbau dieser Regierungsform, für das Präsentieren der verschiedenen Vorschläge aus dem Publikum. Elsener verwob mit raschen, träfen Kommentaren. Wölfe, Windräder, OeV-Anbindung, Schneekanoneneinsatz, Polygamie, Abschaffen von E-Trottinetts, Gemeindeparlament, Renaturierung von Strassen, ganz langer Elternurlaub – es war ein übervoller Katalog. Aber die «Light-Diktatur» war dann doch zu suspekt, wurde abgelehnt.

Elsener befasste sich mit dem Stimmverhalten quer durch alle Altersschichten, flocht Statements politischer Schwergewichte enorm geschickt und Auseinandersetzungen mit seinem Grossvater und dem neu zusammengesetzten Bundesrat ein.

Beifall und Zugabe waren intensiv, man war dabei, als Elsener ein ganzes Leben einfach umkehrte, mit der Bestattung beginnend und dem Sein im Mutterleib endend – sehr besinnlich, herzlich und poetisch wurde.