Der heute 62-jährige R.M. kam im Alter von 20 Jahren mit hoher Einsatzbereitschaft, leeren Händen, grossem Herzen und voller Träume in die Schweiz, um hier sein Glück zu suchen. Mehr als 36 Jahre lang war er ein glücklicher und einsatzfreudiger Arbeiter, «stolz darauf, für unser Einkommen zu sorgen und meinen Beitrag an die Gesellschaft zu leisten». Irgendwann aber bekam er psychische Probleme. Es folgten Depressionen, verbunden mit einem Aufenthalt in einer Klinik. Seit vier Jahren erhält er eine Teilrente, zusätzliche Arbeit fand er keine mehr.
«Schwere Jahre»
«Ich weiss nicht, ob Sie sich vorstellen können, was das heisst», schreibt er im Jahresbericht 2011 der kirchlichen Arbeitslosenprojekte ALO-Treff und ALO-Job: «Spazieren – wenn andere arbeiten, Fernsehschauen – wenn andere zusammensitzen, von der Arbeit berichten und sich ihre Erlebnisse erzählen. Ich habe mich so geschämt, fühlte mich so unendlich klein und nutzlos. Können Sie das nachvollziehen? Es waren schwere Jahre!»
Dann erzählte ihm eine Freundin der Familie vom ALO-Job in Schwanden, der vor 15 Jahren gegründeten Vermittlungsstelle für ausgesteuerte arbeitslose Menschen. «Für mich war dies ein Licht im Dunkel», erzählt R.M. Seit einem halben Jahr kann er stunden-, manchmal tageweise wieder einer Arbeit nachgehen. «Für mich ist das so wertvoll und bedeutet mir so viel! Ich kann wieder mit meinen Händen zupacken, werde gebraucht, erhalte Anerkennung und Wertschätzung. So erfüllt sich mein Lebenstraum doch noch. Meine Kinder und Enkelkinder können stolz von ihrem Vater und Grossvater die Geschichte berichten vom jungen Mann, der in die Ferne zog, der gesucht, geschafft – viel geschafft – ,nicht aufgegeben und etwas erreicht hat.»
«Die Geschichte von R.M. steht stellvertretend für viele», sagt ALO-Stellenleiterin Brigitte Baumgartner dazu. «Sie zeigt, was es heisst, wenn jemand arbeiten kann.» Mit 4821 Stunden musste der ALO-Job im vergangenen Jahr jedoch einen Rückgang der vermittelten Arbeitsstunden entgegennehmen.
Mehr Beratungen im ALO-Treff
Zugenommen haben hingegen die Einzelgespräche im ALO-Treff, der 1994 gegründeten Beratungsstelle für arbeitslose Menschen. 228 Frauen, Männer und Jugendliche suchten Hilfe und Unterstützung. Die Dauer der Begleitung wurde gemäss der Stellenleiterin länger, die Form der Unterstützung zum Teil intensiver. Um die stetig wachsende Nachfrage bewältigen zu können, wird der Treff am Donnerstagnachmittag nicht mehr wöchentlich durchgeführt. Hier war die Anzahl der regelmässigen Besucher 2011 gesunken.
Infos: www.alo-job.ch, Telefon 055 644 18 84
ALO-Job: «Ich werde gebraucht»
Seit 15 Jahren besteht der ALO-Job, die Vermittlungsstelle für erwerbslose Menschen der Reformierten Landeskirche. Wie wichtig dessen Arbeit ist, zeigt eine persönliche Schilderung im Jahresbericht 2011.
Plötzlich arbeitslos: R.M. fühlte sich klein und nutzlos. Licht ins Dunkel bringen die vom ALO-Job vermittelten Einsätze. (Bild: zvg)