«Als Gott Merkur in die Linth baden ging»

Die Römer haben im Linthgebiet meist in der Nähe von Gewässern zahlreiche Spuren hinterlassen. Zu diesem Thema ist in der Landesbibliothek Glarus eine Wanderausstellung zu sehen, die sich auch mit den «Linth-Gottheiten» befasst.



5 cm hoch
5 cm hoch

Was ist denn das? Der Finder staunte wohl nicht schlecht, als er 1875 unweit des Bahnhofs Ziegelbrücke, wo einst die Maag in die Linth floss, eine nicht alltägliche Entdeckung machte: Er fand eine seltsame Figur, nur 18,5 cm gross, relativ schwer. Es stellte sich heraus, dass es sich um einen Bronzeguss handelt, um eine von den Römern verehrte Gottheit: Merkur (heute im Freulerpalast ausgestellt). Ein Merkur wurde 1795 auch im Sernf bei Schwanden gefunden (heute verschollen).

«Linth-Gottheiten»


In der Landesbibliothek Glarus ist ab 30. April eine Wanderausstellung zu sehen (bis 17. Mai) mit dem Titel: «Als Gott Merkur in die Linth baden ging: Die Römer am Walen- und Zürichsee». Die Text-Bilder-Schau ist ein Werk von Dr. Stefan Paradowski, Agentur für Kunst- und Regionalgeschichte. Nach Glarus macht sie Halt in Wangen, Rapperswil und Schänis. «Linth-Gottheiten» Merkur, Jupiter und Venus: das ist das Thema der Begleitveranstaltung vom 7. September, ebenfalls in der Landesbibliothek Glarus.

Römische Fussbodenheizung?


Die Römer haben im Linthgebiet meist in der Nähe von Gewässern zahlreiche Spuren hinterlassen: Geldstücke, Kultgegenstände, Gefässscherben, Waffenteile, Strassenstücke, Bauteile und andere Dinge. Auf dem Biberlikopf (Schänis), auf dem Voremwald (Filzbach) und bei Strahlegg (Betlis/Amden) haben sich Mauern römischer Wachtürme erhalten. Hier kamen auch Metallstücke zum Vorschein: Pfeilspitzen, Schnallen, Beil-Fragmente, Meissel, Messer, Beschläge, Strigilis (Abschaber) – und besonders Nägel. Sie belegen, dass dadurch hölzerne Elemente der Wachtürme (Dachstuhl, Möbel) zusammengehalten wurden. Unter der Kirche Altendorf wurden Ziegelfragmente gefunden, in Eschenbach traten Überreste von Hohlziegeln zutage – in beiden Fällen vermutlich von einer römischen Fussbodenheizung, einer Hypocaust-Anlage.

Zu welcher Provinz gehörte das Linthgebiet?


Im Linthgebiet sind vier gallo-römische Tempel bekannt. Eine solche Kultanlage, 1961/62 ausgegraben, stand in Hüttenböschen (Mollis). Das Linthgebiet durchzog eine Heer- und Handelsstrasse, die Teil einer übergeordneten Nord-Süd-Verbindung war. Römisches Zentrum der Linthregion war Kempraten (vielleicht abgeleitet von Centum Prata = hundert Wiesen), am Kreuzpunkt der Strassen von Zürich (Turicum) und Winterthur (Vitudurum) gelegen. Die Route führte weiter entlang des Walensees nach Chur (Curia) über die Bündner Pässe nach Italien. In Eschenbach und Tuggen sollen römische Strassenstücke gefunden worden sein. Ein Strassenkoffer wurde anlässlich der Linthsanierung in der Landig (Glarus Nord) am linken Ufer des Linthkanals ausgegraben.

Gehörte das Linthgebiet zur Provinz Germania Superior oder zur Provinz Raetia? Bislang sind keine Funde bekannt, die darüber Aufschluss gegeben hätten. Das Linthgebiet war sicherlich Grenzland. Daran erinnern Regionalbezeichnungen wie March (Grenzraum) und Walensee (See der Welschen), aber auch die Mischung von germanischen und romanischen Orts- und Flurnamen.

«Linth-Gottheiten» Merkur, Jupiter und Venus: Vortrag Mittwoch, 15. Mai 2013, 20.00 Uhr, Landesbibliothek Glarus