Alt werden – Fragen und Antworten

Alt werden, sich in diesem Prozess zurechtfinden, richtige Entscheide treffen, vorsorgen, Hilfe anfordern, Wohnform, Selbsttätigkeit, Altersarmut, Angebotsfülle – eine grosse Form an forderndem, zuweilen überforderndem Auseinandersetzen. Die organisierende Pro Senectute Glarus mit Geschäftsleiter Peter Zimmermann, verantwortlich für die Moderation, lud mit Alzheimer Glarnerland und dem Departement Finanzen und Gesundheit zu einer öffentlichen Podiumsveranstaltung in die Aula der Kantonsschule Glarus ein.



Simone Gatti
Simone Gatti

Es konnten prominente und stets sachkundig argumentierende Gäste zum Themenkreis «Wo und wie werden wir alt?» begrüsst werden. Samuel Baumgartner, Departementssekretär Finanzen und Gesundheit, stellte Schwerpunkte und Ergebnisse der Vernehmlassung des Konzepts «Stärkung der ambulanten Langzeitpflege» vor. Simone Gatti, Präsidentin der Genossenschaft Zukunftswohnen, ist Fachfrau im Bereich «Wohnen im Alter». Sie befasste sich mit Trends, Erfahrungen, Planungen und Erkenntnissen für Wohnformen, die gemeinschaftsfördernd sind und äusserte sich zudem zu Wohnprojekten, die sich für demente Mitmenschen eignen, die zuhause leben. Ruedi Schwitter,Präsident der Bau- und Planungskommission Heime Glarus Nord, zeigte auf, dass sich Grossinvestitionen im Bereich der stationären Langzeitpflege lohnen und dass sich zukunftsgerichtetes Positionieren nach langem Planen und Konzeptentwicklungen positiv auswirkt. Zum Zug kam der Bündner Kabarettist und MusikerFlurin Caviezel, der auf unbeschwerte, vorwitzige und auflockernde Art, ungewohnte und heitere Akzente setzte, mit Musik und wortreichem Kommentieren von Tatsachen, die an dieser von rund 200 Personen besuchten Podiumsveranstaltung von den Fachreferenten aufgezeigt worden waren.

Peter Zimmermann, Geschäftsleiter von Pro Senectute Glarus, führte ein, unwillkommene aber inhaltlich richtige Berichterstattungen zu zwei Heimen im Kanton, erwirtschaftete Defizite, Personalprobleme und Mängel im Bereich von Zwischenmenschlichem (Personal, Altersheimbewohner, Pflegeabhängigkeit), die gescheiterte Altersreform 2020, bezahlbare Altersvorsorge und anderes erwähnend. Er begrüsste die Fachreferenten und verschiedene Gäste.

Dann hatte Flurin Caviezel seinen ersten von mehreren Auftritten, in knallroten Halbschuhen und einem adretten roten «Poschettli» auf der linken Seite seiner Jacke. Er entpuppte sich bald einmal als aufmerksamer Zuhörer, kritisch Wertender vieler Aussagen, flocht eigene Erfahrungen ein, switchte im Tun und Belassen im Bereiche von Altersfragen in verschiedenen Kantonen rum, sang, fragte, munterte auf, rüttelte an Verkorkstem, zeigte auf, was Kommissionsarbeit und Projektentwicklung für Folgen haben können, sang, bastelte Kurzverse samt Slogans – alles zur Freude des begeisterten Publikums, das ganz viel Beifall spendete und – für einmal – in sehr willkommener Art von den nervigen Standing Ovations Abstand nahm.

Samuel Baumgartner wies auf das «Konzept zur Stärkung der ambulanten Langzeitpflege» hin. Neun Massnahmen sind zur Durchsetzung empfohlen. Die Pflegebedürftigkeit wird bis 2030 markant ansteigen. Fachkräftemangel im Gesundheitswesen zeichnet sich ab und ist in peripheren Gebieten bereits Tatsache. Der Trend zum Älterwerden in den eigenen vier Wänden wird bestehen bleiben. Das Konzept wurde von einer gemischten Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von RR Dr. Rolf Widmer, Vorsteher des Departements Finanzen und Gesundheit, erarbeitet. Aus der breit angelegten Vernehmlassung resultierten 37 Stellungnahmen. Die neun Empfehlungen wurden in Zusammenhang mit verdeutlichendem Zahlenmaterial präsentiert. Sie sollen bis 2022 umgesetzt werden. Zuständig werden die Gemeinden und Leistungsträger sein. Eine vertiefende Information wird am 7. Februar des kommenden Jahres in Ennenda erfolgen. Die Umsetzungsform wird der Landsgemeinde 2019 unterbreitet.

Simone Gatti ist Verfechterin des selbstbestimmten Wohnens. Sie zeigte auf, wie wichtig das Pflegen von Kontakten, das gemeinsame Wohnen, das Erfüllen geeigneter, auf viele Bedürfnisse und Erwartungen zugeschnittenen Wohnformen sind. Die Wohnmobilität im Alter ist eine von vielen Chancen für die Weiterentwicklung von Gemeinden. Es wurden gute, wegweisende Verwirklichungen gezeigt. Gatti weiss trotz Frage zum Publikum, dass man gerne in Gesellschaft und nicht allein wohnen will, dass sinnvolle Abwechslung und kreatives Miteinander notwendig sind. Sie erwähnte unter anderem die Genossenschaft Linth mit neun Häusern in fünf Gemeinden und 126 Wohnungen, die Durchmischung der Bewohnenden. Sie sprach zu Unterstützungen, Ergänzungsleistungen, Verhalten von Kantonen, gegenseitigem Helfen, Realisierung von noch pendenten Projekten, dies erfrischend und beeindruckend offen.

Ruedi Schwitter präsidiert die Bau- und Planungskommission der Heime Glarus Nord. Die APGN besteht seit 2011 und umfasst drei Standorte mit 225 Betten und 150 Vollzeitstellen. Den Umsatz beziffert Schwitter auf 15 bis 16 Millionen Franken pro Jahr. Sie ist eine öffentlich-rechtliche selbstständige Institution, die sich eigenständig finanziert. Die Projektgruppe wurde im April 2013 gegründet. Ziele sind eine zentrale Verwaltung, Ein-Bett-Zimmer, keine Taxerhöhung nach erfolgtem Umbau, Verbesserung der vorhandenen Infrastruktur, eigenständige Institution. Der Arbeitsgruppe gehören Verantwortliche der Gemeinde, der Spitex und der Projektgruppe an. Schwitter äusserte sich zu einzelnen Heimen, geschickt und überzeugend gliedernd. Man glaubt ihm, dass die APGN fit sei für die Zukunft. Die Schlüsselübergabe für den Neubau ist voraussichtlich im Juli 2021 möglich. Die Baueingabe für das Vorhaben in Näfels erfolgte im Oktober dieses Jahres. Die Investitionen machen maximal 30 Millionen aus.

Beim Podiumsgespräch fanden sich die drei Fachleute und der Moderator zusammen. In willkommen knapper Form wurden Aussagen vertieft (Handlungsbedarf bei der Langzeitpflege, selbstbestimmtes Älterwerden, Grossprojekt Glarus Nord, Einbezug der Spitex, Tagestrukturen bei Pflegeabhängigkeit, Mobilität an der Peripherie des Kantons, Bestand an leeren Betten, Vermeiden der Schliessung von bestehenden Heimen, pflegende Angehörige, zeitlicher Aufwand, anderes). Noch lange hätte man weiterreden und anfragen können. Zu erfahren war noch, dass die Pro Senectute dank Sponsoring den ausgedruckten Fahrplan für Interessierte weiterhin anbietet, genau wie an den Schaltern der Kantonalbank und andernorts.

Beim offerierten Apéro blieb Zeit übers eine oder andere vertiefend zu reden oder einfach einen sinnrichtigen, gemütlichen Gedankenaustausch zu pflegen.