Am Vorabend des Krieges

Die GOG – die Glarner Offiziersgesellschaft – unter Hansjörg Riem hatte am Donnerstag, 22. Februar, den Historiker und Journalisten Markus Somm eingeladen zu einer Lagebeurteilung aus historischer Sicht. Es ist, so Somm, der Ausblick in ein düsteres Jahr.



Lebendig und erschreckend: Markus Somm spricht vor der GOG. (Foto: FJ)
Lebendig und erschreckend: Markus Somm spricht vor der GOG. (Foto: FJ)

So wie einst Cäsar von den drei Teilen Galliens ausgeht und schon im fünften Absatz auf die «Tapferkeit der Helvetier» zu sprechen kommt, so analysierte Markus Somm die derzeitige Weltlage in den Krisenherden Ukraine, China, Nahost, USA und kam auf die Schweiz. «Wir waren gewohnt an eine berechenbare Welt, wo der wichtigste Entscheid der zwischen Playmobil oder Lego war.» Noch in den 1990er-Jahren waren alle überzeugt, es gebe nie wieder Krieg. Doch der doppelte Schock von Ukrainekrieg und Krieg im Gaza-Streifen zeige, das Gegenteil sei der Fall und mit weiteren Kriegen zu rechnen.

Währungen

Weil sie in Wirtschaftsbeziehungen und Umsatz denken, schätzten Manager die Politiker falsch ein. «Politiker haben oft keine Ahnung von Wirtschaft, ihre Währung sind Ansehen, Macht und in die Geschichte einzugehen.» Somm zog die Parallelen zur Situation vor dem 1. Weltkrieg und zum Bankier Karl Fürstenberg, der – obwohl bestens vernetzt – diesen Krieg bis August 2014 nicht kommen sah, da es in der Wirtschaft keine Spannungen gab. Doch in China, den USA und in Russland gehe es zurzeit zu wie 1914, alle Generalstäbe hätten Panik. China, so Somm weiter, werde jetzt im Frühling oder im Herbst die günstige Gelegenheit ergreifen und Taiwan erobern, um es mit China wieder zu vereinigen. Seit 15 Jahren rüste China massiv auf, Xi Jinping selbst habe sich mit Biden getroffen, um sich von dessen Gebrechlichkeit zu überzeugen. Wenn sich der Westen mit der Ukraine jetzt nicht gegen Russland durchsetze, sei das ein weiteres Startsignal für die Chinesen. «Die Ukraine konnte zwar die Hälfte der Gebiete zurückerobern, doch die Bereitschaft im Westen, die Ukraine zu unterstützen, lässt nach.» Die Hilfe stehe auf der Kippe und Putin sei sich seiner Sache sicher, das zeige die Ermordung von Nawalny ebenso wie sein Interview mit Tucker Carlson.

Hamas zerstören

«Völker vertreiben Völker», das lehre die Geschichte von Schlesien wie jene von Karelien oder Smyrna. Deshalb müsse Israel – nach dem Überfall vom Oktober – die Hamas jetzt zerstören. Aber auch hier habe sich Biden bloss zuerst überzeugt gezeigt, jetzt aber zögerlich, indem er einen Waffenstillstand fordert. Trump hingegen sei zwar eine «grauenhafte» Persönlichkeit, aber eben auch für China und Russland unberechenbar. Biden dagegen habe sich dilettantisch aus Afghanistan zurückgezogen und habe die Sanktionen gegen Iran wieder abgebaut. Iran unterstütze die Angriffe der Hamas mit Drohnen, doch die Demokraten, so Somm, glaubten immer noch, die Konflikte mit Gesprächen ausräumen zu können. Ein Irrtum, denn seit 300 Jahren hätten etwa die Russen ihr Territorium jährlich um 14 000 Quadratkilometer ausgedehnt.

Zum Lob der Kleinen

Auch die Schweiz gebe es im Übrigen nur aus militärischen Gründen. Denn von 1300 bis 1500 gewannen die Schweizer jede Schlacht, seither wird sie nicht mehr angegriffen. Auch alle anderen Kleinstaaten in Europa, die es heute noch gibt, hätten dies nur ihrer Zähigkeit gegenüber den anderen Nationalstaaten zu verdanken. «Eine grosse Armee ist also wichtiger als eine 13. AHV Rente», folgerte Somm. Polen habe die Bedrohung, die von Russland ausgehe, erkannt und gebe heute 4% seines Brutto-Inlandproduktes für die Armee aus. Genau deshalb brauche auch die Schweiz eine glaubwürdige Landesverteidigung, was die anwesenden Offiziere beklatschten. Dann kamen die Publikumsfragen: Von Trump oder Biden (trotz allem Trump) über die Rolle von Deutschland (nach 16 desaströsen Merkel-Jahren noch schlechter geworden) bis zur europäischen Sicherheitsarchitektur (daran glaube ich nicht) gingen die Fragen und zum Schluss auch noch: Hat Russland Angst vor der Nato? Nicht vor der Nato – die war und ist ein Papiertiger –, aber vor den USA, die dahintersteht und die grösste Armee der Welt stellt. In diesem Sinne ins Stammbuch der Glarner/-innen: Willst du Frieden? Rüste zum Krieg.