Anna-Göldi-Menschenrechtspreis an Prof. Luzius Wildhaber verliehen

Der erste Anna-Göldi-Menschenrechtspreis ist am Samstagmorgen im Soldenhoffsaal an den Basler Juristen Luzius Wildhaber verliehen worden. Damit ausgezeichnet werden Menschen, die sich in besonderer Weise für die Menschenrechte stark gemacht haben. Wildhaber war 10 Jahre lang Präsident des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Strassburg.



Prof. Luzius Wildhaber präsentiert die ihm von Betty Legler überreichte Urkunde (Bild: mst)
Prof. Luzius Wildhaber präsentiert die ihm von Betty Legler überreichte Urkunde (Bild: mst)

Die Stiftung Anna Göldi nahm den Gedenktag 2009 zum Anlass, mit Luzius Wildhaber einen der profiliertesten Schweizer Menschenrechtler für sein Engagement gegen Diskriminierung, Folter und Unterdrückung auszuzeichnen. Im Publikum war mit Skistar Vreni Schneider, dem Moderator Patrick Rohr und der Glarner Sängerin und Songwriterin Betty Legler, die auch noch musikalisch zum Gelingen des Anlasses beitrug, viel Prominenz.

Laudationes

 

Stiftungsratspräsident Fridolin Elmer wies in seiner Ansprache darauf hin, dass Luzius Wildhaber an vorderster Front für die Menschenrechte gekämpft habe und dass er für sie Grosses geleistet habe, was für das Ansehen der Schweiz wichtig sei.

In seiner Laudatio ging Professor Bernhard Ehrenzeller, einst selber Student bei Wildhaber an der Uni Fribourg, auf die Biografie des zu Ehrenden ein und meinte, es sei heute ein Lebenswerk zu würdigen, denn in so bewegter Zeit einen gesamteuropäischen Gerichtshof zu führen, sei schwierig. Er apostrophierte Wildhaber als „Mann der leisen Töne“, der einen sensiblen Umgang gepflegt habe. Er sei aber auch ein unbequemer Reformer gewesen, und wenn er Diskriminierung und Unterdrückung wahrgenommen habe, sei er dagegen vorgegangen. Als Mensch, Wissenschaftler, Jurist und Richter habe er wahrlich Überdurchschnittliches geleistet.

 

Rede Wildhabers

 

Der Geehrte bedankte sich zunächst dafür, dass er auch in der Schweiz wahrgenommen werde. Bezugnehmend auf den Fall Anna Göldis urteilte er, dass damals bei ihrem Prozess fast nichts in Ordnung gewesen sei. Sie sei drei Mal unter Folter und mit ausgerenkten Armen aufgehängt verhört worden. Das Gericht sei nicht zuständig gewesen und es habe die nötige Gesetzesgrundlage gefehlt. Überdies sei das Verfahren extrem parteiisch und manipuliert gewesen. Auch habe es keine Entlastungszeugen gegeben. „Die Folter an Anna Göldi war unter allen Umständen verwerflich“, meinte der geborene Basler, der seine Wurzeln am oberen Ende des Walensees hat. Zur Motivation seines Handelns verriet er, dass er sich, die Zeit des Zweiten Weltkriegs durchleidend, gesagt habe, dass man unter allen Umständen verhindern müsse, dass sich ein solches Morden wiederhole. Des Weitern erzählte er vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, dem ausser Belorussland und dem Kosovo alle Länder des Kontinents inklusive Russland und kaukasische Länder angehörten. Die Arbeitslast habe in den letzten Jahren zugenommen, weil vermehrt Fälle aus Zentral- und Osteuropa dazukämen. Der Gerichtshof sei notorisch überlastet, aber es sei ein Privileg gewesen, auf diese Weise sinnvoll zu helfen.

 

Rehabilitierungsfeier

 

Frau Landammann Marianne Dürst erinnerte im Rahmen der gemeinsamen Rehabilitierungsfeier der Glarner Regierung, der Evangelischen Landeskirche und der Anna-Göldi-Stiftung daran, dass Göldi bezüglich des ihr vorgeworfenen Tatbestands rehabilitiert worden sei und der Landrat anerkenne, dass das damals gefällte Urteil nicht gerechtfertigt gewesen sei. Göldi sei Opfer eines Justizmords gewesen. Dürst führte aus, dass wir aus der Geschichte lernen sollten und plädierte für das Motto: „Gehe mit andern so um, wie du willst, dass andere mit dir umgehen.“ Sie rief noch einmal die Parole des amerikanischen Schriftstellers Henry James in Erinnerung, der auf die Frage, was das Wichtigste im Leben sei, geantwortet habe: 1. Menschlichkeit, 2. Menschlichkeit, 3. Menschlichkeit. Anschliessend zündete Alfred Meier, Glarner Kirchenratspräsident, zum Andenken an Göldi eine weisse Kerze an.

 

Musikalische Umrahmung

 

Musikalisch umrahmt wurde die Preisverleihung durch die Gruppe „Concerto piccolo“ mit Ruth Kobelt, Doris Gross und Heinrich Trümpy. Betty Legler war der musikalische Stargast der Veranstaltung. Dabei trug die Gruppe die beiden nicht selbst komponierten Lieder „Das Röselein“ und „Die Ungetreue“ sowie das von Musiklehrer Trümpy geschriebene „Anna-Göldi-Lied“ vor, das noch einmal das Leben der Protagonistin Revue passieren lässt. Betty Legler intonierte am Flügel die am Abend zuvor komponierte Ballade „Unschuld“, zusammen mit Ruth Kobelt an der Violine.

Im Garten des Hotels „Glarnerhof“ fand anschliessend ein Apéro sowie ein Essen für geladene Gäste statt. Am Nachmittag besichtigte man das Anna-Göldi-Museum in Mollis und es gab ein Gespräch mit der Regisseurin Barbara Schlumpf zum geplanten Festspiel 2010 in Mollis.