«Annas Carnifex» zeigt die verborgen gebliebenen Figuren

Im August zeigt sich Mollis in einem ungewohnten Gewand: Die Häuser ganz in Weiss gehüllt und eine Tribüne in die Höhe wachsend wie die Glarner Berge, verwandelt sich der historische Dorfkern zum Schauplatz für das Freilichtfestspiel «Annas Carnifex». 42 Schauspieler lassen Anna Göldis tragische Geschichte aus Sicht des Henkers aufleben. Den Carnifex spielt der ehemalige Tagesschaumann Charles Clerc.



Der Carnifex und sein Sohn: Charles Clerc (links) und Oskar Paul Schneider (rechts) an den Proben zu «Annas Carnifex» in Mollis. (Bild: zvg)
Der Carnifex und sein Sohn: Charles Clerc (links) und Oskar Paul Schneider (rechts) an den Proben zu «Annas Carnifex» in Mollis. (Bild: zvg)

Laut der Anklage soll Anna Göldi die Tochter ihres Dienstherrn vergiftet haben. Um das Geständnis unter Folter zu erwirken, lässt der Ratsherr einen Scharfrichter kommen, den Carnifex. Dieser bringt auch seinen Sohn Franz mit. Ihm will er die korrekte Ausführung des meisterlichen Handwerks beibringen, um die Familientradition weiterzuführen. So steht das Schicksal des Sohnes im Zentrum von «Annas Carnifex». Setzt Franz die Familientradition fort oder wagt er es, das Foltern als «meisterliches Handwerk zur Wahrheitsfindung» infrage zu stellen und andere Wege zu suchen? Das Stück zeigt die verborgen gebliebenen Figuren mit ihren Konflikten rund um die Geschichte der Anna Göldi. Und es erzählt die Geschichte der Kinder, in deren Händen die Zukunft liegt. Der Verein Anna-Göldi-Festspiele produziert das Theaterstück «Annas Carnifex» nach der Idee des jungen Glarner Schriftstellers Perikles Monioudis in der Theaterfassung von Paul Steinmann. Die künstlerische Leitung und Regie hat die erfahrene Freilichtregisseurin Barbara Schlumpf inne. Festspiel «Annas Carnifex» – Uraufführung in Mollis

4. bis 28. August 2010
Spielbeginn um 20.45 Uhr
Spieltage Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag
Mehr Infos und Tickets unter www.annagoeldi.ch.Der Ort

Das Spiel findet mitten im historischen Dorfkern von Mollis statt. Im Zwickyhaus diente Anna Göldi mehrere Jahre (1768–1774) als Magd bei der damals reichsten Familie des Glarnerlandes – den Zwickys. Das Festspiel sucht bewusst die Stimmung dieses Originalschauplatzes und der engen Gassen: Auf der eigens entworfenen Tribüne, die wie die Glarner Berge in die Höhe wächst und unten im Tal einen Hexenkessel zum Kochen bringt, haben 400 Zuschauer Platz. Das Theater spielt bis hinauf in die Höhen und bis tief in die Gassen hinein – eine Atmosphäre, die auf Historischem wurzelt und gleichzeitig auf die Gegenwart setzt. <link http: www.mollis.ch>www.mollis.ch

Der Hintergrund

Internationale Bekanntheit erhielt die Geschichte von Anna Göldi spätestens 1982 mit Eveline Haslers Roman und 1991 mit der Filmbiografie von Gertrud Pinkus. Während die Glarner Bevölkerung Anna Göldi längst nicht mehr als Hexe gesehen hatte, erfolgte 2008 die offizielle Rehabilitierung durch die Glarner Kantonsregierung. Die Anna-Göldi-Stiftung hält das Andenken an die Hingerichtete am Leben und setzt sich für Randständige, Minderheiten und Opfer von Willkür ein. Alle zwei Jahre überreicht sie einen Menschenrechtspreis. Am 13. Juni 2009 ging dieser an den Schweizer Juristen Prof. Dr. Luzius Wildhaber für sein Lebenswerk. Er war massgeblich am Aufbau des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte beteiligt und präsidierte diesen von 1998 bis 2007.

<link http: www.annagoeldi.ch>www.annagoeldi.ch