Antrittsrede von Landratspräsident Hans Rudolf Forrer

Antrittsrede von Landratspräsident Hans Rudolf Forrer, Luchsingen, am 24. Juni 2020 im Saal des Restaurants Schützenhaus, Glarus.



(Bild: jhuber)
(Bild: jhuber)

Meine Damen und Herren

Seit dem 16. März dieses Jahres, dem Tag der Ausrufung der ausserordentlichen Lage durch den Bundesrat, ist auch bei uns im Kanton Glarus das Leben nicht mehr dasselbe wie zuvor. Wer hätte noch vor einem Jahr sich vorstellen können, welche Auswirkungen diese weltweit grassierende Corona-Pandemie auf unser gewohntes Dasein zeigen wird.

Unsicherheit, Distanz zu Mitmenschen, die wir doch Anfang März noch wie immer per Handschlag begrüsst oder umarmt haben, Krankheit, Quarantäne, ja, sogar Verstorbene haben einen gravierenden Einschnitt in unser Leben verursacht.

Auf der wirtschaftlichen Seite verbreiten Kurzarbeit, Entlassungen, Geschäftsaufgaben, Konkurse, Arbeitslosigkeit Zukunftsängste bei uns, unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern, bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitgebern.

Grosse Sorgen bereiten mir daher die kommenden unsicheren Monate und Jahre. Ich bin überzeugt davon, dass einige Betriebe diese Krise wirtschaftlich nicht überleben werden, dass die Weltwirtschaft noch Jahre an diesem Schock zu leiden hat. Erst die Zukunft wird uns jedoch aufzeigen können, ob all die Befürchtungen eintreten oder ob wir doch noch mit einem blauen Auge davonkommen werden.

Das Virus dürfte noch einige Zeit unser Leben weiter mitbestimmen. Aber eben, wenn wir den diversen Experten zuhören und uns ihre unterschiedlichen Beurteilungen zu Gemüte führen, wissen wir kaum, auf wen wir überhaupt hören sollen. Eine hoffentlich wirksame Impfung wird wahrscheinlich erst die nötige Sicherheit bringen, damit wir uns im zwischenmenschlichen Bereich wieder verhalten können wie vor einem Jahr.

Heute aber sind unsere Gedanken bei den Angehörigen der 13 verstorbenen Glarnerinnen und Glarner sowie bei denjenigen, die immer noch von dieser Krankheit in Mitleidenschaft gezogen sind.

Meine Damen und Herren

Sie haben mich soeben zum 135. Glarner Landratspräsidenten gewählt, dem erst dritten aus Luchsingen seit 1887. Für das mir damit entgegengebrachte Vertrauen danke ich Ihnen herzlich. Ich werde mich in den kommenden zwölf Monaten mit aller Kraft für unseren wunderschönen Kanton sowie dessen Bevölkerung einsetzen und ihn mit Freude repräsentieren, hier und selbstverständlich auch auswärts, falls denn in nächster Zeit interkantonale Anlässe überhaupt durchgeführt werden können.

Es ist mir ein grosses Bedürfnis, dem scheidenden Landratspräsidenten Dr. Peter Rothlin für seine souveräne Führung des Landrates im vergangenen Amtsjahr den besten Dank im Namen des Land- und Regierungsrates auszusprechen. Lieber Peter, bei dir wusste man immer, woran man war, verfügst du doch zweifellos über Führungskompetenz, klare Prinzipien, Zielstrebigkeit, Durchsetzungsvermögen und einen zuvorkommenden Umgang mit deinen Mitmenschen.

Besonders gefreut haben mich die gemeinsamen Teilnahmen an ausserkantonalen Veranstaltungen in Stans, St. Gallen, Schwyz und im Jura. Ein tadelloser Auftritt war dir, lieber Peter, immer ein Herzenswunsch. So war es keine Überraschung, dass wir beinahe als einzige in Schale und Krawatte den Ausflugsberg Stanserhorn beehrten. Während der Seilbahnfahrt war dieses Bild für einige Mitfahrende durchaus etwas gewöhnungsbedürftig, am Galaabend jedoch standen wir zwei dann zu Recht im Mittelpunkt des Geschehens.

Meine Damen und Herren

Da bekanntlich heute Abend keine Wahlfeier stattfindet, erlauben Sie mir sicher, dass meine Dankesworte etwas länger werden, waren doch meine Voten in den vergangenen 18 Jahren – mit wenigen Ausnahmen – schliesslich immer kurz.

Mit der heutigen Wahl bereiten Sie nicht nur mir eine Freude, sondern Sie ehren insbesondere meine sozialdemokratische Partei, meine SP-Fraktion, meinen Wohnort Luchsingen sowie auch meinen Arbeitsort Hätzingen. Genau 41 Jahre sind ins Land gezogen, seit mein verstorbener Hätzinger Lehrerkollege Fridolin Kundert als letzter Luchsinger Landratspräsident amten durfte. Auch er wohnte in Adlenbach, einem der schönsten, ursprünglichsten Weiler unseres Kantons.

Als amtsältester Landrat aus Glarus Süd und auch des links-grünen Lagers ist es mir ein Bedürfnis, all jenen Personen zu danken, die mich bis zum heutigen Tag begleitet und das Erreichen des Parlamentspräsidiums überhaupt erst ermöglicht haben.

Ich danke meinen Eltern und Geschwistern, meiner Familie und meiner Ursprungsgemeinde Netstal für die unvergleichlich schöne Kindheit, die ich erleben durfte. Ich danke meinen zahlreichen Lehrpersonen, meinen vier Patenkindern, meinem überaus tollen Freundeskreis, sämtlichen aktuellen und früheren Kolleginnen und Kollegen in Ausbildung, Beruf, Politik, Vereinen und Stiftungen für die teils jahrzehntelange Mitarbeit und Unterstützung ganz herzlich.

Einen besonderen Dank richte ich an meine Arbeitgeberinnen sowie deren Behörden: die frühere Schulgemeinde Hätzingen-Luchsingen, die frühere fusionierte Gemeinde Luchsingen sowie die Gemeinde Glarus Süd. Auch sie unterstützten meine langjährige politische Arbeit als Gemeinderat, Landrat und Gemeindepräsident, nebst der ununterbrochenen 28-jährigen Unterrichtstätigkeit in Hätzingen, uneingeschränkt. Dieses Entgegenkommen des Arbeitgebers ist für ein funktionierendes Milizsystem unabdingbar.

Und daher möchte ich meinen 278 Schülerinnen und Schülern, deren Klassenlehrer ich bis zum heutigen Tag sein durfte, sowie den jeweiligen Eltern ausdrücklich danken. Die Primarschule Hätzingen und ihre Lernenden sind meine Berufung, das Zentrum meines Lebens. So bereitet mir die Richtung, in welche sich unser Schulwesen entwickelt, hin und wieder Sorge. Konnte der Lehrer früher seine Kraft voll in die Klasse, in die einzelnen Kinder investieren, verpufft ein grosser Teil der zur Verfügung stehenden Energie heute in bürokratische Abläufe.       

Um in einer Legislative mit ihrem Proporzsystem mitwirken zu können, ist man von Vorteil Mitglied einer Partei. Ich danke daher der SP-Kantonalpartei sowie der Sektion Glarus Süd herzlich. Die Kolleginnen und Kollegen haben mich immer unterstützt, wenn wieder ein weiteres politisches Ziel respektive Amt in mein Visier geriet, ob ich dieses Ziel dann erreichte oder mich von dieser Idee wieder distanzierte. Ich bin unserer SP überhaupt sehr dankbar für die soziale, solidarische Grundhaltung, den Einsatz für die schwächeren Mitglieder unserer Gesellschaft, für die interessante Gesprächskultur, welche ein breites Feld an Meinungen, Haltungen und Ideen zulässt, namentlich hier im Kanton Glarus, von ganz links bis knapp vor die Mitte des politischen Spektrums, wo ich bekanntlich in etwa anzusiedeln bin.  

Schliesslich danke ich den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern, die mich insgesamt neunmal in Folge resp. teils parallel an der Urne in ein Amt gewählt haben, der SP-Fraktion, allen Landrätinnen und Landräten in Plenum, Justizkommission und Kantonsschulrat, selbstverständlich auch allen Regierungsrätinnen und Regierungsräten sowie der Presse, mit denen ich in den vergangenen 18 Jahren hier zusammenarbeiten durfte.

Kaum ist eine Dankesrede gehalten, bemerkt man relativ schnell, wen oder was man auch noch hätte erwähnen sollen. All die Vergessenen seien hiermit in meinen herzlichsten Dank mit eingeschlossen.

Ich bin mir selbstverständlich bewusst, dass ich nicht immer der Bequemste bin. Ich habe mich auch selten gescheut, für mich störende Zustände beim Namen zu nennen und anzuprangern, obwohl ich in dieser Hinsicht in den letzten Jahren durchaus etwas gelassener geworden bin. Hin und wieder griff ich sogar zur Feder und liess in einem Leserbrief Dampf ab, ohne gross darauf zu achten, wen ich bewusst oder unbewusst in seiner Ehre getroffen habe. Wer mir dies bis heute nicht verziehen hat, empfange auf diesem Weg meine Entschuldigung.

Angesichts der Tragik dieser Tage verzichte ich auf die obligaten drei Wünsche. Ein Wunsch allein steht im Zentrum, die Gesundheit aller Glarnerinnen und Glarner.

So erhoffe ich mir abschliessend, dass wir Land- und Regierungsräte hier und ab 2021 im frisch renovierten Landratssaal zum Wohle unseres Kantons und seiner Bevölkerung weiterhin hart, anständig, kompromissbereit und fair debattieren, die gefällten Entscheide respektieren, auf dass unsere politische Arbeit angesichts unserer besonderen Landsgemeindedemokratie auf fruchtbaren Boden falle.

Wir versuchen nämlich alle, dasselbe zu erreichen, wenn auch aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Wir wollen den Kanton Glarus, dessen Institutionen, dessen wirtschaftliches, soziales, kulturelles und natürliches Potenzial erfolgreich weiterbringen, damit unser Glarnerland für die Einheimischen, aber auch für Gäste aus nah und fern, weiterhin etwas Einmaliges bleibt. 

Für Ihre wertvolle Mitarbeit, Ihre Nachsicht bei absehbaren präsidialen Fauxpas sowie Ihre unterstützende Begleitung danke ich Ihnen, sehr geehrter Herr Landammann, sehr geehrte Damen und Herren der Legislative, Exekutive und der hier abwesenden, aber mitnichten vergessenen Judikative, an dieser Stelle bereits heute.

Und so ende ich mit den Worten, welche eigentlich diesen Frühling bereits zweimal aus exekutivem Munde hätten ertönen sollen:

Ich bitte für Land und Volk von Glarus um den Machtschutz Gottes.

Besten Dank.

Hans Rudolf Forrer, Landratspräsident 2020/2021