Armut bleibt auch in unserem Kanton ein Thema

20 Ortsvertretungen erbringen Hilfeleistungen vor Ort, um Betroffenen in finanzieller Not rasch und unkompliziert zu helfen.



Mit viel Engagement als Präsidentin dabei: Marianne Lienhard
Mit viel Engagement als Präsidentin dabei: Marianne Lienhard

Die Winterhilfe Schweiz entstand im Kontext der Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre. Die Folgen dieser Weltwirtschaftskrise erreichten in der Schweiz ihren Höhepunkt im Winter 1935/36. Über 100 000 Menschen waren arbeitslos. Diese für die Bevölkerung wirtschaftlich dramatische Lage veranlasste den Bund, die damals bereits bestehende Arbeitslosenkasse auszubauen. Allerdings waren die Leistungen der Kasse nicht gesamtschweizerisch geregelt, sondern wurden regional, teilweise sogar auf Gemeindeebene, mit grossen Unterschieden gehandhabt.

Bis heute ist die Winterhilfe regional breit verankert und stark dezentral organisiert. Die Kantonal- und Lokalkomitees besorgten während der Jahrzehnte des Bestehens unter Einsatz von Freiwilligenarbeit einen Grossteil der Mittelbeschaffung und Mittelverwendung. Seit der Statutenrevision Mitte der 1990er-Jahre sind sie auch rechtlich eigenständig. Schliesslich wurde im Rahmen umfassender Reorganisationsmassnahmen Mitte der 1990er-Jahre der bisherige Name «Schweizerische Winterhilfe» zu «Winterhilfe Schweiz» geändert.

Die Winterhilfe Glarus setzt sich für Menschen im Kanton ein, die von – oft unsichtbarer – Armut betroffen sind

Die Aufgaben der Winterhilfe haben sich verändert. Es geht heute selten ums nackte Überleben; obligatorische Versicherungen tragen viele Risiken. Es existiert aber nach wie vor eine grosse Bevölkerungsgruppe, die unterhalb oder knapp an der Armuts- und Existenzgrenze leben muss. Gemäss Bundesamt für Statistik (2017) sind 675 000 Menschen (oder 8,2%)  in der Schweiz von – oft unsichtbarer – Armut betroffen. Die Winterhilfe gibt auch heute noch Naturalien ab und übernimmt dringende Rechnungen. Sie ist ein gesundes, zu 100 Prozent mit Spendengeldern finanziertes Inlandshilfswerk und ist noch immer für jene da, die es am nötigsten brauchen.

Bis Ende des Geschäftsjahres (1. Juli 2020 bis 30. Juni 2021) gingen bei der Winterhilfe Glarus Spenden (Spendenbriefe und allgemeine Spenden, Zentrale Sammlung) im Umfang von Fr. 72 951.90 ein (Vorjahr Fr. 36 000.40). Diese markante Steigerung gegenüber dem Vorjahr ist auf die Grosszügigkeit verschiedener Geldgeber zurückzuführen (trotz oder vielleicht auch wegen Corona).
Insgesamt wurden 147 Gesuche behandelt, wovon 137 ganz oder teilweise bewilligt wurden. Die Auszahlungssumme betrug dabei Fr. 32 642.77 in der Einzelfallhilfe. Insgesamt wurden dabei 201 Erwachsene und 136 Kinder unterstützt.

Geld nicht horten, sondern für die Unterstützung brauchen

«Dass der Kanton Glarus eine tiefere Sozialquote hat, ist auch ein Verdienst der Winterhilfe, welche schnelle Lösungen anbietet», so Marianne Lienhard, Präsidentin der Winterhilfe Glarus, in ihren Eröffnungsworten im «Adler», Engi.
In die gleiche Kerbe schlug auch Andreas Zehnder, welcher in Abwesenheit der Kassierin die Jahresrechnung präsentierte und auch bei einem Verlust dazu aufrief, dass Geld zugunsten von Menschen in schwierigen Lebenssituationen auszugeben statt zu horten.
Die Jahresrechnung, der Jahresbericht wie auch das Budget, wurden einstimmig genehmigt.
Die sechs Mitglieder des leitenden Organs: Marianne Lienhard, Präsidentin; Andreas Zehnder, Vizepräsident; Jolanda Menzi, Kassierin; Hansruedi Forrer, Sara Elmer und Alexandra Menzi als Mitglieder, welche alle ehrenamtlich arbeiten, wurden in globo wiedergewählt.
Durch die kurzfristigen Rücktritte der beiden Revisoren Roman Gasser und Cornelia Schiesser, hat sich der Vorstand bei den Anwesenden die Vollmacht eingeholt, selber geeignete Nachfolger ins Boot zu holen.

Ob’s am Namen liegt, der oft abschreckt?

Tanja Dürst, Mitarbeiterin bei der Schuldenberatung Glarnerland, gab einen tiefen Einblick in die Tätigkeit des Vereins. Die Beratungsstelle, mit Sitz in Schwanden, berät und begleitet hilfesuchende Menschen aus dem Kanton Glarus mit Schulden. Die Verschuldungssituation von Jugendlichen und Erwachsenen im Kanton Glarus entwickelt sich analog zu den gesamtschweizerischen Tendenzen. Dabei werden jährlich allein im Kanton Glarus ca. 100 Personen abgeklärt und fünf momentan administrativ begleitet. Durchschnittlich verschulden sich Menschen mit Beträgen zwischen Fr. 50 000 bis Fr. 80 000, darunter viele Männer zwischen 30 bis 40, Familien und eher weniger Frauen. Gesamtschweizerisch sind Steuerschulden oder Schulden bei der Krankenkasse die häufigsten. Ob es der Name «Schuldenberatung Glarnerland» ist, welcher viele in der Gemeinschaft davon abschreckt, sich zu outen, kann schlüssig nicht beantwortet werden. Aber mit Schulungen (auch an Schulen) oder auch in Betrieben (noch ausbaufähig) versucht die Schuldenberatung Glarnerland, zu sensibilisieren und aufzuklären.

Betroffenen in Not finanziell rasch und unkompliziert helfen

In den letzten Tagen wurde der Spendenaufruf 2021 verschickt. Auch heute gibt es auch in unserem Kanton wieder Menschen, die an der Grenze zur Armut leben und unbürokratisch Hilfe brauchen. Danke, dass Sie Ihre Solidarität mit Armutsbetroffenen in Form einer Spende an die Winterhilfe oder den Kauf der Sterne, neu aus dem vollkommen abbaubaren Naturmaterial Sulapec gefertigt, zeigen. Aber auch durch Einnahmen am Weihnachtsmarkt in Glarus (4. Dezember), durch Unterstützung der Birnel-Aktion oder durch «2x Weihnachten» kann die Winterhilfe Glarus gezielt helfen.