Atypische Gartenlaube im Anna-Göldi-Museum

Da mussten ein Blätterkranz und ein klein wenig Grün genügen, um in eine Gartenlaube zu entführen, die für kurze, riesig stimmige Momente im Ennendaner Anna-Göldi-Museum aufgebaut worden war. Die Einladenden, es war die formation21 mit sorgsam ausgestaltetem, hochromantischem Liedgut unter der Leitung von Ana Djordjevic, Sopran, Magdalena Mattenberger, Cello und musikalische Leitung, die Pianistin Vilma Zbinden und Norbert Bont, Bariton, hatten eine zauberhafte Fülle von Kompositionen vorbereitet. Es wurde mit hohem Einfühlungsvermögen und stimmlichem Geschick ausgedrückt. Norbert Bont überzeugte mit differenziertem Ausgestalten, Vilma Zbinden begleitete mit viel Eleganz und gebührender Zurückhaltung.



Magdalena Mattenberger, Celle und musikalische Leitung (Bilder: p.meier)
Magdalena Mattenberger, Celle und musikalische Leitung (Bilder: p.meier)

Und mit verständlichem Charme gerieten alle ein klein wenig ins Schwärmen, wenn es ums Einführen in die Liedtexte, um den Überschwang beinahe aller Gefühle der damaligen Welt, ums Dahinträumen und riesige Herbeisehnen von vordergründig gar Schönem ging. So stand es denn auch im Programmtext: «Im schönsten Garten die Knospen sprangen, sie sassen im Blumenland und küssten sich auf die Wangen.»
So liess man sich gerne in diese Gartenlaube entführen, in der romantische Lieder und Balladen mit zuweilen leichter Dramatik aufklangen. Man durfte sich zurücklehnen, mitgeniessen, alte Texte in sich ein klein wenig aufleben lassen, die übersprudelnden, so facettenreichen Schönheiten vorbehaltlos geniessen. Das Vokalensemble, Norbert Bont, Vilma Zbinden, Magdalena Mattenberger und Ana Djordjevic traten als überzeugende Gesamtheit auf. Die aus wenigen Damen und Herren bestehende formation21 sang mit gebührender Zurückhaltung, war eine stimmlich willkommene Einheit. Norbert Bont wirkte einfühlend, mit spürbarer, Dynamik, bühnenreifer Gestik, zum Mitgeniessen geradezu einladend, in jenen Momenten verharrend, die angezeigt waren. Vilma Zbinden war willkommene zuverlässige und spieltechnisch absolut überzeugende Begleiterin. Magdalena Mattenberger setze mit ihrem Cellospiel weitere Akzente. Gerne lauschte man den Textinhalten, erfuhr einiges über den musikalischen Reichtum der Komponisten und Dichter.
Man wurde mit dem dritten Auftritt des Vokalensembles auf eine Wanderung mitgenommen, die in ihrer Art eher selten ist, die Märchenhaftes, Dramatisches, enorm Leidenschaftliches, Unberührtheit, stilles Leuchten offenbarte.
Der textgebundene und musikalische Reichtum an Offenbarungen wurde mit unter dem Titel «Das Wandern ist des Müllers Lust» mit Musik von Franz Schubert und Texten von Wilhelm Müller eröffnet. Es schloss «Des Baches Wiegenlied», ebenfalls von Schubert, an. Bewegend, riesig innig und einfühlend wurde ausgestaltet. Es wuchsen Andacht und Anteilnahme bei den vielen Gästen.
Mit dem bedauernswerten «Herrn Oluf» (Musik Carl Loewe, Ballade. Johann Gottfried Herger) litt man mit. Tanzen war ihm untersagt, Freude wollte da nicht aufkommen. Gefühle schienen sein Innerstes zu zerstören, er verstarb, zurück blieb die trauernde Braut.
Man nahm von Thule und dem bewegten Leben des zuweilen stark feiernden Königs Kenntnis, vernahm dank kundigen Ausführungen einiges über die Ambivalenz der Liebe, hörte wie Aufblühendes zu trösten oder wie ein inniger Kuss alle Wunden zu heilen vermag, dank Robert Schumanns Kompositionen und Gedichten von Heinrich Heine und Johann Ludwig Uhland.

Der Reichtum der Romantik bleibt in allen, die gerne träumen, denen hingebungsvolles Sehnen vertraut geblieben ist. Reichhaltigste Gefühle taten sich für wenige Momente auf – dank dieser ganz besonderen Wanderung.