Auch Ameisen sind Global Players

Ein gewichtiges Ereignis in allen Belangen trug sich am vergangenen Sonntag in der Halle der ehemaligen Spulerei der Spinnerei Linthal zu. Allein das Neugeborene weist schon eindrückliche Masse und inhaltliche Schwere auf, die ein Feiern über die geglückte Geburt auf ebenso aussergewöhnliche Weise bedingte.



Plaudereien am Coca-Cola Tisch mit dem Fotografen Fridolin Walcher
Plaudereien am Coca-Cola Tisch mit dem Fotografen Fridolin Walcher

Das Heute vom Gestern geprägt


In einer brillanten Rede nahm Otto Brühlmann die weit über hundert Vernissage-Gäste mit auf eine aus Worten entstandene Bilderreise. Das Wort „Globalisierung“ tauchte aus dem Dunstkreis von Angst, Unsicherheit über das Morgen auf und wurde durch die Metaphorik mit dem Leben eines Ameisenvolkes real und fassbar. Denn nur Aktion und Reaktion auf die veränderte Situation garantiert das Fortbestehen. So wie wir einen Ameisenhaufen nur im Aussen wahrnehmen, bleibt uns das Geschehen im Innern verborgen. Und genau hier schlägt das Buch „Von Glarus nach Belo Horizonte“ eine Brücke: Das bisher Unsichtbare wird durch Fridolin Walchers Fotos sichtbar, das Nichtwissen durch Martin Beglingers Worte zum Erweitern des Horizontes. Jungunternehmer in zweiter oder gar sechster Generation haben das globale Spiel als Chance für das Fortbestehen ihres Betriebes jeder in seiner ihm eigenen Weise erkannt und ihren Tätigkeits-Horizont erfolgreich vorab in östlicher Richtung erweitert. Nur die Hallen der Spinnerei Linthal fristen immer noch ein stilles, bedrückend leeres Dasein. Auch wenn die Maschinen in Belo Horizonte, Brasilien, in diesen Tagen wieder aufgefahren werden, ihr Rattern und Dröhnen wird in Linthal nicht mehr hörbar sein.

Das Verschmelzen von Klang und Bild


So wie das Hier und Dort im Buch zu einer ruhigen wie auch oftmals aufwühlenden Einheit verschmelzen, fanden die fabrikjazzigen Klänge der Musiker Roland und Gabriel Schildknecht und Peter Schmid zur einer stimmigen Einheit mit den auf die leere Fabrikwand projizierten Bildern von Fridolin Walcher. Fast unbemerkt erklang das Thema aus dem brasilianisch-französischen Filmklassiker „Orfeo Negro“ auf schweizerisch, ghanesischen Instrumenten, die in ihrem Klangbild das unablässige Taktieren der Spulmaschinen wiedergaben, in Freiheit überspielt durch die globale Bassklarinette. In der zwischendurch eingefügten Plauderei am Coca-Cola-Tisch mit einer oben krönenden Elmer-Mineral-Flasche nahm der Fotograf die Gäste mit auf eine Reise der Erinnerung rund um die Welt, und der Texter bekannte, dass seine Wortreise sich nur im Elmerland ereignete. Wie als ob es dieser Erklärung noch bedurft hätte: Das druckfrische Buch ist schon wieder von der Gegenwart überholt worden, denn die Dynamik der 3 Jungunternehmer ist enorm und die erste Solarzellen-Produktion findet definitiv nicht in den Hallen der Spinnerei Linthal statt. Doch was das Buch vermag, ist einen Eindruck all den Menschen zu vermitteln, die ausserhalb der Globalisierungs-Dynamik leben: eine Bestandesaufnahme von bleibendem Wert über dynamische Momente im Wettlauf von Sein und Zukunft.