Auch Berggebiete haben Chancen, aber welche?

Strukturwandel im Berggebiet – Innerschweizer Regionen zwischen Globalisierung, Innovationen und traditionellen Werten: Die Wanderausstellung «Chancen am Berg», die bisher in verschiedenen Orten der Zentralschweiz zu sehen war, sucht nach Entwicklungsperspektiven. Vom 22. bis 24. August gastiert die Ausstellung nun auch im Schulzentrum Mitlödi, Kanton Glarus. Die Eröffnung findet am 23. August um 11 Uhr statt.



Anna Dissler
Anna Dissler

Die Gelder von Bund und Kantonen fliessen spärlicher. Die Liberalisierung – als Folge der Globalisierung – bringt die Bergregionen an den Rand ihrer Möglichkeiten. Wer nicht genügend mobil und kommunikativ ist, gerät im Wettbewerb um die besseren Angebote und Standorte ins Hintertreffen. Die Abwanderung hält an und entleert ganze Täler. Alles, was die Berggebiete bisher ausmachte, verschwindet allmählich: sei es die kulturelle Vielfalt oder eine bestimmte Wechselwirkung zwischen menschlichem Leben, Umwelt und Geschichte. Ist dies nur Schwarzmalerei oder sieht die Realität sogar positiv aus?

Streit um regionale Strukturen

Seit die Denkfabrik «Avenir Suisse» 2005 ihre Studie «Baustelle Föderalismus» publiziert hat, ist die Diskussion um strukturschwache Schweizer Regionen nicht erlahmt. «Welche Zukunft blüht den Schweizer Randregionen? Sollen unrentable Regionen weiterhin von den Zentren unterstützt oder besser aufgegeben werden?», fragen die einen kritisch. «Die Wirtschaft will die Randgebiete abstossen. Auf diese Weise werden nur Probleme verdrängt», antworten die anderen empört. – Und wie reagieren Vertreter aus den betroffenen Regionen? «Wir können nicht alle Standorte der Schweiz gleich wettbewerbsfähig machen, doch auch Randregionen haben Chancen. Regionale Identität, gemeinsame Kultur und Erfahrungen stellen ein grosses Entwicklungspotential dar», sagt zum Beispiel Theo Schnider, Direktor Unesco Biosphärenreservat Entlebuch selbstbewusst. Und der ehemalige Schwyzer Finanzdirektor schlägt in eine ähnliche Kerbe: «Die Berggebiete müssen die übrige Schweiz vom Wert ihrer Leistungen überzeugen, doch dabei dürfen nicht nur wirtschaftliche Kriterien gelten. Ebenso wichtig für die Schweiz sind die Pflege der Kulturlandschaft, der Schutz vor Naturgefahren und die gelebte kulturelle Vielfalt. Man muss die Identität der Bergbevölkerung ernst nehmen. Denn wer sich mit seinem Ort identifiziert, engagiert sich auch für die Gemeinde und trägt zum Überleben der Gemeinschaft bei.»

Suche nach Problemlagen und Innovationen

Das Ausstellungsprojekt «Chancen am Berg – Innerschweizer Regionen zwischen Globalisierung, Innovationen und traditionellen Werten» hat sich umgesehen bzw. umgehört und versucht nun, dem Thema Strukturwandel mit einer breiten Gesamtschau neue Sichtweisen abzugewinnen. Ob Entlebuch, Einsiedeln, Isenthal oder Muotathal: in kleineren und umfangreicheren Text- und Bildreportagen werden verschiedene Innerschweizer Bergregionen fokussiert. Den von Tal zu Tal unterschiedlichen Problemlagen gehört dabei ebenso ein Augenmerk wie der Suche nach innovativen Projekten in der Holzwirtschaft, im Tourismus oder in der landwirtschaftlichen Selbstvermarktung. Die Innerschweiz will diese aber nicht um jedem Preis: «Es braucht die Innovation im Sinne von neu, doch haushälterisch mit dem Vorhandenen umzugehen, das ist ebenso innovativ», meint zum Beispiel die Architektin Monika Imhof aus Sarnen.

Zusammenarbeit gefordert

Fachleute sind überzeugt, dass der ländliche Raum in Zeiten der Globalisierung nur überleben kann, wenn die Menschen sich ihrer besonderen Stärke bewusst werden und diese in wirtschaftliche Tätigkeiten umsetzen. Gefragt ist ein intensives Zusammenwirken zwischen Landwirtschaft, Gewerbe, Tourismus und Wirtschafts­förde­rung. «Die Zusammenarbeit wird immer wichtiger für das Überleben von Bergdörfern und Talschaften», meint Pius Zgraggen, Schreiber der Korporation Uri. «Es kann nicht sein, das Gemeinde- oder Kantonsgrenzen dabei ein Hindernis sind, zu begrenzt sind die alpinen Lebensräume.»

Aber auch die Gemeinschaft als Netzwerk oder die heutigen Formen der Kommunikation und Mobilität werden in der Ausstellung angesprochen.Nicht zuletzt ist «Chancen am Berg» jedoch ein Versuch, zur Identität der Menschen in den Bergregionen vorzustossen, welche in letzter Zeit ziemlich unter dem Druck geraten ist.«Ziel ist nicht ein Mentalitätswandel», denkt Emil Gwerder, Co-Projektleiter «Üses Muotital» und Geschäftsleiter der Schwyzer Wanderwege. «Aber man kann auch über den eigenen Horizont blicken, ohne Eigenheiten wie etwa den Dialekt zu verlieren.»

Ausstellung in Mitlödi

23. bis 24. August 2008: Schulzentrum Mitlödi Glarus, in Zusammenarbeit mit dem Verein Region GHS Glarner Hinterland-Sernftal.

23. August, 11 Uhr, Vernissage der Ausstellung.

Öffnungszeiten der Ausstellung bis 24. August: Samstag 10 bis 16 Uhr, Sonntag 10 bis 15 Uhr, Montag bis Freitag, während den Schulzeiten.

Weitere Informationen: www.chance-berggebiet.ch sowie www.regionghs.ch

Kontaktadresse für weitere Informationen: Jürg Spichiger, Telefon: 031 333 59 01, Email: [email protected]