„Auf brennenden Füssen durchs Paradies“:

Der bekannte Glarner Schriftsteller Emil Zopfi las am Dienstagabend in Obstalden aus seinem neuen Buch „Rund um den Walensee“. Im Saal des „Sternen“ nahm er die Zuhörer mit auf die Wanderschaft, indem er aus dem Text-/Bildband einzelne Geschichten vorlas und die dazugehörigen Fotos auf die Leinwand projizierte.



Emil Zopfi liest aus seinem neuen Buch "Rund um den Walensee". (bild: mst)
Emil Zopfi liest aus seinem neuen Buch "Rund um den Walensee". (bild: mst)

Emil Zopfi unternahm am 17. April des letzten Jahres eine Wanderung rund um den Walensee. Dabei machte er eine Reihe von Bildern, die für eine Ausstellung im Museum Bickel in Walenstadt bestimmt waren. Seine Frau Christa hatte die Idee, aus den Fotos anlässlich des 65. Geburtstags ihres Mannes ein Buch zu machen. Am Dienstagabend nun fanden die Vernissage und eine Lesung daraus statt.

„Die Gegend ist mir ans Herz gewachsen“

Zopfi nennt seine Wanderung eine „Gedankenreise“, die er habe machen wollen, weil ihm „die Gegend ans Herz gewachsen ist. – Der Walensee ist der schönste See der Schweiz!“. Sie führte über 38 Kilometer und über 1000 Meter Auf- und Abstieg. Seit fast 20 Jahren lebt Emil Zopfi als freier Schriftsteller in Obstalden, wo er zusammen mit seiner Frau auch Schreibseminare durchführt.

Zopfi las lebhaft und humoristisch eine Auswahl aus den fast 80 Stationen dieser Reise.

Zudem projizierte er die dazugehörigen Bilder auf die Leinwand.

Von Mühlehorn nach Walenstadt

Alles begann um 7.08 Uhr morgens auf dem Bahnhof Mühlehorn, wo er für das Cover des Buches posierte. Wir vernehmen: „Es soll ein heisser Tag werden, deshalb leichtes Gepäck, Wasserflasche, drei Sandwiches, Getreideriegel, zwei Äpfel, eine Banane. ... In der rechten Hosentasche die Digitalkamera, in der linken ein kleines Ringheft.“ Der Mürtschenstock im kalten Morgenlicht, vorbei an der ARA Mittensee auf dem Uferweg nach Murg mit dem Dröhnen von der Autobahn. An der Fassade der verhüllten Spinnerei von Murg steht: „Alles wird besser!“ Im Textabschnitt betitelt „Unterhalb Quarten“ fällt Zopfi ein Haiku (japanisches Gedicht mit nur 17 Silben) ein: „Mittagsstille – das Schrillen der Zikaden dringt – ein in die Felsen.“ Weiter über Unterterzen und Mols nach Walenstadt, wo er erstmals eine Kleinigkeit isst und trinkt.

Zopfi ist ein subtiler Beobachter der Landschaft und der Menschen, die ihm auf seiner Wanderung begegnen. Nichts entgeht ihm. Der Text respektive die Lesung vermittelt ein eindrückliches Bild von dem, was der Schriftsteller während seiner Wanderung erlebt hat.

Von Walenstadt über Quinten nach Weesen

Schnell weiter durch den Lindenwald und über Engen, dem höchsten Punkt seiner Wanderung, nach Au und Quinten, wo er gerne dem Rummel der Ausflügler entflieht und alsbald wieder weitergeht, vorbei an einem „Familienferienhüsli“, wo gerade eine Frau ihrem Mann einen Apfel schneidet. Bei Platten fällt ihm das „Seerätsel“, das er von Obstalden aus oft beobachtet hat, wieder auf, ein glitzernder Fleck im Wasser vor Betlis: „Spiegelt sich ein Fels oder ein Fenster im Wasser? Ist es der Wirbel oder Wasserdampf des unterirdischen Flusses, der von den Churfirsten her unter dem Seespiegel einmündet? Ist es die Sonne selber, oder fokussiert das Felsenfenster des Mürtschenstocks ihr Licht wie eine Linse?“

Bei Seeren dann der Wasserfall, der höchste der ganzen Schweiz, und später die Stralegg, wo sich die Ruine eines römischen Wachtturms befindet. In Weesen erinnert sich der Dichter, der sich in der Tradition der Reiseschriftsteller sieht, an den dreiwöchigen Aufenthalt des Komponisten Franz Liszt, der hier im Jahr 1836 mit seiner Geliebten, der Gräfin Marie d`Agoult, abgestiegen ist. Dabei hat er sein perlendes Klavierstück „Au lac de Walenstadt“ komponiert, das Zopfi an seiner Lesung abspielen liess.

Letzte Etappe (Weesen – Mühlehorn): „Der schönste Streckenabschnitt!“

Zopfi findet den Abschnitt von Weesen nach Mühlehorn den schönsten der ganzen Wanderung. Über den Linthkanal, das „wahre Denkmal für Hans Conrad Escher“, vorbei am Bahnhof Weesen, dem Betonklotz, belebtes Gäsi mit Hauszelten und Wohnwagen, auf dem Geerenweg nach Salleren zum ehemaligen Restaurant Walensee, das, Gerüchten zufolge,

sozusagen ein Sex-Resort werden soll. Nach elf Stunden und einer Minute hat er seine

Wanderung beendet, und mit dem Selbstauslöser macht er ein letztes Bild: Emil Zopfi im warmen Abendlicht vor dem Bahnhof Mühlehorn um 18.09 Uhr.

Zopfi veranstaltet am Freitag, dem 11. April, eine literarische Führung durch Glarus. Besammlung um 18.00 Uhr bei der Stadtkirche Glarus. Dauer bis ca. 20.00 Uhr.