Doch beginnen wir von vorn: Die 2. Lesung zur Interkantonalen Vereinbarung über die Beiträge an die Ausbildungskosten von universitären Hochschulen verlief ohne Wortmeldung, die Vereinbarung wurde angenommen. Dann ging es – für fast 50 Minuten – um einen Irrtum bei der Finanzierungsberechnung des Entwässerungsstollens Braunwald, was den Beschluss über einen freien Kantonsbeitrag nötig machte.
Motiviert und detailliert
Laut Präsidentin Susanne Elmer Feuz war dies in der Kommission motiviert und detailliert besprochen worden, doch «es beruht auf einem Fehler, respektive Missverständnis.» Im Waldgesetz steht dazu, dass der Kanton 80 Prozent leiste, unter Einbezug der allfälligen Förderbeiträge des Bundes. Man war aber 2016, bei der Behandlung dieser Finanzierung, von 85 Prozent ausgegangen. Der Irrtum hielt sich ein Jahr lang, es entstand ein Fehlbetrag von 5 Prozent oder eben maximal 1,622 Mio. Franken auf den gesamten Kosten. Wer sollte das bezahlen? Bei Gemeinde und bei Korporation war die Finanzierung da schon gesprochen worden – auf der Basis des Irrtums. Weil Gemeinde und Korporation je 7,5 Prozent sprachen, der Kanton aber nur 80 Prozent trägt (zusammen mit dem Bund) – entstand der Fehlbetrag von 5%. «Die Kommission schloss sich dem Vorgehen des Kantons an, dies in einem freien Beitrag zu sprechen. Denn das Projekt reduziert das Risiko für die Bauten in Braunwald um 85 Prozent oder pro Jahr um 10,5 Mio. Franken. Der Plan», so Elmer Feuz, «ist also geeignet, um die Probleme in Braunwald deutlich zu verringern, auch wenn sie nicht ganz beseitigt werden können. Das Projekt ist äusserst erfolgversprechend.» Die längerfristigen Auswirkungen der Entwässerung auf Umwelt und die Gebäude sollen – so die Kommission – abgeschätzt werden. Abschliessend wird die Landsgemeinde über den Bausteuerzuschlag befinden. Ohne freien Beitrag wäre ein kantonal wichtiges und erfolgversprechendes Projekt gefährdet, denn die Korporation sei mit ihrem Beitrag finanziell am Anschlag, in der Gemeinde wäre eine weitere Versammlung nötig. Zudem werde der Bund wohl grosszügiger sein – deshalb Antrag der Kommission für den freien Kantonsbeitrag.
Einigkeit und…
Alle Fraktionen waren sich einig, auf das Geschäft einzutreten und es zu unterstützen. Ann Christin Peterson sprach von einem hochwirksamen Projekt, eine Massnahme dränge sich auf. «Der Boden saugt das Wasser wie ein Schwamm auf, das macht es immer wahrscheinlicher, dass etwas passiert. Zudem ist es auch umwelttechnisch ein wirksames Projekt, die rote Zone kann durch die Massnahme zurück in die blaue oder gelbe Zone gelegt werden.» Ähnlich argumentierte René Marfurt. Das Projekt sei zudem für die zukünftige Erschliessung wichtig: «Es gibt einen Gewinn in Form einer Risikoreduktion von 85 Prozent, so dass in Braunwald wieder investiert werden kann. Der Bund hat auch ein hohes Interesse am Projekt, die Entwässerungskorporation hat sehr gut gearbeitet. Schade, dass das Missverständnis entstand, in den Protokollen schon von 2017 wurde von 85 Prozent gesprochen. Die Mitgliederbeiträge der Entwässerungskommission wurden verdoppelt – sie trägt also auch etwas bei.» Urs Sigrist lobte die gute und ausführliche Information der Kommissionsmitglieder. «Das hohe Schadenpotenzial macht uns allen bewusst, dass dies eine wichtige Vorlage ist.» Es sei eine Investition mit grosser Kostenfolge für den Kanton und, so Sigrist, «die effektiven Kosten stehen erst in sieben Jahren fest, bis dann kann noch vieles passieren – erst da kann der definitive Antrag erfolgen.» Sabine Steinmann argumentierte, es gebe keine Alternativen zum Stollen, wichtig sei, dass es jetzt vorwärts gehe. Sie ergänzte: «Die gefährlichen Starkniederschläge haben auch mit dem Klimawandel zu tun – deshalb braucht es immer auch den Schutzgedanken für unsere Bevölkerung und die Kompensation als Umweltmassnahme.» Auch für Samuel Zingg, Präsident der begleitenden Finanzaufsichtskommission, war es nicht opportun, die wichtige Vorlage wegen etwas Formalem zu verzögern. «Die Diskussion ging um gebundene Ausgaben», man sei aber mit dem Instrument Bausteuerzuschlag in den letzten Jahren gut gefahren. «Wenn man Projekte in dieser Grösse der Landsgemeinde vorlegt (Kostendach 16,5 Mio. Franken), will man auch sagen können, wie das finanziert werden. Man will sich nicht festlegen, wie hoch der Bausteuerzuschlag sein wird, doch grundsätzlich soll es über einen solchen Beitrag geschehen.»
…ein Streichungsantrag
Hans Jenny mahnte: «Die Zeit drängt, hier geht es um Mensch gegen Natur, und da verliert der Mensch, wenn man zu lange wartet.» In Sachen Finanzierung über einen Bausteuerzuschlag reiche es, zu entscheiden, wenn 2027 die definitiven Kosten feststehen. Dagegen opponierte Markus Schnyder namens der SVP-Fraktion. «Hier geht es für den Landrat lediglich um den freien Kantonsbeitrag. Die Mehrheit der Fraktion ist der Ansicht, dass der Kanton alles tragen soll. Eine Minderheit wollte die Verteilung auf alle drei Parteien.» Schnyder stellte aber den Antrag, Punkt drei zu streichen und das Projekt degressiv zu finanzieren. «Die Bausteuer ist dort sinnvoll, wo der Stimmbürger Ja oder Nein sagen kann. Doch dieses Projekt ist eine gebundene Ausgabe, hier bedeutet ein Bausteuerzuschlag eine Steuererhöhung, gegen die wir sind.» Regierungsrat Kaspar Becker schloss sich dem angepassten Vorschlag der Finanzaufsichtskommission an. «Markus Hefti als Präsident und die Entwässerungskorporation leisten sehr gute Arbeit und treiben das Projekt voran.» Deshalb erst habe sich der Bund für eine Mitfinanzierung entschieden. «Wir mussten darauf aufmerksam machen, dass der Irrtum bestand. Deshalb entschieden wir uns – mit der Finanzdirektion, der Korporation und der Gemeinde zusammen – für diesen Weg des freien Beitrags. Es ist definitiv nicht nur eine Braunwald-Vorlage, der ganze Kanton ist betroffen. Wir «verlochen» hier nicht einfach Geld, sondern es ergibt eine massive Reduktion der Schadenerwartung.» Einen Bausteuerentscheid fälle allenfalls die Landsgemeinde, er bitte aber, die «Option Bausteuer» drinzulassen. Martin Laupper wollte nochmals wissen: «Haben die Gemeinde und die Korporation auf falschen Annahmen entschieden?» Und Regierungsrat Becker antwortete: «Am 23. November 2016 hat die Projektgruppe das weitere Vorgehen diskutiert, wo man mit 85 Prozent rechnete. Das war ein Irrtum in der Projektgruppe, man ging von 85 Prozent aus, obwohl im Waldgesetz etwas anderes steht.» Samuel Zingg nahm Stellung zum Streichungsantrag Schnyder – da spreche man nicht vom freien Beitrag, sondern über 16 Mio. Franken, die finanziert werden sollen. Doch diese Diskussion solle dann stattfinden, «wenn wir diese Finanzierung besprechen.» Markus Schnyder konnte sich mit der Streichung nicht durchsetzen, die Mehrheit beliess die «Option Bausteuer» im Antrag, der Landrat wies das Geschäft ohne Gegenstimmen der Landsgemeinde zu.
Entschlackung dank Bundesverordnung
Yvonne Carrara – Kommissionspräsidentin Gesundheit und Soziales – präsentierte die Änderung der Verordnung über die Alimentenhilfe. Die Inkassohilfe wird schweizweit auf den 1. Januar 2022 vereinheitlicht und der Bund verlangt einen Mindestkatalog von Leistungen, welche jeder Kanton anbieten muss. Aufgrund der umfassenden Regelung des Bundes, brauche es praktisch keine kantonalen Regelungen mehr, insbesondere, weil der Kanton Glarus in diesem Bereich seine Hausaufgaben gemacht hat, im Gegensatz zu anderen Kantonen. Frau Landammann Marianne Lienhard beantragte Eintreten und Zustimmung. «Es liegt eine Bundesvorlage vor, die uns erlaubt, die kantonale Verordnung zu entschlacken. Die Inkassoverordnung des Bundes vereinheitlicht schweizweit und verbessert die Situation. Da wir heute schon alles anbieten, was die Verordnung des Bundes vorsieht, muss der Kanton in der Sozialhilfe nichts anpassen.» Das Geschäft ging ohne weitere Wortmeldungen zur zweiten Lesung.
Welche Fragen wurden gestellt?
Es folgte das zweite wortreiche Traktandum, die Behandlung des Tätigkeitsberichts 2019: inklusive Pause fast zwei Stunden. Kommissionspräsidentin Gabriela Meier Jud beantragte die Genehmigung des Tätigkeitsberichts, der keine Anträge stellt, aber aufzeigt, wo noch Handlungsbedarf besteht – nämlich vor allem in der so genannten interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen den Departementen. «Der Bericht des vergangenen Jahres war die Leitlinie für die Diskussion. Zum Thema Corona wird die Geschäftsprüfungskommission (GPK) einen separaten Bericht erstellen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit wird weiterhin ein Thema bleiben. Der Gesamtregierungsrat hat durch seine Aufsicht sicherzustellen, dass die Departemente gemäss rechtlichen Vorgaben arbeiten.» Meier Jud wies auf die Doppelrolle von Gesamt- und Departementsverantwortung hin. «Doch wer überwacht die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Departementen? Das ist für die GPK nicht ersichtlich. Es braucht dazu keine neue Effizienzanalyse, erst wenn diese Prozesse aufgezeigt sind, wird die GPK das überprüfen können. Es geht um die bessere Kommunikation mit den Gemeinden, insbesondere mit den Baubehörden – hier besteht Verbesserungspotenzial.» Sie nannte als Beispiele die Querspange Netstal, die Ortsdurchfahrt Glarus, aber auch den Eckanschluss. Die Corona-Pandemie zeige, dass der Einsatz der Pflegekräfte nicht hoch genug eingeschätzt werden könne, auch um den Preis von Defiziten. «Beim leidigen Thema Gefängnis herrscht jetzt wenigstens Klarheit, dass der Kanton allein gehen muss.» Tatsächlich drehte sich die Diskussion hauptsächlich um die von ihr genannten Themen und bot einigen Landräten auch die Möglichkeit, ihre «Steckenpferde» zur Sprache zu bringen. Beat Noser wies auf die Notwendigkeit des barrierefreien Zugangs im Freulerpalast hin, ebenso Fridolin Luchsinger, der zudem für die Verbesserung bei den Praktikumsplätzen auf das neue Pflegegesetz hofft. Marius Grossenbacher mahnte: «Mit der Digitalisierungsstrategie stehen wir erst am Anfang – die ersten Schritte sind aber noch wenig aussagekräftig.» Hier sei auf Ausbildung der Ausbildenden besonderes Augenmerk zu richten. Toni Gisler lobte namens der SVP, dass der Kanton eine gemeinsame Umfahrung von Netstal und Glarus prüfe, wünschte aber, dass – etwa bei Strassenprojekten – die Landeigentümer früher angefragt werden. Roger Schneider forderte die Regierungsräte auf, ihre Führungsverantwortung wahrzunehmen und das Heft noch fester in die Hand zu nehmen. Frau Landammann Marianne Lienhard lobte die Arbeit der GPK und den Besuch von Zweierteams in den Departementen. «Das gibt uns die Möglichkeiten,– aufgrund dieser Aussensicht – Lösungen zu diskutieren.» Über die Forderung nach Verbesserung der interdisziplinären Zusammenarbeit könne nicht hinweggegangen werden. «Der Regierungsrat ist bereit, dieses Ansinnen aufzunehmen. Hier besteht Einigkeit: Die GPK muss insbesondere bei den Prozessen genau hinschauen. Hauptanliegen des Regierungsrates ist es, die hier verlangten Arbeiten in Angriff zu nehmen. Wir sind eine schlanke Verwaltung. Der Regierungsrat erwartet von der GPK, dass sie die angesprochenen Prozesse namentlich nennt.»
Nach der Pause
Markus Schnyder hielt fest, beim rückgewiesenen Informatikgesetz gehe es darum, die öffentlich-rechtlichen Anstalten, insbesondere Technische Betriebe und Altersheime, nur freiwillig einzubeziehen. Christian Büttiker fragte provokativ: «Wo ist unsere Regierung? Zur Corona-Pandemie braucht es gemeinsame Auftritte. Alles spricht von einer Krise, aber im Glarnerland hört man von der Regierung nichts. Ich hoffe, dass die Bevölkerung in Zukunft mehr den Regierungsrat spürt.» Frau Landammann Marianne Lienhard replizierte: «Wir sind ein Departementsystem, das muss berücksichtig werden.» Dann stellte Regula Keller Fragen zur Corona-Krise: «Wie gut funktioniert das Contact-Tracing im Kanton Glarus? Wie sieht es mit zusätzlichen Ressourcen aus? Wurde zusätzliches Personal angestellt?» Regierungsrat Rolf Widmer sagte, man bedanke sich bei der Gemeinde Glarus, welche zusätzliche Ressourcen für den Kanton in Aussicht gestellt habe, doch es hänge auch von der Entwicklung der Fallzahlen ab: «Bei einem schnellen Anstieg ist auch das Contact-Tracing schwierig.» Thomas Tschudi verlangte Effizienz bei der Schule, Steve Nann schnelleres Handeln beim Moorschutz. Bruno Gallati und Franz Landolt baten, man möge die Situation beim ÖV-Eckanschluss noch einmal überdenken. Kaspar Becker sagte zu Steve Nann, er nehme die heisse Kartoffel Moorschutz auf, aber – zu Gallati und Landolt – gerichtet: «Über den Eckanschluss brauchen wir nicht mehr zu sprechen, das wurde 2016 beschlossen, und 2018 kommuniziert.» Man sei aber dran, anzuschauen, was in Sachen Halt oder Kompensation S25 möglich sei. In Sachen Gefängnis zeigte Regierungsrat Andrea Bettiga nochmals auf, was man alles prüfte. Derzeit sei man an einer Machbarkeitsstudie für ein Gefängnis.
Mollis oder Hongkong…
So ulkte der Landratspräsident, bevor sich Andrea Bernhard – auch namens des Postulanten Pascal Vuichard – für die Überweisung und Abschreibung des Postulates «Betreuungsgutscheine für die familienergänzende Kinderbetreuung» aussprach, was auch geschah. Bernhard verlangte mehr Flexibilität bei den subventionierten Plätzen und mehr Wahlfreiheit für Eltern, welche nicht genügend Geld haben, um den Krippenplatz aus eigenen Mitteln zu bezahlen. «Wir sollten nicht knausrig sein, bei der Finanzierung von Krippenplätzen.» Landesstatthalter Benjamin Mühlemann pflichtete ihm bei: «Wir sind dran, die Strukturen bei der familienergänzenden Kinderbetreuung zusammen mit Gemeinden anzuschauen, um an der Landsgemeinde 2022 verschiedene Verbesserungen vorschlagen zu können.» Beim abschliessenden Traktandum 6 bedankte sich Toni Gisler für die Beantwortung der Interpellation «Anreiz für den ÖV», war aber etwas enttäuscht über die Knappheit der Antwort. «Es ist nicht die Aufgabe des Kantons, den ÖV zu fördern. Wer ihn aber benutzt, soll ihn auch bezahlen. Nehmen Sie den Zug und zahlen Sie es bitte selber!» Die nächste Sitzung findet am Mittwoch, 2. Dezember, statt.