«Aufbruch in die moderne Schweiz»

Mit dem Vortrag von Professor Dr. Christian Koller zum Thema «Aufbruch in die moderne Schweiz» fand die Veranstaltungsreihe 2015 des Museums des Landes Glarus ihren Abschluss. Das Museum blickte dieses Jahr zurück auf die Schweiz vor 200 Jahren.



Professor Dr. Christian Koller zum Thema «Aufbruch in die moderne Schweiz». (Bilder: zvg)
Professor Dr. Christian Koller zum Thema «Aufbruch in die moderne Schweiz». (Bilder: zvg)

Öffentliche Bildung, liberale Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, soziale Sicherheit, Meinungsfreiheit: Schweizer und Schweizerinnen sind heute stolz auf ihre Gesellschaft und auf ihren Staat. Prof. Dr. Christian Koller, Direktor des schweizerischen Sozialarchivs in Zürich, hielt am Mittwoch im Freulerpalast einen Vortrag darüber, wie die Schweiz zu dem wurde, was sie heute ist. Der Referent beleuchtete in seinem reich bebilderten Vortrag Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und die Stellung der Schweiz in der Welt, wo heute New Glarus und andere Schweizer Niederlassungen von der bewegten Sozialgeschichte künden, die zu ihrer Gründung führten.

Koller zeigte, wie die Schweiz bereits im 19. Jahrhundert keine Insel, sondern ein intensiv vernetzter Staat war. So schwappte liberales Gedankengut zunächst aus dem Ausland und beeinflusst von Freiheitskriegen in Europa und Lateinamerika in die Schweiz über. Hier wurden diese Ideen aufgenommen – mehrere Kantone revidierten im Sinn des Liberalismus ihre Verfassung. Pressefreiheit, Handels- und Gewerbefreiheit, eine repräsentative Demokratie und ein öffentliches Bildungswesen wurden eingeführt. Errungenschaften, die heute zu den Stärken der Schweiz zählen. 1836/37 führte auch die Landsgemeinde Glarus eine liberale Verfassungsrevision durch. «Glarus ist die vollkommenste aller schweizerischen Demokratien», lobte der liberal-radikale Staatsrechtler Ludwig Snell etwa die Glarner Verfassungsrevision.

Wenn die Schweizer heute ein klein wenig ein «Volk von Vereinsmeiern» sind, dann geht dies auf die Zeit nach 1830 zurück. Koller führte aus, dass insbesondere die neuen, in der Wirtschaft verwurzelten Eliten Vereine gründeten. Wo denn die Schweiz treibende Kraft in Europa war und wo getriebene, wollte ein Zuhörer wissen. Der Historiker betonte, dass die Schweiz viele Errungenschaften aus dem Ausland übernommen hatte, im Fall der weltoffenen Wirtschaft und insbesondere der liberalen Verfassung, aber rasch eine Vorreiterrolle in Europa übernahm.

Ob auch die unteren Schichten an den Auseinandersetzungen zwischen liberalen und konservativen Kräften beteiligt gewesen seien, war eine weitere Frage. Koller hob die integrierende Funktion gerade der Vereine hervor: Sie hatten integrierenden Charakter, weil sie allen Gesellschaftsschichten offen standen. Die trugen –wie etwa die Schützen- oder Turnvereine – zur Identität der Schweizer bei. Die Schweizerinnen dagegen, so betonte der Referent, blieben lange aus der Gesellschaft ausgeschlossen.

Eine Zuhörerin betonte, dass die Abschaffung der Kinderarbeit schulpflichtiger Kinder bereits 1850 und nicht erst –wie referiert – 1864 beschlossen worden sei. Im Gegensatz zum Kanton Zug beispielsweise, ergänzte sie und fügte an: «Dies zur Ehrenrettung der Glarner!»