Aus den Verhandlungen des Regierungsrates vom 12. Februar

Interpellationen «Hohe Personalfluktuation bei den Sozialversicherungen Glarus» und «Artikel im Öffentliches Personal Schweiz».



(Bild: e.huber)
(Bild: e.huber)

Die beiden Interpellationen der SP-Landratsfraktion vom Dezember 2019 «Hohe Personalfluktuation bei den Sozialversicherungen Glarus» und «Artikel im Öffentliches Personal Schweiz» werden vom Regierungsrat wie folgt beantwortet:

Allgemeine Bemerkungen

Die Medien haben die Situation bei den Sozialversicherungen Glarus (SVGL) bzw. die Kündigung eines Mitarbeitenden verschiedentlich thematisiert. Die Medienberichte sowie die politischen Vorstösse in diesem Fall werfen leider oftmals auch ein schlechtes Licht auf den Kanton als Arbeitgeber. Es kommt nicht klar zum Ausdruck, dass zwischen dem Kanton und der selbstständig öffentlich-rechtlichen Anstalt SVGL als Arbeitgeber zu unterscheiden ist. Die Angestellten der SVGL sind keine Kantonsangestellten.

Zuständigkeiten

Mit der Totalrevision der Sozialversicherungserlasse durch die Landsgemeinde 2011 wurde die kantonalen Ausgleichskasse rechtlich verselbstständigt und aus der kantonalen Verwaltung ausgegliedert. Die SVGL sind seither eine selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts. Gemäss den Einführungsgesetzen zu den Bundesgesetzen über die AHV und die IV stehen die Ausgleichskasse und die IV-Stelle Glarus unter der direkten und unmittelbaren Aufsicht des Bundes und seinen Weisungen, soweit sie nicht übertragene kantonale Aufgaben wahrnehmen. Die kantonale Aufsicht obliegt der Aufsichtskommission, die Oberaufsicht dem Regierungsrat. Unter Wahrung der Aufsicht des Bundes verbleibt der Aufsichtskommission der Ausgleichskasse Glarus insbesondere die Regelung der Organisation der IV-Stelle Glarus bzw. der Ausgleichskasse. Für den Bereich IV, bei dem es sich nicht um eine übertragene Aufgabe handelt, bedeutet dies beispielsweise, dass die fachliche und finanzielle Aufsicht dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) obliegt, während die personellen und organisatorischen Belange durch den Kanton zu beaufsichtigen sind.

Sozialversicherungen Glarus

Die Mitglieder der kantonalen Aufsichtskommission werden jeweils für ein Jahr durch den Regierungsrat gewählt. Der Aufsichtskommission gehören eine Präsidentin oder ein Präsident sowie vier bis sechs weitere Mitglieder an. Der Regierungsrat ist in der Aufsichtskommission mit einem Mitglied vertreten. Dem Regierungsrat kommt die Oberaufsicht zu. Die Oberaufsicht bedeutet Einsicht in die Geschäfts- und Revisionsberichte der beaufsichtigten Anstalten und Eingreifen bei eklatanten Fehlern, aber kein Mitführen. Die Mehrheit der Aufsichtskommission verfügt insbesondere über ausgewiesene Kenntnisse in Unternehmensführung oder in den Bereichen Versicherung, Sozialversicherung, Finanzen und Recht. Sie kann aus ihrer Mitte Ausschüsse bilden. Die SVGL erstatten der Aufsichtskommission quartalsweise Bericht zu ihrer Geschäftstätigkeit und unterbreiten weitere ordentliche Rapporte, unter anderem auch zu personellen Fragestellungen, wozu auch der Personalwechsel gehört. Es besteht ausserdem ein risikoorientiertes internes Kontrollsystem, das auf dem Qualitätsmanagementsystem der SVGL gründet.

Im Personalwesen sind die SVGL von der kantonalen Verwaltung unabhängig:

·         Die Lohnsumme der Sozialversicherungen ist nicht Teil der Jahresrechnung des Kantons.

·         Die Direktion SVGL als oberstes geschäftsführendes Organ ist befugt, das für die Erfüllung der mannigfaltigen Bundesaufgaben notwendige Personal innerhalb der Vorgaben des Bundes (IV-Bereich) bzw. auf Basis des von der Aufsichtskommission jährlich festzulegenden Stellenplans anzustellen.

·         Da die Bundesaufgaben erfüllenden Mitarbeitenden vollständig durch den Bund bzw. die Sozialversicherungen finanziert werden, sind sie Angestellte der entsprechenden Anstalt und nicht des Kantons oder des Bundes. Weil die öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnisse beibehalten wurden, gilt für die Sozialversicherungen Glarus aber das kantonale Personalrecht.

Personalpolitik des Kantons

Der Kanton als Arbeitgeber legt bei der Trennung von Mitarbeitenden Wert auf eine wenn immer möglich einvernehmliche und sozialverträgliche Lösung. Dies gilt insbesondere bei älteren und langjährigen Mitarbeitenden. Bei diesen stellt namentlich die sogenannte administrative Pensionierung eine weit mildere Massnahme dar, da sie mit finanziellen Leistungen (z. B. Einzahlung in die Pensionskasse) und einer längeren Kündigungsfrist verbunden ist. Insbesondere für Mitarbeitende ab Ende 50, welche die Anforderungen ihrer Stelle aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr erfüllen (können) oder die von organisatorischen Veränderungen betroffen sind, stellt die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand eine sozialpolitisch adäquate und zielführende Massnahme dar.

Beantwortung der beiden Interpellationen

lst dem Regierungsrat bekannt, dass das Personalklima bei den Sozialversicherungen Glarus schlecht ist? Wenn ja, mit welchen Massnahmen hat der Regierungsrat darauf reagiert? – Das erwähnte interne Kontrollsystem widerlegt entgegen der Fragestellung die Behauptung eines schlechten Personalklimas und einer hohen Fluktuation für das Jahr 2016. Namentlich förderte die Mitarbeitenden-Befragung 2016, an welcher 35 von 36 Mitarbeitenden teilnahmen, eine hohe Mitarbeitenden-Zufriedenheit zutage. Dieses Ergebnis wurde 2017 noch übertroffen. Es bestand deshalb kein Anlass für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten, geschweige denn für ein solches der Oberaufsicht.

Wie erklärt sich der Regierungsrat die zahlreichen Personalwechsel und die hohe Fluktuation? – Im Folgenden werden die jährlich ausgewiesenen Personalveränderungen bei den SVGL aufgezeigt. Es ist dabei zu beachten, dass sich aufgrund des verhältnismässig tiefen Personalbestands schon wenige Änderungen prozentual stark auswirken. Die Prozentzahlen sind entsprechend zu gewichten.

Personalwechsel 2016: 2 Personen (beide Ausgleichskasse [AK] / Familienausgleichskasse [FAK]), was bei einem Personalbestand von 36 Personen eine Fluktuationsrate von 5,5 Prozent ergibt. Begründet wurde der eine Wechsel mit dem Wohnort und der andere aufgrund eines Wechsels in den Pflegebereich.

Personalwechsel 2017: 3 Personen (1 AK / FAK; 1 IV-Stelle; 1 Rechtsdienst); Personalbestand: 38 Personen; Fluktuationsrate: 7,9 Prozent. Die Wechsel erfolgten wegen ungenügender Arbeitsleistung und wegen neuer beruflicher Ausrichtung nach dem Erwerb des Anwaltspatents.

Personalwechsel 2018: 4 Personen (1 AK / FAK; 3 IV-Stelle); Personalbestand: 39 Personen; Fluktuationsrate: 10,2 Prozent. Der Austritt bei der AK / FAK ist begründet durch die Karriere- / Lohnentwicklung nach Erlangung des Diploms Sozialversicherungsfach. Bei den Austritten der drei Angestellten der IV-Stelle war der eine wohnsitzbedingt, der andere bedingt durch die Verlagerung des Lebensmittelpunktes in einen anderen Kanton und der dritte ist Folge einer Reorganisation der IV-Stelle.

Die Kündigungen durch die Arbeitnehmenden ergeben für die SVGL folgende Fluktuationsraten: 5,5 Prozent (2016), 2,6 Prozent (2017) und 8,1 Prozent (2018). Bei der IV-Stelle war nur 2018 eine Kündigung entgegenzunehmen. Zum Vergleich: Die kantonale Verwaltung weist für 2015–2017 Fluktuationswerte zwischen 4,1 und 7,2 Prozent aus. Werte zwischen 8 und 12 Prozent gelten als gesunder Austausch und tragen zu einer gesunden internen Entwicklung bei. Die durchschnittliche Verweildauer der Mitarbeitenden bei den SVGL beträgt per Ende 2018 sowohl bei der AK / FAK als auch bei der IV-Stelle mehr als sieben Jahre. Dies ist überdurchschnittlich. Selbst bei der kantonalen Verwaltung liegt das durchschnittliche Dienstalter mit rund zehn Jahren nur wenig höher.

Weil die SVGL vor allem als eine von 26 dezentralen Vollzugstellen des Bundes tätig sind und damit dieselben Aufgaben wie andere Sozialversicherungseinrichtungen erfüllen, sind sie – insbesondere was Sozialversicherungsfachleute anbelangt – einem direkten Konkurrenzvergleich (Lohn) ausgesetzt. Dies erklärt die leicht höheren Fluktuationsraten und die kürzere Verweildauer im Vergleich zur kantonalen Verwaltung. Sämtliche ausgewiesenen Werte sind jedoch ansprechend und belegen, dass die Personalwechsel bei der SVGL weder zahlreich sind noch eine hohe Fluktuation festzustellen ist.

Wie beurteilen andere Departemente die Zusammenarbeit bei den Schnittstellen mit den Sozialversicherungen? – Der primäre Fokus der SVGL liegt bei den Versicherten, Arbeitgebenden, Partnerorganisationen und Institutionen, Ärzten und Gutachterstellen sowie Behörden. Nebst dem bestehen Schnittstellen sowohl innerhalb des zuständigen Departements Volkswirtschaft und Inneres als auch mit anderen Departementen. Gute und konstruktive Zusammenarbeit beruht stets auf Gegenseitigkeit.

Weil sich diese Frage an die «anderen Departemente» richtet, wurden diese eingeladen, sich dazu zu äussern. Die Departemente Bildung und Kultur sowie Finanzen und Gesundheit erstatteten Rückmeldungen. Diese sind grundsätzlich positiv. Gewisse Probleme in der Zusammenarbeit wurden bei der IV-Stelle verortet. Sie zeigen, dass auf operativer Ebene gewisse Herausforderungen bestehen. Sie erscheinen lokalisier- bzw. gar personalisierbar und werden die Aufsichtskommission im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages dazu veranlassen, namentlich die Verfahrensdauern bei Rentenprüfungen näher zu prüfen. Daneben wird die Aufsichtskommission auch den folgenden Aufgaben- und Zusammenarbeitsbereichen zu widmen haben:

·         Integrationsberatung IV: Arbeitsweise der einzelnen Mitarbeitenden, Belastung

·         Schnittstelle Ergänzungsleistungen/individuelle Prämienverbilligung

·         IIZ-Reporting (Qualität der Statistikdaten)

lst der in der Zeitschrift geschilderte Sachverhalt korrekt? Wenn nein, was stimmt an der Wiedergabe des Sachverhaltes nicht? – Der Regierungsrat nimmt in seiner Zuständigkeit als Oberaufsichtsbehörde nicht Stellung zu Einzelfällen, insbesondere auch mit Blick auf die gesetzlich verankerte Autonomie der Sozialversicherungen Glarus. Zudem handelt es sich um ein laufendes Verfahren.

Er hat jedoch die klare Erwartungshaltung, dass sich die selbstständig öffentlich-rechtlichen Anstalten an der Personalpolitik des Kantons orientieren und – wenn die Autonomie dem nicht entgegensteht – diese auch gleich handhaben.

Wann zieht der Regierungsrat in Personalsachen externe Rechtsberater hinzu? – Bei personalrechtlichen Angelegenheiten wird in der kantonalen Verwaltung der Rechtsdienst der Staatskanzlei beigezogen. Es erfolgt kein Einsatz von externen Rechtsberatern.