Auskehr und Einkehr

Die letzte Landratssitzung ist immer stark von Tradition geprägt, aber weniger von hitzigen Diskussionen. Sieben Interpellationen, zwei Geschäftsberichte, Wahlen und Planungsdokumente – man kehrte aus, um dann abends bei der Landratspräsidentin Regula Keller in der Kantonsschule einzukehren.



Landratssitzung vom Mittwoch, 28. Juni 2023 (Bilder. e.huber)
Landratssitzung vom Mittwoch, 28. Juni 2023 (Bilder. e.huber)

Zuerst wurden die beiden nachrückenden Landräte Liliane Schrepfer und Benjamin Kistler vereidigt, wozu sich alle von den Sitzen erhoben, sie ersetzen Martin Landolt und Thomas Kistler, die beide vom Amt zurücktraten. Dann hielt der scheidende Landratspräsident Luca Rimini seine Abschiedsrede – er schätzte den Blick hinter die Kulissen, die ihm das Amt bot, und rühmte den Anstand des Glarner Parlaments – und schon ging Regula Keller im weiss gepunkteten Kleid und den roten Schuhen in den Ausstand, um sich wählen zu lassen. Gewählt wurde nicht mit dem neuen System, sondern es wurden – nach alter Mütter Sitte – die ausgefüllten Zettel gezählt, das Büro hatte also zu tun. Mit 48 von 55 Stimmen – bei vier leer eingelegten – wird Regula Keller gewählt und darf für ein Jahr die Landratsglocke behändigen, während ein sichtlich gelöster Luca Rimini in der letzten Bank seiner Fraktion Platz nimmt.

«Wörter, meine Fallschirme»

Auf Hochdeutsch und mit einem Horst-Bienek-Gedicht kommentiert Keller ihre Wahl zur 138. Landratspräsidentin. Als Wahl-Glarnerin habe sie zuerst das Wort «Schamauchin» gelernt und es sei schön, dass sie nun den Rat präsidieren dürfe. Sie freue sich, dass sie mit Daniela Bösch-Widmer eine Vizepräsidentin bekomme – auch hinsichtlich der Frauenvertretung. Sie schätze es, hier «frii» zu sein. Ihr Wunsch: Möglich nichts zu entscheiden, was auf Kosten anderer gehe – weder in der Gegenwart noch in der Zukunft. Mit einem Frau-Landammann-Mehr wird Daniela Bösch zur Vizepräsidentin gewählt, darauf rücken die drei schon gewählten Büromitglieder mit offenem Mehr nach. Neu ins Büro kommt Ruedi Schwitter. Dann wird Christine Arn als Staats- und Jugendanwältin bis 2026 gewählt.

Sich Zeit lassen

Das Landsgemeindeprotokoll passiert ohne Wortmeldung. Dann stellt Thomas Tschudi als Präsident der GPK die rückgewiesenen Massnahmen aus der Legislaturplanung vor. Es werde einstimmig empfohlen, die Reform der kommunalen Legislativen jetzt in die Planung aufzunehmen und sich dabei die nötige Zeit zu lassen. Auch die Immobilienstrategie werde begrüsst. Sehr kontrovers sei die Einführung des Ausländerstimmrechts diskutiert worden. Albert Heer unterstützt namens der FDP-Fraktion die Unterbreitung der Reform der Legislativen an der Landsgemeinde 2025. Kaspar Krieg beantragt sogar, die Reform auf die Landsgemeinde 2024 zu nehmen – sonst müsse man sieben Jahre mit der unbeliebten gegenwärtigen Lage weiterleben. Sabine Steinmann unterstützt Kriegs Rückweisungsantrag. Man wolle ja an der Nord-Gemeindeversammlung die neue Legislative planen. Namens der GLP unterstützt das Franz Landolt. Mathias Zopfi beantragt dagegen dem Regierungsrat zu folgen. Es gehe um elementare politische Fragen, da komme nichts Schlaues raus, wenn man das nicht grundsätzlich diskutiere. Zentral sei die Vernehmlassung, die müsste praktisch sofort starten, wenn man sie per 2024 an die Landsgemeinde bringen wolle. Regierungsrätin Marianne Lienhard bestätigt, es gebe hier viele Fragen zu lösen und das Gemeindegesetz umfassend zu revidieren. Insbesondere könne Nord – wenn es das wolle – auch wieder ein Parlament einführen. Der Regierungsrat favorisiere dies auch, wolle Parlamente aber nicht vorschreiben. Mit 34:15 Stimmen wird die Massnahme dann genehmigt.

Mit Stichentscheid

Namens der Grünen/Junggrünen beantragt Mathias Zopfi die Massnahme «Einführung rechtliche Grundlage Ausländerstimmrecht auf Gemeindeebene» nicht wie die Kommission rückzuweisen, sondern sie zu genehmigen. Dann könne die Vernehmlassung dazu beginnen und diese Debatte geführt werden. Sonst würge man das ab. Priska Grünenfelder beantragt das namens der SP ebenfalls. Das gebe die Möglichkeit, direktdemokratisch zu entscheiden und den Gemeinden allenfalls auch, den Ausländern diese Möglichkeit geben. Sonst setze man ein «falsches Zeichen». Andreas Bernhard unterstützt dies namens der GLP. Man solle nicht jeden Schritt verpolitisieren. Yvonne Carrara spricht dagegen für Rückweisung, Toni Gisler will keine «Scheinlösung» mit der Partizipation, das Problem schlechte Beteiligung werde bleiben. Christian Büttiker will dem Volk das Wort geben – Thomas Tschudi findet es nicht ehrlich, etwas auszuarbeiten, was dann fast zu 100 Prozent abgelehnt werde. Regierungsrätin Marianne Lienhard hält namens der Regierung an der Aufnahme der Massnahme fest. Mit 27:26 Stimmen wird die Massnahme – durch Stichentscheid der Präsidentin – angenommen. Die Immobilienstrategie und die Landsgemeindegeschäfte passieren ohne Wortmeldung.

Neun Mal rechts wischen

Nach der Pause wischt der Landrat neun Mal nach rechts. Zuerst wird der Geschäftsbericht der Glarner Kantonalbank zur Kenntnis genommen. VRP Martin Leutenegger antwortet Beat Noser – angesichts der CS –, es gebe Kündigungsfristen für Kapital, die Liquidität werde quartalsweise bewertet, die Risiken seien gesenkt worden und man halte hohe Liquidität bereit. Anschliessend gibt VRP Arnold Bachmann zum Geschäftsbericht der Kantonsspital Glarus AG Auskunft. Sabine Steinmann findet, es habe ein Umdenken bei den Arbeitsbedingungen stattgefunden. Peter Rothlin will wissen, was die Schliessung der Reha Zurzach Care bewirke, wie sich die ausserkantonalen Angebote entwickeln und wie es an der Frauenklinik weitergehe. Cinia Schriber zudem auch Auskünfte zum Fachkräftemangel. Nadine Landolt Rüegg will den Plan zur Vereinbarkeit von Arbeit und Familie kennen und was die Ablehnung der Ostschweizer Zusammenarbeit bei der Spitalplanung für das Leistungsangebot bedeute. Bachmann nennt das Ziel, dass der Arzt wieder mehr am Patienten arbeite. Bei der Administration gebe es namhafte Änderungen. Zurzach Care habe geholfen, die Aufenthaltsdauer zu verkürzen. Man suche eine Nachfolge und verfolge gleichzeitig die Ein-Zimmer-Plus-Strategie. Man habe das Angebot und den Leistungskatalog nicht angepasst. Die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit werde gewährleistet. Die Spitalplanung sei eine Fallzahlenübung gewesen, bei der Glarus in allen Fällen verloren hätte. Zudem wäre dadurch die Kostenstruktur nicht verbessert worden, sondern nur die Patienten ausgedünnt. Dann werden sieben Interpellationen beantwortet zum Treibhausgasausstoss, zur Windenergie – Heinrich Schmid stellt da Doppelmoral fest –, zur Biodiversität, zur «Smarten Mobilität» – Priska Müller Wahl mahnt, E-Bikes mitzuplanen und mehr zu «schären» –, zur ambulanten Versorgung, zur Bürokratie bei den Wärmepumpen – die Bewilligung sei ein Spiessrutenlauf, so Rolf Blumer – sowie zum Velo im Alltag – Nadine Landolt Rüegg sieht hier die Entlastungswirkung durch den Langsamverkehr, will aber die Schwachstellen schneller beheben, speziell an der Stichstrasse –, Hansjörg Dürst wird als Ratsschreiber verabschiedet und man macht sich traditionsgemäss auf die Fraktionsausflüge.