Ausser Kontrolle – mit Ray Cooney und dem Theater Elm

Was die theaterbegeisterte Gruppe aus Elm unlängst im Gemeindezentrum Schwanden anbot, war für die gegen 300 begeisterten Besucherinnen und Besucher zuweilen deutlich ausserhalb von Erfassbarem. Es brauchte zuweilen detektivisches Geschick, um dem wirbligen Geschehen im Parkhotel Federal, in Bern gelegen, umfassend folgen zu können, um zu erfassen, wer mit wem gerne liiert wäre.



Ausser Kontrolle – mit Ray Cooney und dem Theater Elm

Dies um zu verstehen, weshalb ein vermeintlich Toter irgendwann einmal purlimunter zu agieren beginnt; weshalb der senkrechte, ehrliche, persönlicher Sekretär Willi Waser des Herrn Nationalrats Arthur Aebi zum Arzt mutiert, seiner kranken und pflegebedürftigen Mutter sehr zugetan ist und urplötzlich von wildesten Lustgefühlen befallen wird; weshalb spionierende Ehegefährten im Hotel auftauchen oder der Herr Max, geldsüchtiger Kellner der aufdringlicheren Sorte und der gar wichtigtuerische Hoteldirektor dermassen herrisch aufzukreuzen pflegt. Zäsuren setzte das gegen die Hotelterrasse orientierte, niederdonnernde Schiebefenster. Das klappte unbarmherzig zu, wenn es halt wieder mal erforderlich war. Wehe, wenn da Kopf und Brust eingeklemmt wurden! Und alles spielte sich in zwei benachbarten Suiten ab, in einem wirbligen, unzählige Lacher provozierenden Hin und Her. Und wäre der SVP-Nationalrat Aebi als Politiker derart kreativ wie im Zuordnen und Erklären peinlicher Situationen, hätte er eine Riesenkarriere vor sich. Und der verzweifelte Herr Waser wollte sich nach eigenem Statement sogar der SP zuwenden. 

Aber zum Politisieren beziehungsweise der Teilnahme an der ordentlichen Session im Bundeshaus, reichte es nicht. Wenn so viel Liebe im Spiel ist, muss es sich um eine der Frühlingssessionen gehandelt haben. Bewundernswert stoisch, mit beinahe gradliniger Direktheit und äusserst kreativem Erfinden von Notlügen mauserte sich der Aebi durch das sehr bewegende Leben in seiner Suite mit Nummer 448. Sein Schatz, die SP-Sekretärin Fröhlich, war schon anwesend, musste aber den Hauptraum fast im Minutentakt verlassen, weil immer jemand reinplatzte. Mit Amourösem konnte es für Aebi – von Freunden liebevoll Buddha genannt – und seinem Schatz auf Zeit, Anita Fröhlich, so nicht vorwärtsgehen. Beide sind verheiratet und wähnen ihre Partner im jeweiligen vertrauten Heim.

Und nicht nur den vergnüglich Betrachtenden fällt auf, dass ein Toter im Fenster eingeklemmt ist. Aebi schliesst messerscharf auf einen Einbrecher, dem der Diebstahl nicht gelungen ist. Eindringen über einen Hotelbalkon ist nicht jedermanns Sache und problemlos möglich. Damit er vom Ort des Geschehens verschwindet, hängen ihn Aebi und Waser kurzerhand an einen Haken im geräumigen Schrank.

Und dazwischen kreuzt der Kellner, der bereits erwähnte Herr Max, mit schöner Regelmässigkeit auf (Zimmerservice, Rückgabe der gereinigten Wäsche, Reisegepäcktransport). Immer kassiert er, nicht eben unbescheiden. Dem Hoteldirektor ist natürlich längstens aufgefallen, dass sich sehr Ungutes anbahnt und dass er beinahe permanent zum korrigierenden Eingreifen gezwungen ist – er denkt an den guten Ruf des Federal.

In derartigen Abläufen, aus der Feder des Engländers Ray Cooney und von Jörg Schneider auf «schweizerisch Passendes» umgeschrieben, jagen sich die Ereignisse, die so viel Unterhaltsames, Unwahrscheinliches komödiengerecht Austariertes beinhalten.

So will Aebi, umtriebiger Nationalrat, die Leiche in Wasers Suite (benachbart, Zimmernummer 450, auch via Balkon erreichbar) schaffen – möglichst unbemerkt, um sie dann später in einem Rollstuhl auf dem Gurten raffiniert zu verstecken. Das könnte Waser übernehmen.

Und zwischendurch: Wieder mal der Herr Max in der Suite, wieder die Zurechtweisungen des Hoteldirektors, das Auftauchen der Leiche (Schranktüre öffnet sich zum ungünstigsten aller Zeitpunkte – und deren gibt es viele), wieder mal der erneute Telefonanruf von Fräulein Martha, Pflegende von Wasers Mutter, die wiederum nicht begreifen will, weshalb der «liebe Bube» noch nicht nach Hause zurückgekehrt ist. Dann tauchen unverhofft und zum absolut unpassendsten Zeitpunkte Herr Fröhlich und Frau Aebi, sogar Fräulein Martha auf – was den Grad der Irrungen und Wirrungen nochmals tüchtig in die Höhe treibt. Es sei verraten, dass die aufkeimende Liebe den Parteisekretär zu stürmischsten Avancen treibt.

Übrigens: Der vermeintlich Tote ist Privatdetektiv Bobi Beck, von Herrn Fröhlich mit dem Überwachen seiner Gattin beauftragt. In ihm reift das Erinnerungsvermögen zusehends. Fröhlich beginnt er zu wüten, zu verdächtigen – eigentlich begreiflich nach allen Geschehnissen.

Laut fällt das Schiebefenster wieder mal zu – exakt auf den oder die Schuldige oder gerade dann, wenn wieder mal allzu intensiv drauflosgeflunkert worden ist. Glarner würden sagen, dass es über die beinahe drei unterhaltsamen Theaterstunden «we im hölzige Himmel» zu- und hergegangen sei – dank den intensiv und kenntnisreich drauflosagierenden Theaterleuten aus Elm.

Es sei angemerkt, dass sie sich schon wieder mit Neuem befassen, das dann die Vereine im Dorf zu sehen bekommen und dass sie – in wechselnden Besetzungen – auch für die «grossen Bühnen» vorbereitet sind und sich hin und wieder zu einer Tournee durch den Kanton aufmachen.