Grösstmögliche Autonomie der Gemeinden, zeitnaher Entscheid über das Parlamentsmodell, Stimmrecht aktiv und passiv – es gilt nach fast 15 Jahren in den neuen Fusionsgemeinden manches zu begradigen. Schon der Kommissionsbericht bewies das, wo manche Details mit 4:4 Stimmen offenblieben, ebenso der Bericht des Regierungsrates, der ganze 38 Seiten umfasste und die Artikel des Gesetzes minutiös kommentierte.
Kommissionspräsident Albert Heer stellt das Geschäft in seiner unaufgeregten Art vor. Es brauchte insgesamt drei Sitzungen, um diese Neuordnung des Gemeindegesetzes zu besprechen. Kontrovers habe man die Voraussetzung zum Stimmrecht (Artikel 56) diskutiert, und diesen schliesslich gestrichen. Von «Wehret den Anfängen» bis zu «alle Ausländer sollen mitbestimmen» war alles zu hören, so Heer. Dann ging es in der Kommission um Kantonsverfassung Artikel 131: Wer setzt den Steuerfuss fest? Dies sollen überall die Gemeindebürger tun. Und schliesslich im Artikel 31 des Gemeindegesetzes um das sogenannte Anfragerecht. Insbesondere müsse die Antwort auf eine Anfrage durch den Gemeinderat schon drei Tage vor der Gemeindeversammlung vorliegen. Beat Noser (Mitte) und Marius Grossenbacher (Grüne) sprechen sich für Eintreten aus. «Es ist sinnvoll, viele Entscheide wirklich der Gemeinde zu überlassen.» Es sollten auch Ideen über die Artikel hinaus eine Chance bekommen. Sarah Küng (SP) zeigt sich beim Eintreten überzeugt, dass das Parlamentsmodell in allen drei Gemeinden eine Verbesserung schaffen würde. Namens der SVP kündigte beim Eintreten Yvonne Carrara Detailanträge an. Das Gesetz schaffe Platz für Ideen und Selbstgestaltung der Gemeinden, diese sollten von unten her wachsen. Ein Parlament mit den richtigen Kompetenzen könne die Partizipation beflügeln, trotzdem müssten die Gemeindeversammlungen weiterhin attraktiv bleiben. Das Ausländerstimmrecht an diesen Versammlungen brauche es nicht – «wer mitbestimmen will, soll den Weg über die Einbürgerung wählen.» Hans Jenny tritt namens der FDP ein – mit dem Gesetz werde mild korrigiert. Ruedi Schwitter spricht sich namens der GLP für Eintreten aus. Neben dem Postulat Mächler hätten auch die beiden Memorialsanträge zum neuen Gesetz geführt, es habe den liberalen Geist behalten. Es gehe der GLP um eine offene Gesellschaft, wer in der Gemeinde mitbezahle (ob Schweizer oder Ausländerin), soll auch mitbestimmen können. Adrian Hager weist auf den Wandel der regierungsrätlichen Haltung zu den Parlamentskompetenzen hin. Regierungsrätin Marianne Lienhard zeigte sich von der Qualität des neuen Gesetzes überzeugt. Im Versammlungskanton sollten Versammlungen weiterhin möglich sein – man lege hier die Rahmenbestimmungen fest, lasse den Gemeinden aber die Freiheit. Die Kombination «Versammlung und Urne» komme für die Regierung aber nicht infrage, Versammlungsbeschlüsse müssten abschliessend sein. Im Vergleich zum Bildungsgesetz – wo drei Viertelstunden geredet wurde – war das Eintreten mit 30 Minuten geradezu rasch beschlossen.
Die Details Teil A
Die Regierung – so Marianne Lienhard – sei mit der Streichung von 56,1a nicht einverstanden. Kaj Weibel beantragte namens der Grünen, die Ergänzung der Kantonsverfassung, um hier das Ausländerstimmrecht festzuschreiben, 10 Jahre im Kanton, 3 Jahre in den Gemeinden, lautete sein Kompromissvorschlag. Die Einbürgerung sei in der Schweiz sehr restriktiv, deshalb brauche es die Mitbestimmung aller auf der Gemeindeebene, das seien auch um die 25 Prozent Ausländer/-innen. «Wer will, soll auch dürfen», so die Motion der Grünen. Michael Laager spricht sich für die Streichung aus – man solle das Stimmrecht nicht einfach «verschenken». Die FDP sei eher für liberalere Einbürgerung statt für fixe Fristen der Niederlassung. Sarah Küng unterstützt namens der SP den Antrag der Regierung, den Gemeinden die Möglichkeit für ein Ausländerstimmrecht zu geben – nach 10 Jahren in der Schweiz und drei Jahren im Kanton. Wer mitbestimmen könne, trage auch die Entscheide der Gemeinde mit. Peter Rothlin unterstützt namens der SVP die Streichung durch die Kommission. Das Motto müsse lauten: «Erst Integration, dann Stimm- und Wahlrecht erteilen.» Er frage sich schon, ob es wirklich gut sei, schlecht integrierten Ausländern die politischen Rechte zu geben, wo sie die sozialen Rechte ja schon alle hätten. So würden den Schweizern nur noch die Pflichten – wie die Militärpflicht – bleiben. Andrea Trummer unterstützt namens der Mehrheit der Mitte den Antrag Weibel. Es sei nur fair, dass wer Steuern zahle, auch mitbestimme. Mathias Zopfi – er ist auch Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbandes – fragt sich, ob man eher ein Stoppschild oder eine Leitplanke einführen wolle. Das liege aber in der Gemeindeautonomie und solle nicht vom Landrat für die nächsten 20 Jahre verboten werden. Er unterstütze deshalb Kaj Weibel. Fridolin Staub argumentiert als Gemeindepräsident, dass – selbst wenn man es einführe – das Ausländerstimmrecht derzeit nicht umsetzbar sei, denn man habe die entsprechenden Daten für die Einladung zur Versammlung nicht. Albert Heer resümiert, aus Sicht der Kommission sei die Integration entscheidend, deshalb bitte er, den Artikel zu streichen, weil niemand damit glücklich werde. Laut Marianne Lienhard dagegen gilt es, auf Gesetzesstufe die Möglichkeit fürs Ausländerstimmrecht zu schaffen und den Artikel zu belassen. Entweder 10 Jahre Schweiz und 3 Jahre Kanton (Regierung) oder 10 Jahre Kanton und 3 Jahre Gemeinde (Weibel). Eventual setzt sich der Antrag Weibel mit 43:14 Stimmen durch. Mit 31 zu 28 Stimmen wird der Artikel – wie von der Kommission beantragt – ganz gestrichen.
Remo Goethe spricht sich namens der FDP in Artikel 131, f, g, i für die detaillierte Zuweisung der Kompetenzen durch die Gemeinden aus, anstatt dies starr einem Parlament oder einer Versammlung zuzuweisen. Roman Zehnder beantragt dagegen namens der SVP, hier bei der Kommissionsfassung – die Regierung hat sich dieser angeschlossen – zu bleiben. Die Verfassung müsse die zentralen Kompetenzen regeln. Benjamin Kistler unterstützt Goethes Punkt i, es gebe den Gemeinden bessere Möglichkeit zur Ausgestaltung. Die Kernkompetenzen müssten – so der Wille von Regierung und Kommission – in der Kompetenz der Versammlung bleiben, argumentiert Albert Heer. Auch Regierungsrätin Marianne Lienhard weist auf die zentrale Bedeutung dieses Artikels für die Befugnisse der Stimmberechtigten hin, diese gelte es hier klar in der Verfassung zu regeln. Goethe setzt sich eventual gegen den Antrag Kistler mit 28:26 Stimmen durch, unterliegt aber dem Antrag der Kommission mit 40:18 Stimmen.
Die Details Teil B
Nach der Pause ging es dann zum Gemeindegesetz. Erst beantragte Roland Goethe namens der FDP, bei Artikel 19,2a E-GG das Quorum für ein fakultatives Referendum auf 600 Stimmberechtigte zu erhöhen. Gleiches solle für ausserordentliche Gemeindeversammlungen gelten. Kaj Weibel beantragt dagegen, bei 300 Stimmen zu bleiben. Da man ja einen Memorialsantrag bereits mit einer Stimme einreichen könne. Adrian Hager pflichtet ihm bei, Hans Jenny verweist auf das Schneekanonen-Referendum in Glarus Süd. Albert Heer stellt sich namens der Kommission dagegen – man habe es intensiv diskutiert. Es brauche die tiefe Schwelle für die politische Partizipation. Goethe unterliegt mit 40:18 Stimmen. Ruedi Schwitter beantragt, in Artikel 22 den Absatz: «Gemeindeversammlungen schliessen Urnenabstimmungen aus» zu streichen. Heer setzt sich für den Absatz ein, denn es solle nur das eine oder das andere geben. Auch Marianne Lienhard und der Landrat mit 45:13 Stimmen sehen das so – Urne anstelle von Gemeindeversammlung, aber nicht beides. Fridolin Staub will zuhanden der 2. Lesung wissen, ob man in Artikel 31 «oder elektronisch» streichen könne. Albert Heer beantragt in Absatz 2 und 3 die Fristen von einem auf drei Tage anzupassen, was unwidersprochen angenommen wird. Bei der ausserordentlichen Gemeindeversammlung will Priska Müller Wahl in Artikel 34 eine Ergänzung – man dürfe auch ausserordentlich nur abstimmen über Anträge, welche rechtlich und von der Zuständigkeit her zulässig sind. Sonst drohen verschiedene Gefahren der Blockierung oder des Ausuferns. Sabine Steinmann unterstützt sie. Anliegen, über die man diskutiere, müssten gesetzeskonform sein. Albert Heer plädiert dagegen für die Ablehnung. Fridolin Staub stellt Rückweisungsantrag mit Auftrag, den Ablauf zu klären. Regierungsrätin Marianne Lienhard stellt sich gegen beide Anträge. Niederschwellige Instrumente solle man beibehalten. Müller Wahls Antrag heble dieses Recht aus. Diese zieht den Antrag zurück und schliesst sich Staub an. Mit 35:23 Stimmen wird rückgewiesen. Bei Artikel 42 will Müller Wahl, dass wenigstens das Mehr der Anwesenden eine geheime Abstimmung verlangen muss. Fridolin Staub stellt sogar Streichungsantrag. Marius Grossenbacher favorisiert den bestehenden Antrag, ebenso Albert Heer. Marianne Lienhard schliesst sich Grossenbacher und Heer an. Der Viertel mache das Recht niederschwellig. Mit 45:13 Stimmen bleibt der Viertel der Stimmenden als Hürde drin. Mit 46:12 Stimmen wird nicht gestrichen. Bei Artikel 45,1 stellt Roland Goethe Antrag, das Wort «anschliessend» zu streichen, unterliegt aber.
Franz Freuler beantragt namens der SVP bei 58,2 bei der Regierungsfassung zu bleiben – hier ein «Transferfenster» von sechs Monaten für Gemeindepräsidenten einzufügen, mache wenig Sinn. Hans-Rudolf Forrer unterstützt ihn. Es sei unglarnerisch, was die Kommission da einführen wolle. Beat Noser setzt sich namens der Mitte für die Kommissionsfassung ein. Es reiche doch, wenn ein Gemeindepräsident nach der Wahl zuziehe. Albert Heer gibt zu, der Antrag sei zwar sehr knapp zustande gekommen – aber er solle bleiben. Marianne Lienhard setzt sich für die Regierungsfassung ein. Mit Stichentscheid der Präsidentin entscheidet sich der Landrat mit 29:30 Stimmen für die Regierungsfassung. Zum Artikel über die Ordnungsbussen stellt Hans-Rudolf Forrer einen Ergänzungsantrag. Bei 81,1 sollen allenfalls auch kantonale Bussen so erlassen werden. Mathias Zopfi stellt Rückweisungsantrag zuhanden der 2. Lesung, sonst drohe hier schon fast eine Gemeindepolizei. Dominique Stüssi bedauert namens der Mitte, dass die Kommission das nicht angeschaut habe, und ist für Rückweisung. Forrer zieht darauf seinen Antrag zurück. Regierungsrätin Marianne Lienhard zeigt auf, dass das Problem Forrer nichts mit diesem Artikel zu tun habe. Mit 36:22 Stimmen wird rückgewiesen. Bei Artikel 92 meldet sich Peter Rothlin zu Wort. Ihm fehle der Rechtsschutz, er bitte, diesen auf die 2. Lesung hin in den Materialien zu präzisieren. Lienhard nimmt das entgegen. Mathias Zopfi regt an, Artikel 21 nochmals auf Korrektheit zu prüfen. Das Geschäft unterliegt einer 2. Lesung. Die Landratspräsidentin gratuliert Christian Marti zur Wahl als Regierungsrat. Die kommende Sitzung findet am 19. Februar statt.