Bach in Braunwald

Johann Sebastian Bachs Schaffen ist nicht immer mit Chorälen, Orgelmusik und Streichorchestern gleichzusetzen. Es gibt Musiker, die sich mit Bach sehr wohl auseinandersetzen – dies gekonnt, einfühlsam und respektvoll – und sich auf eine Art und Weise an Bearbeitungen machen, die auf Hinhörende absolut faszinierende Auswirkungen haben, Bewunderung und Anerkennung gleichermassen intensiv wecken. Und wenn dann mit viel Schalk und Munterkeit von Entstehungsprozessen und dem Einstudieren geredet wird, sind Vorfreude und Spannung fast schon Teil des Programms.



Klavier.
Klavier.

Tobias Forster, Pianist, begann nach einem Konzertbesuch des Oscar-Petersons-Trios mit Bearbeitungen von Jazz. Rhythmen, Variieren, Improvisieren, neue Klangwelten und -formen hatten ihn derart gepackt, dass er sich auf Neues, Spannendes, noch Ungewohntes einliess, das klassische Klavierstudium aber weiterpflegte. In seiner heutigen Tätigkeit spielt die Verschmelzung der Stilelemente von Jazz und Klassik eine prägende Rolle. Die Zusammenarbeit mit Musikern wie Klaus Schwärzler (Vibraphon) und Benjamin Forster (Marimbaphon) führt zu Mitreissendem, Packendem. Tobias Forster merkte an, dass man mit diesem Erproben und Ausloten noch lange nicht am Ende ist. Bewusst soll ausprobiert werden, was noch möglich ist, wo sich Grenzen ergeben.

Man spürte und sah, wie ereignisreich dieser Prozess ist, wie lustvoll, kenntnisreich und virtuos gespielt wurde. Die Abgestimmtheit der drei Musiker ist absolut perfekt. Man blickt sich mal kurz an, nickt, lächelt sich zu, hört hin – die Abläufe sind in jeder Beziehung packend, hochpräzise, ungemein stimmungsvoll. Auch wenn man zuweilen räumlich weit auseinander sei und nach den Vorgaben von Tobias Forster zu üben habe – so Klaus Schwärzler – freue man sich stets aufs Zusammenkommen, auf spannende Auftritte, wie es beispielsweise in Braunwald der Fall sei. Die Interpretationen waren ein riesiges Geschenk.

Tobias Forster merkte bei seinem Einführen an, dass die dreistimmige Originalfassung ohne Weiteres so umgeschrieben werden könne, dass sie für Klavier, Vibraphon und Marimbaphon passe, die Anlehnung an Bachsche Vorgaben sei quasi problemlos zu lösen. Der musikalische Ausdrucksreichtum, die immense Spielfreude, Virtuosität und Spielkunst gediehen zu einer Einheit, die sich nach der scheinbaren Verschiedenheit der Instrumente kaum erahnen lässt. Schlagwerk und Klavierklang verschmolzen, kurze Soli faszinierten, die Stimmungspalette war grandios. Und zwischendurch vernahm man, wie die Spiegelung eines Themas tönt, wie bei Variationen das eigentliche Thema immer wieder hörbar ist, wie Salsa, Soul und anderes beim Bearbeiten und Interpretieren einbezogen werden. Es war beinahe berauschend schön, spannend, von Besinnlichem, Träumerischem in Stürmisches, Rasantes, Hektisches wechselnd, dann wieder ein Zurücksinken in grosse Ruhe und Andacht. Zuweilen wähnte man sich in einer Bar, dann wieder im nicht minder gediegenen Konzertraum. Man las im Programm etwas über «Präludium und Toccata in d-Moll» von Tobias Forster (*1973), vernahm einiges über Swingvariationen und der «Kunst der Fuge, BWV 1080», erfuhr von Erfolgen des Klaus Schwärzler (*1973), Perkussionist, unter anderem Soloschlagzeuger am Opernhaus, später in der Tonhalle Zürich, Professur für Schlagzeug an der zürcherischen Hochschule der Künste; las, dass Benjamin Forster Solopauker im Tonhalle-Orchester Zürich ist bei verschiedensten Orchestern gastierte und mit namhaften Dirigenten zusammenarbeitet.

Das Gastspiel hatte einen kleinen Makel: Es dauerte beinahe zu wenig lange, war doch alles derart intensiv, ungewohnt, riesig spannend, von ungemeiner Vitalität erfüllt