Bänz Friedli und die Kompliziertheit

Das Feuerwerk im Keller des Kunsthauses Glarus.



Bänz Friedli ist scharfsinnig Beobachtender (Bilder: peter meier)
Bänz Friedli ist scharfsinnig Beobachtender (Bilder: peter meier)

Freie Plätze gab es im Keller des Kunsthauses Glarus nicht mehr, als Bänz Friedli nach charmanter Begrüssung zu reden begann, enorm schwungvoll, pointiert, offen, deutlich – ab Landsgemeindeplatz und Kandidierenden aus vielen Teilen unseres Kantons bis in «ferne Lande». Er fasste zusammen, was nicht nur ihn bewegt, empört, erheitert, Einhalt und Nachdenken verlangt.

Bänz Friedli ist scharfsinnig Beobachtender. Er wird mit seinem Deuten nie primitiv und verletzend. Seine Scharfzüngigkeit, das leidenschaftliche Beobachten und Aufgreifen von so vielem, was zuweilen leicht schräg einherkommt, das blitzschnelle Wechseln vom Einen zum Anderen erfordern ein recht hohes Mass an uneingeschränkter Aufmerksamkeit. Er fordert zum Mitvollziehen uneingeschränkt auf, lädt in seine bewegende Welt ein. «S isch kompliziert» lautete der Titel auf der Einladung.
Und zu viel Kompliziertem kamen noch Unverständnis, hoch Vergnügliches, Anteilnahme, fast alle Gefühle dieser Welt, Staunen, Neugierde – alles im Verlaufe kurzer Momente, die Bänz Friedli gekonnt, erfrischend keck, kenntnisreich weckte.
Mit dem Glarnerland weiss er sich seit gewiss zwei Jahrzehnten mehr oder weniger innig verbunden. Am Anfang habe ein Soloauftritt im «City» gestanden. Dann ging`s so richtig los. Die Schönheit des Landsgemeindeplatzes und dessen Bedeutung enden stets nach den jeweiligen Festivitäten. Aber Friedli sieht sich lieber als Distanzierter, kritisch beobachtender und wertender Solist, dem Fakten offenbar en masse zuzufliegen scheinen, aufgenommen und je nach Inhalt zugeordnet, ausgedeutet werden.

Das sind beispielsweise Schönheitsoperationen; Chancen von Kandidierenden, die nach dem 22. Oktober klarer sehen; Zahl der Kandidaten im nicht so fernen Zürich und dem beschaulichen Glarnerland; wegweisende an Landsgemeinden gefällte Entscheide (Gemeindefusion, Frauenstimmrecht, Energiegesetz); beschauliche Ruhe auf dem Land. Munter ging es an Aufzählungen samt Kurzkommentaren weiter. Ist das Klöntal überlaufen, ist die Zufahrt nicht mehr gewährleistet, sei aber nicht von «Sperrung», sondern von «Gästelenkung» die Rede. Und hurtig ging es mit Polemisieren, Polarisieren, Moralisieren,– Schwarz-Weiss-Denken; masslosem oder massvollem Übertreiben und Ausleben, politischen Statements samt Halb-, Un- und Ganzwahrheiten weiter – stets sprachlich riesig elegant, wortgewaltig.
Friedli liess Handy-Gespräche, Dialektformen der gewohnten und ungewohnten Art mit ebensolchen Inhalten aufleben, zeigte auf, wo Glaube bereits Wissen sein könnte. Er befasste sich – wieder in Windeseile – mit der Bedeutung eines echt bernischen Schwingerkönigs nach einem stark besuchten «Hosenlupf». Und schon war man in Italien, vernahm wenig später einiges über Massnahmengegner, Treichler, seltsame Allianzen, sah sich der biblischen Wahrheit gegenüber, die doch auch Zweifel weckt, wenn es um die Speisung der vielen tausend Leute geht. Friedli befasste sich mit den Folgen des Rütlischwurs und hinterfragte die historische Tatsache betreffend wahrer Gründung der Eidgenossenschaft in charmanter Art.

Nicht selten spürte man seine grosse Liebe zum Fussball, seine Kommentare ergaben Klarheiten, was beispielsweise Fairness im Frauenfussball, Grobheiten bei Spielen mit männlichen Kickern, Traumfreistössen und anderes betraf.

Und was in Bundesbern anlässlich einer ordentlichen Sitzung so abgeht, erfuhr man beim Zitieren aus einem wohl fiktiven Ratsprotokoll, wobei sich Friedli als wahrer Kenner der Besonderheiten des entscheidenden und debattierenden Septetts entpuppte, vergnüglichst und genüsslich zitierte, Inhalte von Sachgeschäften und Besonderheiten der Ratsmitglieder zu gliedern und darzustellen wusste.

Was ist, wenn ein Veganer den Nachnamen Fleischli hat oder wenn sich andere namensbezogene Auffälligkeiten ergeben? Friedli grenzt sich ab, wenn er es als notwendig erachtet. Er hasst Umfragen mit ewig gleichen, dümmlichen Inhalten, Standardgrüsse sind zuweilen unnötige Plattitüden. Er beginnt wenig später zu philosophieren: «Was ist, wenn nichts mehr ist?» Er zitiert Peter Bichsel mit der Aussage: «Das Leben ist vorbei, aber du bist noch nicht tot.»

In unglaublicher Dichte und in hohem Tempo rudert Friedli durch deutlich mehr als zwei Stunden nicht selten sehr anspruchsvoller Auseinandersetzungsbreite. Enorm verdienter, starker Applaus war der grosse Dank für die bunte Reichhaltigkeit.

Und wer an den weiteren Veranstaltungen der Kulturgesellschaft interessiert ist, orientiert sich in den entsprechenden Medien und erwirbt sich frühzeitig genug ein Ticket für weitere Begegnungen.