Barock Ja, aber … das Begegnen der besonderen Art

Mit Barockmusik verbinden sich für den «Szenenkenner» Wohlklang, harmonische Ausgewogenheit, tänzerische Eleganz, eine wahre Woge verschiedenster Gefühle, die stets in gefällig willkommener Art aufklingen. Warum nicht für einmal mit dieser «intakten Welt» brechen? Das wurde anlässlich der ersten von vier über die kommenden Monate verteilten, stets im Freulerpalast Näfels stattfindenden Matineen vorgelebt. Maya Homburger, Violine; Barry Guy, Kontrabass und – als besonderer Gast – der Saxophonist Jürg Wickihalder, hatten sich diesem Unterfangen gestellt. Dies mit hoher spielerischer Eleganz und inhaltlich, beinahe überbordendem Reichtum.



Barry Guy, Kontrabass
Barry Guy, Kontrabass

Daniel Zbinden, mit seiner Gattin Vilma für diese musikalischen Treffen neu verantwortlich, begrüsste, freute sich über Forderndes, das es zu bewältigen gelte, richtete an viele Sponsoren ein herzliches Dankeschön aus und zeigte auf, wie man da finanziell «über die Runden» kommen werde.

Auf der Rückseite des Programms war nachzulesen, wem man begegnen werde. Maya Homburger, war über viele Jahre hinweg Konzertmeisterin von John Eliot Gardiners «Englisch Baroque Soloists», weilte lange in England und Irland, um später in die Schweiz zurückzukehren. Von ihr und Mitmusizierenden stammen die Gesamtaufnahmen der bedeutenden Rosenkranzsonaten von H. I. F. Biber, Kammermusikalisches von J. S. Bach und Kompositionen ihres Ehemannes Barry Guy. Er zählt zu den innovativsten Kontrabassspielern und Komponisten, begeistert sich für Experimentelles und hat die Spieltechnik auf dem Kontrabass massgebend erweitert. Von ihm stammen grossartige Orchesterwerke für seine Jazz-Ensembles und weitere Orchester. Jürg Wickihalder, seit November 2017 Leiter der Glarner Musikschule, ist international anerkannter Saxophonist-Mitglied und Solist bedeutender Formationen, seit 1996 weltweit auftretend.

Wie sich alte und neue Musik verbinden lassen, Gemeinsamkeiten aufzuklingen vermögen – dank kunstreichstem Improvisieren, Klangverfremdungen und Variationen – war eine begeisternde Erlebnisfülle, hochkarätig überzeugend, geprägt von Wirbligem, elegantesten Tempi, Hingabe, gestalterischem Reichtum, intuitivem Aufnehmen von vorgegeben Sequenzen, Zurücksinken in gemeinsam Harmonisches, ausbrechend aus barocken Traditionen, wild, kraftvoll, dann wieder bedachtsam und ruhig, keck und verspielt, feinnervig.

Dieser Reichtum an spieltechnisch absolut Hochklassigem lässt sich kaum angemessen würdigen. Alle lauschten gleichermassen gebannt, drückten ihre hohe Wertschätzung und Anerkennung mit verdient grossem Applaus aus. Ignaz Franz Biber, eine Hommage an Bach und «Celebration», standen am Anfang dieser unnachahmlich tollen Fülle. Virtuosität, hohe gegenseitige Abstimmung, riesige spielerische Reife, Abgeklärtheit, konzentrierte Hingabe – alles mündete in ein beeindruckendes Ausgestalten, das für die Hinhörenden so faszinierend wechselvoll, kurzweilig, riesig spannend war.

Altes mündete in Neues, mit faszinierender Leichtigkeit ausgespielt. Alles war eine Vermischung von Schroffem, Breitem, wirbligst Elegantem, Geheimnisvollem, erfüllt von packender Virtuosität. Maya Homburger äusserte sich in willkommener Kürze zum Entstehen einzelner Stücke. Da waren so viel Leben und kleine Geschichten verpackt. In ganz kurzen Momenten erspürte man eine ganz inhaltsstarke Abgestimmtheit. Und alles kam mit einer Leichtigkeit einher, die Staunen, Verblüffung, Beschwingtheit, Leidenschaften zu wecken vermochte, den Wunsch nach Weiterführendem unmittelbar weckte.

Dem wurde gerne Rechnung getragen. Die Zugabe war beinahe ein Zusammenfassen der beinahe zahllosen Sequenzen. Und beim Verweilen im stimmungsvollen Garten des Freulerpalasts kam es nicht selten zu einem lebhaften Gedankenaustausch über so einzigartig Einmaliges.

 

.