Barocke Klänge in familiärem Ambiente

Am Sonntag fand im Freulerpalast ein Konzert der besonderen Art statt: Musiker und Musikerinnen bespielten die historischen Räume – das Publikum genoss die romantische Klänge in intimer Atmosphäre. Statt still zu sitzen, spazierte es von Konzert zu Konzert.



Marianne Schönbächler
Marianne Schönbächler

Musik neben Nachttopf und Ehebett – vielleicht war das intime Ambiente des Hauskonzerts im Freulerpalast gewöhnungsbedürftig. Doch die familiäre Atmosphäre war von Susanne Grieder, Kuratorin des Museums des Landes Glarus und Initiantin des Konzertnachmittages, beabsichtigt. Sie hat den Spaziergang durch Palast und Musikgeschichte im Rahmen der diesjährigen Veranstaltungsreihe «Das Museum blickt zurück auf die Schweiz vor 200 Jahren» organisiert. «Hauskonzerte waren damals – also zur Zeit des Biedermeier – im gebildeten Bürgertum äusserst beliebt», sagt sie. Zum einen wandten sich viele Menschen nach dem Ende der Napoleonischen Kriege von der Politik enttäuscht ihrer Familie und Privatsphäre zu. Zum anderen galt Musik als Bestandteil der Bildung. Hauskonzerte verbanden also auf ideale Weise familiäre und Geselligkeit im Freundeskreis mit der Begeisterung für Musik.

Susanne Grieder hatte das facettenreiche Programm mit dem Martin Zimmermann, Musiker aus Mitlödi und Winterthur, zusammengestellt. Durch Palast und Programm geführt wurden die drei jeweils 15 Zuhörer umfassenden Gruppen von Christoph Zürrer von der Museumskommission sowie Christina Peege, einer Mitarbeiterin des Museums. Namhafte Solisten der Glarner Musikschule oder im Glarnerland verwurzelte Künstler traten einzeln oder in Formationen auf.

Rittersaal und Stube


Jeder Raum wurde seinem intimen oder festlichen Charakter entsprechend von den Musikern mit Leben erfüllt. Der Gitarrist Sebastian Storm stimmte das Publikum in der kleinen Wohnstube mit zwei subtil und meditativ gespielten Werken des spanischen Komponisten Fernando Sor auf den Rundgang ein. Der Rittersaal bot dem Klavier-Duo Vilma und Daniel Zbinden einerseits und andererseits der Mezzosopranistin Michaela Unsinn mit Kristine Sutidze am Klavier einen prächtigen architektonischen und akustischen Rahmen. Zbindens brillierten mit Kompositionen Franz Schuberts, Unsinn begeisterte mit ihrer nuancenreichen Stimme, mit der sie die klangliche Vielschichtigkeit der Lieder von Carl Friedrich Zelter und Robert Schumann erlebbar machte.

Flirt mit Flöte


Virtuos war der Auftritt des Bläsertrios Katharina Brunner (Flöte), Roberto Cuervo Alvarez (Oboe) und Gion Andrea Casanova (Fagott) im engen Bachmannzimmer. Sie begeisterten mit einem Werk von Franz Danzi sowie mit dem wohl berühmtesten musikalischen «Flirt» der Musikgeschichte, den Variationen über «Là ci darem la mano» von Ludwig van Beethoven (nach einem Duett aus der Oper Don Giovanni von Wolfgang Amadeus Mozart).

Quartett neben Ehebett


Im Schlafzimmer überraschte das Quartett Notabene – Marianne Schönbächler (Violine), Peter Ferndriger (Violine), Swantje Kammerecker (Viola), Andreas Kammerecker (Violoncello) mit einer Trouvaille: Sie trugen aus dem Streichquartett «Die schöne Müllerin» des heute kaum noch gespielten Joachim Raff aus Lachen SZ drei Sätze vor. Den Schluss der musikalischen Romanze musste man sich denken – doch der letzte Satz mit dem Titel «Zum Polterabend», verweise auf einen guten Ausgang, so Schönbächler, mit Fingerzeig auf das Himmel- und Ehebett aus dem 16. Jahrhundert. Das Publikum genoss die charmante Vorstellung sichtlich; manche hätten wohl gerne noch länger den Klängen und Erklärungen gelauscht.