Bayern und Allgäu – vergnügliche Bekanntschaften dank Maxi Schafroth

Dass man München und das Allgäu auf derart ungewohnte Weise kennenlernen konnte, war unlängst dem Kabarettisten Maxi Schafroth und dessen Begleiter Markus Schalk zu verdanken. Auf Einladung der Organisatoren des Dritten Programms der Kulturgesellschaft Glarus weilten die beiden Wort- und Musikkkünstler im «Schwert» Näfels.



Kabarettisten Maxi Schafroth und dessen Begleiter Markus Schalk. (Bilder: p.meier)
Kabarettisten Maxi Schafroth und dessen Begleiter Markus Schalk. (Bilder: p.meier)

Das Kommen hatte niemand zu bereuen. Die Saisoneröffnung dieser Veranstaltungsreihe war beglückend, kurzweilig, herzliche, tiefschürfende und alles andere als ernsthafte Einblicke in bayerisches Gehabe gestattend.

Maxi Schafroth ist eine Verquickung von mannigfachen Talenten. Munterkeit, blitzgescheites Beobachten und Analysieren, Wortkaskaden erster Güte – es könnte punkto Intensität nicht manche Lawine ab schroffsten Alpgebiet mithalten. Verweilen in der Natur, auf dem Bauernhof, in Lounges, in Bankgebäuden und Schulungsräumen, Mitverfolgen dramatischer Seminare, Bekanntschaften mit Düften aller Art, Konfrontationen mit Schafroths Eltern und Nachbarn, Erlebnisse während der Grundschule, Protestsongs, tiefschürfende Einblicke in bayrische Kulinarik samt Zubereiten der jeweiligen Speise, genussreiche, zuweilen aus dem Ruder laufende Traktorfahrten, Einkaufsvergnügen, Wandern samt unerwarteten Folgen für Touristen und deren Kinder – die überbordende Fülle an Informationen drohte einen zu erschlagen. Für stets Neues raffte man sich innerlich gerne wieder auf – über mehr als zwei Stunden hinweg. Schafroth ist ein gewiefter «Hansdampf in allen Gassen». Was generell gefällt: Viele und vieles nimmt er auf die Schippe ohne je verletzend oder primitiv zu werden.

Er ist intelligent, rotzfrech, hochkarätiger Unterhalter, Geniesser, Animationskünstler, Sänger mit Hang zu Soul, der kurzzeitigen Gemütlichkeit nicht abgeneigt. Das genussreiche Zuhören erfordert ein nicht unerhebliches Mass an Konzentrationsvermögen, Hinwendung zu Munterkeiten, Gabe zu blitzschnellem Kombinieren, Bereitschaft zu hingebungsvollem Geniessen, Eintauchen in leicht fremde Kulturen, die doch so nahe und damit zuweilen vertraut sind.

Maxi Schafroth ist ein Wortartist der Sonderklasse, einem ganz kleinen Dörfchen mit Namen Gumpratsried bei Eggisried im nahen Allgäu entstammend. Sein brillant auf der Gitarre begleitender Markus Schalk kommt aus dem genau gleichen Örtchen mit seinen 78 Einwohnern. Die zwei berühmtesten Vertreter standen auf der kleinen Bühne in Näfels.

Schafroth sauste zuerst solo auf die Bühne, begrüsste im Namen der bayerischen Staatsregierung und los gings auf der mit Ereignissen gespickten Überholspur. So ungefähr alle 20 Sekunden ergab sich eine neue Situation für den zu Recht bekannten einstigen Bauernsohn und Bankkaufmann mit kurzer Karriere. So war denn beispielsweise zu erfahren, wie Eusebius, der Wirbellose, und Therese, die Quirlige, für Bayerns Geschichte einst bedeutsam waren. Deren zehn Söhne waren Urbayern.

Mit extrem vokallastiger Sprache. Schafroth zeigte ansatzweise auf, weshalb man in Bayern Protestzüge und Demos nicht kennt. Da werde sofort Bier in Masskrügen ausgeschenkt – er erinnerte an das Oktoberfest als anschauliches Beispiel. Weniger Begüterte leeren Sprudel in sich hinein, der Komet – Sprudel sei legendär. Ein gewaltig grosses Kapitel war den Touristen gewidmet. Sie kommen in dicken Daunenjacken, Michelin-Männchen nicht unähnlich und nähern sich in riesigen Geländewagen. Bewegen tun sich alle mithilfe der legendären Wanderstöcke. Sind die nicht dabei, kommt es zu katastrophalen Stürzen, denen berggewohnte Kühe blitzschnell auszuweichen pflegen. Die Daunenjacken haben eine Vielzahl von Reissverschlüssen, damit man sich je nach Saison und Witterung anpassen kann. Touristen und deren Kinder sehen, wie im Allgäu einfach alles verbrannt wird, aber das ist Kultur und deshalb akzeptiert. Und begegnet man einer drei- statt vierbeinigen Katze, ist das die Schuld eines unachtsamen Bauern, dem die Katze bei der Bestellung des jeweiligen Ackers trotzdem mithilft.

Jene Fremden, die in Leinenanzügen das Land oder die Stadt durchschreiten, sind spürbar anthroposophisch unterwegs, mit vergeistigtem Blick nach Irgendwo und der Suche nach dem Irgendwie. Gerade sie und andere arbeiten zuweilen in gehobeneren Positionen, wo sie sich mit Alltäglichem, Belastendem zu befassen haben, körperlich und geistig zuweilen Schaden nehmen. Exponenten erfahren, dass Marketing die aufrichtige Art von Lügen ist.

Stets hatte Schafroth Beispiele zu seinen Thesen. Das galt auch für seine Ausführungen zur zelebrierten biologischen Molekularküche, zur Zubereitung von Nationalgerichten wie Spätzle. Wohl legendär müssen Schafroths Seminare für Helicoptering Parents oder das Verweilen in Resozialisierungszentren (auschliesslich für aussteigende Banker gedacht) ablaufen. Man glaubte ihm sofort, dass es sich um seine Herzensprojekte handelte.

Und so ging es in munterem Wechsel weiter, über die Traktorkenntnisse von Siebenjährigen, markigen Sprüchen am Stammtisch, Experiment über Ineffizienz, Fahrt in die Ferien, Durchqueren des Veloparcours, situationsgerechtem Verhalten in der Grundschule – dank Protestkollege Hirsi mit ungeahnten Folgen und riesig guten Zugaben, in denen der Bauer sich flehend zum Wettergott wendet und mit Soul und Herzschmerz erfragt, ob er nun Mähen soll oder eben nicht. Hätte er doch seine Frau konsultiert – sie als anerkanntes Mäh-Orakel im Allgäu. Und so endete ein Begegnen, das wechselreicher nicht hätte sein können, für Stänkerer und ewig Griesgrämige absolut ungeeignet ist und es wohl auch sein wird.