BDP - die neue schweizerische Partei

Eine neue und innovativ Partei mit altbewährten liberalen Werthaltungen und einer lösungsorientierten Sachpolitik“ - so steht es im Programm der Glarner BDP - ist am Samstag im Soldenhoffsaal der Glarner Landesbibliothek gegründet worden: Die Bürgerlich-Demokratische Partei Schweiz.



Da gehts lang: Bündesrätin Eveline Widmer-Schlumpf im Gespräch mit den neuen Parteipräsidenten Hans Grunder (Bild: ehuber) Landrat Martin Landolt im Gespräch mit Bundesrat Samuel Schmid (Bild: ehuber) Die Spannung nach der Gründung- sversammlung der BDP war sichtlich entspannt. Bündesrätin Eveline Widmer-Schlumpf unterhält sich mit Landrat Karl Mächler (Bild: ehuber)
Da gehts lang: Bündesrätin Eveline Widmer-Schlumpf im Gespräch mit den neuen Parteipräsidenten Hans Grunder (Bild: ehuber) Landrat Martin Landolt im Gespräch mit Bundesrat Samuel Schmid (Bild: ehuber) Die Spannung nach der Gründung- sversammlung der BDP war sichtlich entspannt. Bündesrätin Eveline Widmer-Schlumpf unterhält sich mit Landrat Karl Mächler (Bild: ehuber)

An die Abkürzung BDP haben wir uns bereits gewöhnt, denn die neue Partei ist ja in aller Mund, seitdem vor ein paar Monaten SVP-Mitglieder genug vom personenorientierten Kurs ihrer Partei bekommen hatten und eine neue Formation erstrebten, um einer sachorientierten Politik zum Durchbruch zu verhelfen.

Grosser Einsatz für die Gründung

Der BDP Schweiz gehören vorläufig die Kantonalparteien von Graubünden, wo die SVP ja von der schweizerischen Partei ausgeschlossen worden war, Glarus (gegründet am 28. August) und Bern an. Die Gründung der Aargauer und der Thurgauer Sektion erfolgt noch diesen Monat.

Vor allem die bereits besonders mitgliederstarke Berner Partei hat innert weniger Wochen die Gründung vorbereitet, z.B. Statuten, ein bereits ausführliches Parteiprogramm und sogar ein Budget vorbereitet. Und die Delegierten, die nach Glarus zur Gründungsversammlung eingeladen wurden, hatten diese Papiere im Voraus bekommen und sie bereits so gut studiert, dass sie darüber im Soldenhoffsaal kaum mehr diskutieren mussten. Der Saal war übrigens übervoll, denn neben den Delegierten kamen noch Gäste sowie ein grosse Zahl von Medienleuten hinzu, die ein Blitzlichtgewitter veranstalteten, speziell wegen der Bundesratsmitglieder Eveline Widmer-Schlumpf und Samuel Schmid (der sich auf keine höfliche oder auch unhöfliche Frage zu seinem Verbleiben im Bundesrat einliess). Wann waren zu letzten Mal gleich zwei Mitglieder der Landesregierung gleichzeitig im Glarnerland?

Speditiv

Überhaupt verlief die Gründungsversammlung unter der Leitung des Berner Ständerates Werner Luginbühl sehr speditiv. Der Glarner kantonale Parteipräsident Landrat Martin Landolt, Näfels, begrüsste: Es wie eine besondere Freude für die Glarner, Gastgeber der Gründungsversammlung zu sein; die Partei sei ja eine Innovation, und die Glarner - mit Verweis auf das Drei-Gemeinden-Modell - liebten die Innovation. (Der Auftrag an Alexander Soldenhoff, die damalige Aula der frühern Höhern Stadtschule und heutigen Landesbibliothek in expressionistischem Stil zu schmücken, war 1917 ebenfalls innovativem Geist entsprungen. J.E.).


Martin Landolt in der Geschäftsleitung

Nach der diskussionslosen und einstimmigen Genehmigung der Statuten durch die 92 Delegierten wurde der Berner Nationalrat Hans Grunder zum ersten Parteipräsidenten gewählt, Barbara Janom, Nachfolgerin von Eveline Widmer-Schlumpf in der Bündner Regierung, zur Vizepräsidentin. Als Mitglieder der Geschäftsleitung beliebten die Vorsitzenden der Kantonalparteien, Martin Landolt (Glarus), Marcus Hasler (Graubünden) und Beatrice Simon (Bern); sie alle gehören ihren respektiven kantonalen Parlamenten an.

Dem Parteivorstand gehören weiter an die Bundesratsmitglieder Schmid und Widmer-Schlumpf, die Mitglieder des Nationalrates Brigitta Gadient und Hansjörg Hassler (beide Graubünden), Ursula Haller und Ständerat Werner Luginbühl (beide Bern), ferner die Regierungsräte Röbi Marti (Glarus), Urs Gasche (Bern) und Hansjörg Trachsel (Graubünden) sowie Lorenz Hess (Stettlen BE), Leiter der Geschäftsstelle.

„Es braucht den Sonderfall BDP“

Nach seiner Wahl erklärt Präsident Hans Grunder, er habe grossen Respekt vor dem Amt; er werde sein Bestes geben. Es brauche den „Sonderfall BDP“ in unserer Schweiz, denn die BDP fülle eine Marktlücke: Im Kanton Bern gehören der BDP nämlich nicht bloss übergetretene SVP-Mitglieder an, sondern auch viele Leute, die überhaupt erstmals den Weg in eine Partei gefunden haben und offensichtlich in der BDP erstmals eine politische „Heimat“ finden.


Parteiprogramm genehmigt

Das ausführliche Parteiprogramm wurde gutgeheissen.

Grunder griff sodann aktuelle Fragen auf. Die soziale Sicherung müsse gewährleistet sein, denn sie ist durch die Finanzmarktkrise gefährdet. Der Bundesrat habe unter der Leitung „unserer Krisenmanagerin“ Bundesrätin Widmer-Schlumpf überlegt gehandelt (grosser Applaus). Das Aktienrecht sei, auch im Zusammenhang mit der Abzocker Initiative, zu überarbeiten. Die Banken müssten die risikoreichen Geschäfte bremsen, um volkswirtschaftliche Risiken zu verhindern. Das Bonus-System sei transparent zu machen.

Grunder wandte sich auch gegen die Bindung von Krediten für die Sicherheit (lies Armee) an Personen. Mit der Ablehnung von Militärkrediten könnte es zu gröblichen Unterlassungen kommen. Die Armee könne nicht als Geisel gegen Bundesrat Schmid genommen werden (grosser Applaus). Grunder bekannte sich auch zu den bilateralen Verträgen.

Schwerpunkte

Das Parteiprogramm ist das eine, das Aktionsprogramm etwas Aktuelles.

Nationalrat Hassler erläuterte die Wirtschaftspolitik der BDP, die der freien Marktwirtschaft verpflicht ist: Die KMU sollten administrativ und steuerlich entlastet werden. Die BDP ist für die Zulassung von Parallelimporten; für die Pharmaprodukte dürfen keine Ausnahmen gemacht werden; Hassler begrüsste auch das Cassis-de-Dijon-Prinzip.

Für eine verantwortungsbewusste Energie- und Klimapolitik setzte sich Brigitta Gadient ein. Dazu gehört auch der Technologietransfer. Die BDP unterstützt alle Bemühungen für die Erhöhung der Energieeffizienz. Die Wasserkraftnutzung müsse das Rückgrat der inländischen Stromversorgung bilden; die Wasserzinsen wären zu erhöhen. Kernkraftwerke wären aber weiterhin nötig.

Ursula Haller befasste sich mit der Familien- und Bildungspolitik. Die Rahmenbedingungen für die (unterschiedlichsten) Familienformen müssten weiter verbessert werden. Die Rednerin sprach sich für das HarmoS-Konkordat aus, ebenso für die Förderung des Sprachunterrichts.

Abstimmungsparolen

Für die Volksabstimmung vom 30. November gab die Versammlung folgende Parolen heraus, wobei sie sich viermal an die Vorschläge des Gründungskomitees hielt, das die bereits gefassten Parolen der Berner und Bündner Kantonalpartei zur Richtschnur genommen hatte:

- Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten: Nein.

- Flexibles AHV-Alter: Nein.

- Abschaffung des Verbandsbeschwerderechts: Ja.

Betäubungsmittelgesetz: Ja

Hanf-initiative: Nein

Zur Hanf-Initiative war auf Grund der Stimmfreigabe Berns (aber eines Neins in Graubünden) freilich Stimmfreigabe beantragt worden. Ein Delegierter opponierte und verlangte eine Abstimmung zwischen Freigabe und Nein. Mit 43 zu 41 kam eine knappe Nein-Mehrheit heraus, doch verlangte dann ein anderer Delegierter, „sauber“ zwischen Ja und Nein ausmarchen. Und da obsiegte mit 51 gegen 25 die Nein-Parole klar.

Grussworte aus dem Bundesrat

Bundesrat Samuel Schmid hatte zu Beginn der Verhandlungen Grussworte an seine Parteifreunde gerichtet. Er sei stolz, an der Gründungsversammlung teilnehmen zu können. An die bürgerlich-liberale BDP würden viele Erwartungen gestellt. „ Mittelstand“ sei eine Lebensauffassung, die den Dialog mit den verschiedenen Meinungsträgern in unserem Land suche und wertkonservative Auffassungen durchzusetzen versuche. Die BDP bleibe korrekt im Ton, aber hart in der Sache.

Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf hatte das (humorvolle) Schlusswort. Sie dankte Hans Grunder, dem „Vater“ der neuen Partei. Der Erfolg habe bekanntlich viel Väter, der Misserfolg dann meistens nur eine Mutter…Die BDP sei ein Einzelkind, der Kameraden finden müsse; sie sei nicht rüpelhaft, sondern von Respekt und Toleranz für andere erfüllt. Es gehe um die klare und konsequente Vertretung der BDP-Anliegen. Und eine klare Linie müsse die BDP zu den EU-Verträgen einnehmen; die Gegner spielten nicht mit offenen Karten, wenn sie sagen, der Freizügigkeitsvertrag wäre bei einem Nein neu verhandelbar. Das ist nicht der Fall; wir würden alle Abmachungen mit der EU verlieren.

Beide Grussworte ernteten grossen, warmen, Applaus.

Nach zwei Stunden war der Gründungsparteitag fristgerecht beendet. Man begab sich zum Apéro ins Foyer der Landesbibliothek. Die vielen Zigerbrütli - in verschiedenen Varianten - waren im Nu weg. Die Spezialtität aus dem Glarnerland fand wie gewohnt reissenden Absatz.

www.bdp.inf und www.bdp.tv