Begegnungen – ab Schweiz bis Kanada

Die gastgebende Kulturbuchhandlung Wortreich in Glarus lud kürzlich zu einer doch besonderen Buchvernissage ein. Neben dem Kennenlernen zahlreicher Begegnungen zwischen der Verfasserin Priska Sommerhalder, heute in Luchsingen wohnhaft, und den von ihr einfühlend geschilderten Lebensweisen der sehr konservativen Gemeinschaft der Old-Order-Mennoniten wurde man musikalisch von Martin Nesnidal (Gitarre) und Brigitta Unternährer (Bratsche) verwöhnt, bevor zum Abschluss der gut besuchten Veranstaltung ein reichhaltiges, liebevoll zusammengestelltes Buffet eröffnet wurde.



Begegnungen – ab Schweiz bis Kanada

Die erfreulich zahlreichen Besucherinnen und Besucher kamen aus verschiedensten Teilen der Schweiz angereist – ein doch untrügliches Zeichen, das dieser Veranstaltung entgegengebracht wurde. Beim Betreten der gemütlich eingerichteten Buchhandlung fielen die zahlreichen, in sorgsamer Kleinarbeit entstandenen farbenreichen Quilts und die heute noch getragenen Kleider der Glaubens-und Lebensgemeinschaft in den USA und im Süden von Kanada auf.

Die Quilts trugen Namen wie Colorado und Broken Star, Nine Patch, Country Bride oder Birds in the Air. Die musikalische Einstimmung bestand aus behutsam ausgespielten alten irischen Volksweisen. Christa Pellicciotta begrüsste alle gleichermassen herzlich. Sie wies auf kommende Veranstaltungen hin; wissend, dass die vielfältigen kulturellen Begegnungen im Wortreich auf immer grösseres Interesse stossen. Die Buchautorin stammt aus dem Thurgauischen. Sie wanderte mit der Familie um 2004 nach Kanada aus, wo ein grosses landwirtschaftliches Gut erworben und bewirtschaftet wurde. In dieser Zeitspanne bis ungefähr 2007 – lernten Priska Sommerhalder und ihre Familie die Gemeinschaft der Old- Order-Mennoniten in Waterloo County, Ontario kennen und schätzen. Es wuchsen tiefe Freundschaften, die den Zugang zu dieser streng gläubigen Gemeinschaft und damit verbundene Auseinandersetzungen mit einer uns eher fremden Glaubensform gestatteten.

In einem kurzen geschichtlichen Exkurs wies Sommerhalder auf die Entstehung im Jahre 1517 hin. Während der damaligen Reformation entstanden einige Glaubensgemeinschaften. Die Mennoniten, ursprünglich grösstenteils in der Schweiz lebend, überstanden Anfeindungen, Verfolgungen und Verurteilungen derart, dass sie heute noch existieren, sich aber in verschiedene Gruppierungen aufgesplittert und voneinander getrennt haben. Die Old-Order-Mennoniten leben in ihrer Auslegung die Bibel als absolute Priorität. Sie sind streng hierarchisch gegliedert. Bischof, Pfarrer und Ältestenrat stehen an oberster Stelle. Die geringsten Rechte geniessen die unverheirateten jungen Frauen. Die Mennoniten sind absolute Pazifisten, sie verpflichten sich ausschliesslich Gott und sind gewillt, dauernd auf Annehmlichkeiten unseres Lebens zu verzichten. Sie galten und gelten als Querdenker mit staatsfeindlicher Einstellung. Das führte zu massiven Anfeindungen und den Weg ins Exil, die Flucht nach Übersee – dies ab ungefähr 1683. Um 1800 wurden Pennsylvania und weitere Gebiete besiedelt. Aus Abspaltungen wuchsen die Bewegungen der Hutterer, Amischen und neugläubigen Mennoniten, die eine andere Auslegung der Bibel leben. Heute werden etwa 1,7 Millionen Menschen den Mennoniten zugeordnet.

Mit dem Anlesen verschiedener Kapitel vermochte Priska Sommerhalder interessierende Bezüge zum gesamten Inhalt des Buches zu schaffen, damit zu kanadischen Landschaften, deren Bewohner, schwergewichtig zur Gemeinschaft der Mennoniten, deren Umgangssprache, die mit unserem Dialekt einige Gemeinsamkeiten hat, zur Handwerkskunst, Arbeit der Frauen und Männer, Leben und Sterben, Ausgrenzungen bei Nichteinhalten der starren Vorschriften. Mit ihren Schilderungen ist Priska Sommerhalder ganz nahe bei den Leuten und deren Probleme.

Fragen gab es am Schluss der Lesung gar viele zu beantworten, vieles sei aber auch im Buch nachzulesen – so die verständlich verkaufstüchtige Autorin. Priska Sommerhalder erwähnte in ihrem Ausführen das Quilten, das gegenseitige Helfen, den starken Gemeinschaftssinn, der aber nach Ausschlüssen aus der Gemeinschaft abrupt bricht; den oft spürbaren grossen Fatalismus, das bewusste Abgrenzen gegenüber Neuzeitlichem, Kulturkonflikte. Sie hat sich das tiefe Vertrauen der Glaubensgemeinschaft durch behutsames Hineinleben und Erfragen gewonnen, sonst wäre dieses Buch nie entstanden.

Beim gastfreundlich offerierten Apéro oder dem Signieren der Bücher entwickelte sich ein reger, interessanter Gedankenaustausch. Es wäre in Erfahrung zu bringen, was die so beschriebenen Mennoniten über den entstandenen Inhalt denken, ist doch viel Persönliches in dieses Beschreiben eingeflossen.