Bettagsmandat 2022

Besinnung auf die eigenen Kräfte.



Bettagsmandat 2022 (Archivbild: e.huber)
Bettagsmandat 2022 (Archivbild: e.huber)

Nach zwei Pandemiejahren hatte das Corona-Virus Anfang Jahr seinen Schrecken weitgehend verloren. Die Wirtschaft brummte. Man freute sich wieder auf ein «normales» Jahr. Doch diese Zuversicht wurde jäh durch den Einmarsch von russischen Truppen in die Ukraine gestoppt. Der Krieg ist wieder in Europa angekommen.

Nahrungsmittel und Energie verteuern sich massiv: Gibt es im nächsten Winter genügend Gas, Strom und Brot? Die Börse ist eingebrochen, die Inflation ist zurück, die Zinsen steigen.

Auch wenn die ganze Welt wieder einmal auf dem falschen Fuss erwischt wurde, so sind die Schweiz und der Kanton Glarus in einer komfortableren Lage als die meisten anderen Länder. Unsere Gemeinschaft kann grosse Herausforderungen meistern. Notwendig ist jedoch eine vermehrte Rückbesinnung auf eigene Fähigkeiten und Ressourcen. Sparen und schonender Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nützen allein noch nichts. Jetzt sind neue Wege zu finden und auch zu gehen.

Im Tohuwabohu Besinnung auf die eigenen Kräfte

Veränderung und Vielfalt gehören seit den Anfängen der Kirche zu deren Essenz. Die Kirche setzt sich karitativ ein. Zahlreiche Erneuerungsbewegungen setzen hier an, um kreative Lösungen zu formulieren und politische Entscheidungsträger zu beraten.

Gefragt dabei ist Infrastruktur für Innovation, die nicht auf Profitabilität, sondern auf Kooperation und Solidarität beruht. Der Anfang wahrer Erneuerung kommt nicht selten von unten, von Bürgern, von Gesellschaften, von Nachbarschaften. «Gott umarmt uns durch die Wirklichkeit», lautet ein zartes geistliches Wort. Der Bettag erinnert daran, die Wirklichkeit im Privaten, im Beruf und in der Öffentlichkeit zu umarmen – und sich von ihr umarmen zu lassen, auch wenn sie rau und abstossend ist.

Wandel wirklich wollen

Die einzige Konstante in Welt, Gesellschaft und Kirche ist der Wandel. Im Gegensatz zur Angst, dass mit jeder Neuerung die bekannte Ordnung zusammenbricht, stellt der Geist der Kreativität fest, dass Veränderung etwas Gutes sein kann. Mit Flexibilität, gutem Willen und im Miteinander ist viel mehr möglich, als der Einzelne zu denken bereit ist. Alles, was wachsen will, braucht Zeit und die Bereitschaft, sich weiterentwickeln zu wollen.

Jeder Mensch verfügt über Fähigkeiten, Befugnisse und eine Unverwechselbarkeit. Mit dieser einzigartigen Ausrüstung kann der Optimierungszwang einer Leistungsgesellschaft getrost abgelegt werden. Im Vertrauen darauf, dass es dem Wesen des Menschen entspricht, über sich hinauszuwachsen, wäre ein Paradigmenwechsel angezeigt: Vom «Was kann der andere für mich tun?» hin zu einem «Was kann ich für die anderen tun?». Gemeinsam kann es gelingen, aus jeder noch so starren Organisation einen lebendigen Organismus entstehen zu lassen. Jeder in seinem Bereich und dennoch alle miteinander.

Neue Bescheidenheit

Die ungewünschten Veränderungen der Welt dürfen uns nicht lähmen. Vielmehr sollen sie bewusst machen: Das Leben in einem so wunderbaren Land muss nachhaltig gesichert werden.

Der Megatrend Globalisierung zeigt neben seinem Lächeln auch immer wieder seine hässliche Fratze. Profitorientierung jedes einzelnen verstärken dies zusätzlich. Gesellschaft und Wirtschaft werden zunehmend verletzlicher. Der Globalisierungsprozess wird sich kaum rückgängig machen lassen, aber eine Orientierung an den eigenen Möglichkeiten vor Ort reduziert diese Abhängigkeiten und Verletzlichkeiten zumindest etwas.

Eine Grundhaltung, in deren Mittelpunkt eigenverantwortliches Handeln und Zufriedenheit mit dem eigenen Leben hier und jetzt stehen, würde helfen, eine von Begehrlichkeiten geprägte Neidkultur zu überwinden. Um die Zukunft meistern zu können, bedarf es der Veränderung. Zufriedenheit in einer neuen Bescheidenheit ist der Gradmesser des Erfolges, nicht nur am Bettag.