Beziehungskomödie im Wortreich Glarus

Die zahllosen Auseinandersetzungen in Paarbeziehungen sind wohl bei vielen Alltag; sind Grund für Gespräche, Vermutungen, Ehrlichkeit, Lügen und Notlügen, Ansätze von Heiterkeit, feinem Spott, Profilieren, Schönreden, Hilflosigkeit und Verbitterung. Sie können Mut für einen Neustart bedeuten, grosszügiges Vergessen zum Inhalt haben, in Resignation oder Überdruss münden – alles Fakten, die im Verlaufe des Theaterstücks «Alles ist gut» ein Auseinandersetzen mit erheiternden, aber auch echt tragischen Momenten zur Sprache kamen.



Beziehungskomödie im Wortreich Glarus

Patricia Pasquale und René Schnoz agierten im neuesten Stück von Stephan Mathys in einer Vermischung von Leidenschaft, Anklage, Freude, Verzweiflung, Rückblenden, Beschwören von einst gemeinsam Durchlebten, Einblicken ins Jetzt mit neuen und doch bekannten Familien- und beruflichen Strukturen, mit wiederum Belastendem, pingelig Aufgezähltem, Kleingeistigem. Was bringen Rollenspiele in solchen Momenten? Ist das die Form eines Aufarbeiten, die zu Änderungen, Besserem führt? Mit professionellem Geschick, der Fähigkeit zu raschen Wechseln – je nach angesprochener Problematik – wurde auf der kleinen Bühne agiert. Patricia Pasquale spielte die leidenschaftliche, fordernde, zuweilen detailversessene Julia, erfolgreiche Architektin, Mutter zweier Kinder und eines irgendwie spiessig scheinenden Ehemanns.

Wort- und gestenreich klagt sie an, wünscht Antworten auf unglaublich Vieles, reizt Inhalte aus, ist zuweilen die total Verzweifelte, Resignierte, klar Charakterisierende. Sie ist ein riesiges Bündel an Gefühlen, Erkenntnissen, die nicht immer Souveräne, Erfahrene. René Schnoz, als Paul, wirkt auf die Betrachtenden, Hinhörenden – im Wortreich war übrigens kaum mehr ein Sitzplatz frei – als einer, der sich mit zuweilen lockeren Sprüchen, Verletzendem, mit der Flucht in Unlust – wenn es zum Rollenspiele geht – aus der Affäre zieht. Er gibt sich als Lebemann, ist es aber nicht. Julia weiss sehr genau um seine Gefühle, um sein Denken und Handeln.

Schliesslich war man zwölf Jahre vor dem aktuellen Aufeinanderstossen eng liiert. Und gar nichts ist so gut, wie es der Titel des Stücks weismachen will. Paul deutet aus, dass er sich in seinen Gedanken alles schwarzmale, damit die Wirklichkeit heller scheine. Man spürt aus diesem kaum endenden Frage- und Antwortspiel heraus, dass für ihn die Kinder an erster Stelle stehen, dass er wegen alltäglichem Kleinkram leidet, ausrastet, sich empört oder wegbegibt. Aber Julia fordert Konkretes, wünscht Ehrlichkeit, deutliche Bekenntnisse. Hin und wieder tritt sie resolut auf, dann wieder ist sie die Verletzliche. Sie akzeptiert nicht, dass Paul scheinbar von keinen Problemen wisse, sich lustlos in Paarspiele mit drängendem Hinterfragen reinbegibt, jene oberflächliche Antworten gibt oder Feststellungen macht, die beim Publikum Lacher provozieren; wie beispielsweise die Bemerkung, dass Beziehungsgespräche in der Evolution gar nicht vorgesehen seien.

Alles dreht sich um Bekanntes aus dem einen oder andern realen Alltag: Fremdgehen, sorgloser Umgang mit Geld, Karrieredenken, Mist bauen und um Vergebung bitten, Kleinkariertes durchleben, Belastendes ausblenden, Unbequemem aus dem Weg gehen, mutige, ehrliche Stellungnahmen, Fälle einer längst notwendigen Entscheidung – die Liste liesse sich beliebig fortsetzen, mit weiteren Problemen in anderer Reihenfolge.

Mit verdientem, langem Applaus verabschiedete man sich vom Geschehen auf der Bühne, das intensiv, wechselvoll, stimmungsstark und mit professioneller Reife ausgespielt worden war.