Blick auf die Katastrophe durch Kinderaugen

Am letzten Samstag hatte das Erzähltheater «Die Steinflut», gespielt von Cornelia Montani im Beisein von Autor Franz Hohler, Uraufführung im Gemeindehaus Elm. Aus der Sicht des siebenjährigen Mädchens Katharina Disch schildert das Werk die letzten Tage vor dem Bergsturz von Elm, der sich vor genau 130 Jahren ereignete.



Cornelia Montani blickt in «Die Steinflut» als Katharina Disch auf den Bergsturz von Elm. (Bild: jhuber)
Cornelia Montani blickt in «Die Steinflut» als Katharina Disch auf den Bergsturz von Elm. (Bild: jhuber)

Es ist eigentlich ein freudiges Ereignis, welches die siebenjährige Katharina Disch und ihren vierjährigen Bruder am 9. September 1881 zu ihrer Grossmutter in die «Bleigen» bringt. Ihre Mutter erwartet ihr nächstes Kind und die jüngsten Geschwister sollen nicht im Weg stehen. Auf ihrem Weg zur Grossmutter hört sie immer wieder das Grollen und Rumpeln vom Landesplattenberg, Felsen stürzen ins Tal, auch dorthin, wo die Eltern einen Gasthof führen. Aus der Sicht des jungen Mädchens schildert «Die Steinflut» von Franz Hohler die letzten Tag vor dem Bergsturz von Elm. Die Katastrophe zerstörte einen grossen Teil des Dorfes und kostete zahlreichen Menschen das Leben. So auch fast der ganzen Familie von Katharina. Nachdem die Mutter ein kleines Mädchen zur Welt gebracht hat, macht sich die Grossmutter und weitere Verwandte, darunter auch der kleine Bruder von Katharina, auf den Weg ins Dorf und zur Familie. Katharina bleibt aus Angst auf dem Hof auf der «Bleigen» zurück. «Die Steinflut» ist dabei kein dokumentarischer Bericht über die Ereignisse vor und während der Katastrophe. Vielmehr schildert die Novelle von Hohler das Leben eines jungen Mädchens in einem Bergdorf im vorletzten Jahrhundert. Für viele Sachen ist Katharina nun zu alt, so bekommt sie kein Schleckzeug mehr, muss dafür überall anpacken. Über vieles wird das aufgeweckte Mädchen jedoch nicht aufgeklärt. Nur durch die Schilderungen am Essenstisch oder in der Wirtsstube kann sie sich ein Bild machen, wie die Elmer mit der sich ankündigenden Katastrophe auseinandersetzen. Unterschiedliche Ansichten prallen aufeinander. Das für die Katastrophe mitverantwortliche Schieferwerk ist für Hunderte Elmer Existenzgrundlage, die Schliessung selber wäre für sie fast eine gleichgrosse Katastrophe. Andere können nicht fliehen, weil sie sonst nichts haben. Oder wie die Familie von Katharina, weil die Mutter im Kindbett liegt.

Da sich der Bergsturz 2011 zum 130. Mal jährt, wurde die Novelle von Franz Hohler in ein Erzähltheater umgeformt und am letzten Samstag feierte es Uraufführung im Gemeindehaus Elm. Die Schauspielerin Cornelia Montani springt dabei virtuos von der Hauptfigur in die Nebenrollen und erweckt viele Szenen für den Zuschauer plastisch zum Leben. Eindrücklich wie sie als Katharina vom Küchenfenster aus die Katastrophe schildert, wie die Steinflut die Häuser unter sich mitreist und ihre Opfer nicht mehr frei gibt. Das Erzähltheater wird noch am Donnerstag, 29. September, und Freitag, 30. September, im Gemeindehaus aufgeführt. Anschliessend gastiert das Ensemble in ausgewählten Schweizer Städten.