Blues und Jolly Shoes Sisters

Was solche Begriffe miteinander zu tun hatten, wurde erst mit dem vergangenen Samstagabend und dem Betreten der Kulturbuchhandlung Wortreich in Glarus klar. Empfangen wurden alle gleichermassen freundlich.



Blues und Jolly Shoes Sisters

Die Kontrolle des Zertifikats samt erstem Gedankenaustausch und das Bezahlen des Tickets benötigte eine gewiss verständliche Zeitspanne, bevor es auf der bald Kultstatus einnehmenden kleinsten Bühne der wohl kleinsten Hauptstadt zahlreicher Länder so richtig losging, mit enorm Beseeltem, Leidenschaftlichem, Kraftvollem, mit Herzschmerz, Melodien und Texten, die von so vielem handelten, das auswärts abläuft, mit einer Lebensphilosophie zu tun hat, der man sich gerne hingibt, mitswingt, klatscht, sich riesig freut.

Und die «»Jolly Shoes» gehörten Laura Fedele und Veronica Sbergia. Das war ein unübersehbar hübsches Schuhwerk, tiefrot, mit kleinen Riemchen und Absätzen, die Stampfen und Knallen ohne Schaden überstanden. Und das war notwendig. Die beiden Besitzerinnen, so klangreich und weltengewandt, sich in den soulgebundenen Hauptsprachen gar elegant bewegend, schonten weder ihre eigenen Stimmen noch die bereits erwähnten Schuhe. Liedbezogen wussten nur Insider, wovon sich alles handelte – aber das war schon fast schönste Nebensache.

Mit viel Charme, grosser Ausstrahlung, inniger Kraft, willkommen wechselvoll, wahrlich toller gegenseitiger Abstimmung und viel Verständnis wurde beschworen, verdeutlicht, angehimmelt, dahinfabuliert, einhergeträumt, wuchtig klargestellt. An Gefühlen mangelte es gar nie. Die Soul-Erlebniswelt ist und bleibt grandios, spricht an, fasziniert. Und deren ganze Palette wurde kunstreich, innig, rundum gekonnt präsentiert. Das Klavier wurde bearbeitet, beinahe bis an die Grenzen ausgelotet. Es hielt klaglos aus, was verlangt wurde.

Dazu kam der Gesang. Den muss man gehört, die Mimik der Gestaltenden mitvollzogen haben. Und wer glaubt, Waschbrett und Soul hätten nichts miteinander zu tun, sieht sich arg getäuscht. Da braucht es noch eine Klingel, ein ganz kleines, keck montiertes Deckelchen und zwei Haarbürsten mit biegsamen Metallborsten – und sehr salopp ausgedrückt – geht dann die Post ab.

In der Jazzszene sind die beiden Frauen bekannt, geachtet. Sie sind vielseitig, enorm kenntnisreich, gestalten sehr bühnenwirksam – mit einem guten Schuss an Theatralik – aus. Sie geniessen spürbar mit, stecken mit ihrem Charme, ihrer beneidenswerten Professionalität und dem gestalterischen Reichtum alle gleichermassen an.

Und «alle» ist gleichbedeutend mit «ausverkauftem Haus». Im Wortreich war auch die letzte Sitzfläche belegt. Man spürte, dass sich alle mit dem Wiederaufleben von Kulturellem anstecken liessen, diesmal einem guten Virus, das es nicht zu bekämpfen gilt, das man in sich noch so gerne wirken lässt und ihm gerne Gastrecht gewährt. Laura Fedele und Veronica Sbergia erzählten von diesem Prozess, hoffend, dass Vergangenes zurückbleibt, sich nicht wieder unliebsam und so schmerzlich einschränkend breitmacht.

Und den munteren Mix aus Englisch, Italienisch und ein klein wenig Deutsch trug man gerne heim, hatte vielleicht noch eine CD in der Tasche, um Liveerlebnisse nochmals «in der guten Stube» aufklingen zu lassen, stets im Wissen, dass das nun wirklich zwei verschiedene Paar Schuhe sind.

Was alles in der weiten Welt des Souls steckt, wurde ansatzweise mit einer Grandezza hingesungen, die so fantastisch, gekonnt, wirblig, riesig gefühlvoll war. Man merkte bald einmal, wie weit dieser Bogen gespannt ist, spürte, dass die Fangemeinschaft dieser Kultur breit und weit ist – es auch bleiben wird. Auch wenn man Texte nur bruchstückweise aufnahm, spürte man die Form dieser Kultur in guter, direkter Weise, weilte in einer Welt, die in dieser konzertbezogenen Breite einfach schön, krisenfrei und riesig gut war.