Brand förderte die Einheit der Schweiz

Der Brand von Glarus war in vielen Aspekten ein einschneidendes Ereignis für den jungen Bundesstaat der Schweiz. Pünktlich zum 150-Jahr-Jubiläum präsentiert Walter Hauser in seinem Buch «Stadt in Flammen» einen umfassenden Überblick über die Katastrophe.



War es Brandstiftung? Indizien
War es Brandstiftung? Indizien

Am 10. Mai 1861 zerstörte ein gewaltiges Feuer rund zwei Drittel des Fleckens Glarus, die Hälfte der Einwohner wurde obdachlos und stand vor dem Nichts. Dieses schreckliche Ereignis jährt sich nun bereits zum 150. Mal. «Das Thema hat mich aus vielen Gründen fasziniert», erklärte Walter Hauser die Beweggründe zu seinem neuesten Buch «Stadt in Flammen». Gerade im symbolträchtigsten Platz des ganzen Kantons Glarus – auf dem Landsgemeindeplatz – nahm die Katastrophe ihren Anfang und mit der Familie vom Kriminalgerichtspräsidenten und Nationalrat Johannes Trümpi forderte die Katastrophe ein prominentes Opfer. Die Recherchen von Hauser zeigten aber auch auf, dass weit mehr Menschen an den Folgen des Feuers erlagen. «Vor allem Feuerwehrleute starben in den folgenden Tagen an den Auswirkungen einer Rauchvergiftung.»

War es Brandstiftung?

Auch weitere neue Informationen konnte Hauser mithilfe der Historikerin Nicole Billeter zutage fördern. «Vor allem über die Brandursache kursierten über Jahrzehnte nur Gerüchte.» Ein unsachgemäss verstautes Bügeleisen oder die Pfeife eines bekannten Alkoholikers waren die bekanntesten Gründe. «In den Akten wird beides jedoch mit keinem Wort erwähnt.» Hauser stiess dabei auf eine ganz andere Geschichte. In einem vom Vatikan durchgeführten Verhör 1867 gestand der junge Schweizer Söldner Heinrich August Engler zusammen mit seinem Kumpanen Ulrich Göldi, eine Scheune am bekannten Datum in Brand gesteckt zu haben. Der Kanton Glarus verzichtete jedoch auf eine Auslieferung. Ob die beiden wirklich am Brand beteiligt waren, lässt sich nicht abschliessend sagen. «Die Indizien und amtlichen Dokumente legen diesen Schluss jedoch nahe. Alles kann man jedoch nicht so einfach beantworten», meinte Hauser an der Präsentation seines Buches am letzten Mittwoch in der Aula der Kantonsschule Glarus.

Grenzenlose Hilfe

Keine Zweifel bestehen jedoch über die grosse Solidarität, welche das Ereignis in der Schweiz, aber auch weltweit auslöste. «Heute helfen wir den Opfern in Japan, damals erhielten wir von dort Hilfe.» Im Anschluss an die Katastrophe entstand die erste Hilfskette. «Schüler sammelten Maikäfer, Sträflinge spendeten Geld.» Das Ereignis prägte die ganze Schweiz und brachte die einzelnen Kantone und ihre Bevölkerung näher. Und dies erst kurz nach der Gründung des Bundesstaates 1848 und zu einer Zeit grösserer Konflikte.

Eine wahre Herkulesaufgabe war auch der anschliessende Wiederaufbau. Nur dank grosser Kompromisse und Opfer der Bevölkerung konnte die Stadt in gerade mal drei Jahren wieder aufgebaut werden. Auch viele demokratische Rechte wurden dabei ausser Kraft gesetzt. «Anders wäre der rasche Aufbau aber auch nicht möglich gewesen.» Beim Wiederaufbau übernahm der Kanton auch die Pionierrolle bei der Brandvorsorge und dem Feuerschutz.

Die Katastrophe von 1861 ist wegen vieler Aspekte faszinierend für die Nachwelt. Einen spannenden Einstieg in die Geschichte bietet nun Walter Hauser mit seinem Buch «Stadt in Flammen». «Wissen ist das eine, das Wissen spannend zu vermitteln, das andere.» Jeder Leser kann sich mit der Lektüre seine eigene Meinung bilden, ob dies Walter Hauser gelungen ist.