Buchvernissage im Wortreich

Circa 244 Knochen in der Katze, aber nicht für die Katze Katz – Ups von und mit Claudio Landolt und Marcel Moser.



Buchvernissage im Wortreich. (v.l.n.r.) Marcel Moser (Collagen), Gisela Feuz (SRF 2 Moderatorin) und Claudio Landolt (Texte) Bilder: p.meier)
Buchvernissage im Wortreich. (v.l.n.r.) Marcel Moser (Collagen), Gisela Feuz (SRF 2 Moderatorin) und Claudio Landolt (Texte) Bilder: p.meier)

In der Kulturbuchhandlung Wortreich zu Glarus wurden Samtiges, Kratziges, Verschmustes, kultivierte Wildheiten und Attraktives aus der Katzenwelt präsentiert.
Die Summe aller Begebenheiten, wie sie Claudio Landolt (Texte) und Marcel Moser (Collagen) erfassen und wiedergeben ist zwischen zwei Buchdeckeln mit spürbar samtigem Überzug eingebettet. Präsentiert wurde in der Kulturbuchhandlung «Wortreich» Glarus Ungewohntes, ungemein Reizvolles.

Zweibeiner liessen sich gerne und bereitwillig ins Reich der Vierbeiner entführen, auch ohne verschmustes Beisammensein oder bei länglichem, leicht stinkendem Braun im bepflanzten Land. Es waren keine Katzenseligkeiten hörbar, es waren Katzentatsachen in neuer Form. In die seriös erforschte Historie dieser Tierart wird der Inhalt kaum eingehen. Aber einnisten werden sich die Erkenntnisse in den Köpfen jener, die landoltsche sprachliche Fertigkeiten lieben, mit Spannung und neugierig unterwegs sind, die sich an Collagen zu erfreuen wissen.

Und was man über Seiten hinweg erfährt, hat es in sich, ist erfrischend neu, ungewohnt, zuweilen leicht exotisch, dann wieder so nah bei jedem Katzenfreund – mit Vertrautheit, die dieses Zusammenleben zuweilen in sich hat. Die Katze ist nicht einfach Hausfreund, liebevoll um die Beine der Besitzenden streichend – schnurrend und mit hoch erhobenem Schwanz, nicht bedingungslos drauflosschmusend.

Derartiges rückt Claudio Landolt schon mit seiner Vorgeschichte zurecht. Er schreibt von Scheinraubtieren, vom Zehengänger, vom ausgeprägten Muskelsystem und paläogener Eleganz. Und auf der praktisch gleichen Buchseite turnen und klettern Katzen, geniesserisch, mit leicht artistischer Eleganz.

Er stellt die Butterkatz, Halbmondblicke, Samtohren und andres vor. Die wechselvollen Texte sind auf einer alten Schreibmaschine entstanden und mit altvertrauter Schrift auch publiziert.

Mittels hundert Substantiven wendet sich der beneidenswert kreative Verfasser der Geburt zu, bezieht wenige Seiten später die schöne schlafende Tigerkatze mit ein. Er zeigt mit virtuoser Reichhaltigkeit auf, was Katzen beherrschen, was untrennbar zu ihnen gehört. Er ist der sorgsam Betrachtende, der reichhaltigst Schildernde. Vieles liege an uns, wenn wir sie nicht verstehen.

Und es erstaunt kaum, wenn Landolt Lendenwirbel, Fangzähne, grünorangekupferblaue Augen, Beckengürtel, Augenbrauenhaare und anderes zur organischen Komplettheit führt, Unfallgefahren und Katzenapotheke, Katzenträume einflicht, dies kunstvoll und sprachlich elegant. Wie sich eine Katze zu bewegen weiss, dies beispielsweise durch den täfrigen Nachtschopf oder den gekörnten Floor kommt andernorts vor.

 

Wie von Zauberhand wird man zu Stationen dieser Lebensformen geführt, man gewinnt neues Wissen, erfährt, wie grausam eine Katze dreinblicken, zuzuschlagen vermag.
Der landesweit sattsam bekannte Stammbaum wird zum Katzenbaum, man wird zur Himalaya-Katze, der schwanzlosen Manx-Katze, dem silbergestromten Perser oder Blauen Burmesin geführt, mit wenigen Erklärungen.

Und zwischendurch faszinieren Katzen in Collagen.

Man ist einbezogen, wenn man ungewohnt Neues liebt, sich dieser Form einer pfotigen, pelzigen Faszination bereitwillig hingibt.

Begonnen hat alles mit dem Besuch eines Brokis in Netstal. Claudio Landolt traf auf 25 Katzenbücher, schön sortiert, zum Mitnehmen geeignet. Damit wuchs diese Katzenidee, es kam zum zweiten Buch nach dem mit viel Auszeichnungen beachten Erstling, dem Vordreglärnisch – Bergporträt,
Gisela Feuz, SRF 2 – Moderatorin, war eine schwungvoll und munter agierende Fachfrau. Sie zeigte beispielsweise auf, dass es in unserem Lande stolze 1,8 Millionen Katzen habe und dass es am Abend im Wortreich – später im «Tunnel» (Holästei) mit Rezitationen, Live-Bildcollagen, Würfelspiel und Leseperformance weitergehe und dass somit die pelzigen Vierbeiner eindeutig im Mittelpunkt, also im Rampenlicht stünden.

Claudio Landolt zeigte Geschichtliches auf (Katze als Untier-Vernichter, Katze als verfluchtes, verurteiltes Tier im Mittelalter). Er wies darauf hin, dass er mit Katzen aufgewachsen sei. Er sprach unter anderem von diesen Katzenbuben. Marcel Moser, traf Katzen anlässlich seiner Spaziergänge und Velofahrten. Die Zusammenarbeit mit Claudio Landolt, war nicht immer gleichermassen intensiv. Er steuerte Bilder bei, fügte eine Katze zur andern, liess sie kletternd, liegend, fauchend, drohend, sanftmütig in seinen Collagen leben, liess sich von Claudio Landolts Texten inspirieren.

Man folgte den beiden mit gebührender Aufmerksamkeit, erahnte, wie alles entstanden ist, wie sich Texte und Bildteile fügten. Wie intensiv das Auseinandersetzen war.

Gisela Feuz flocht ein Rätselspiel ein, das auch höchsten Ansprüchen genügte. Es wurde, mithilfe eines Kindes, eine neue Katzenrasse erwürfelt. Das war ein sogenanntes «Katezen-Bingo». Es gab sogar Preise.
Claudio Landolt las, wies auf «Begleitmaterial» wie die Videos von Silvan Zweifel, T-Shirts, Lese-Performances, Filmsequenzen zum Buch, das Verlag «Der gesunde Menschenversand» erschienen ist.

Die in samtigem Einband enthaltenen Katz-Ups entstanden im Herbst / Winter 2021. Bestehendes, so ist es im Buch nachzulesen, sei umgearbeitet, neu gewichtet und aneinandergefügt worden. Hingewiesen wird damit auf «Formen von Überschiebungen, Unterstellungen, Auslassungen, Ballungen, Rhythmisierungen, Haikuisierungen oder Brechungen von Zitaten – et cetera». Es wird dann über den Sanften Gefährten die Geburt in 100 Substantiven, der Silent Dignity, die Katzenapotheke, den Katzenbaum, Unfallgefahren und anderes geschrieben.

Es ist bunt, wild, lesenswert, es ist Sprachmagie, Anleitung zu eigenen Sprach- und Bildkreationen. Es ist eine einzigartig eigenartige Besonderheit.