Budget 2021: Regierungsrat budgetiert Aufwandüberschuss

Das Budget 2021 des Kantons Glarus ist geprägt von der COVID-19-Pandemie und einem massiven Einnahmenrückgang aus dem Nationalen Finanzausgleich. Die Ausgaben wachsen zwar nur moderat, aber die in den vergangenen guten Jahren gebildeten Reserven vermögen die Defizite lediglich vorübergehend zu decken. Langfristig hat der Kanton ein finanzielles Problem.



Die Coronavirus–Pandemie und Mindereinnahmen beim Finanzausgleich wirken sich längerfristig auf die Finanzlage aus (• Foto: Gaetan Bally, Keystone)
Die Coronavirus–Pandemie und Mindereinnahmen beim Finanzausgleich wirken sich längerfristig auf die Finanzlage aus (• Foto: Gaetan Bally, Keystone)

Das Budget 2021 weist bei einem Aufwand von 393,8 Millionen Franken und einem Ertrag von 383,5 Millionen Franken einen Aufwandüberschuss von 10,3 Millionen Franken aus. Die Bruttoinvestitionen betragen 97,3 Millionen Franken. Die Selbstfinanzierung beläuft sich auf 1,1 Millionen Franken und der Finanzierungsfehlbetrag beträgt 84,5 Millionen Franken. Der Selbstfinanzierungsgrad liegt bei 1 Prozent.

Der Integrierte Aufgaben- und Finanzplan (IAFP) 2022–2025 prognostiziert Aufwandüberschüsse zwischen 12,6 Millionen Franken (2024) und 14,7 Millionen Franken (2025). Die Selbstfinanzierungsgrade liegen zwischen -5 (2023) und 6 Prozent (2024).

Budget 2021

Die gestufte Erfolgsrechnung weist ein operatives Ergebnis von -18,1 Millionen Franken aus. Es setzt sich aus dem Ergebnis aus betrieblicher Tätigkeit von -36,1 Millionen Franken und dem Ergebnis aus Finanzierung von 18,0 Millionen Franken zusammen. Zusammen mit dem ausserordentlichen Ergebnis von 7,8 Millionen Franken ergibt sich ein Gesamtergebnis von -10,3 Millionen Franken.

Die grössten erfolgswirksamen Veränderungen in der Erfolgsrechnung des Budgets 2021 im Vergleich zum Budget 2020:

Das Budget 2021 enthält 240 000 Franken für strukturelle Lohnanpassungen. Auf eine allgemeine (generelle oder individuelle) Lohnanpassung wird aufgrund der unsicheren finanziellen Aussichten verzichtet. Zudem muss der Kanton als Arbeitgeber höhere Beiträge für die Pensionskasse und die Krankentaggeldversicherung ausrichten. Der Stiftungsrat der Pensionskasse beschloss eine Reform der Altersvorsorge. Dies hat finanzielle Auswirkungen auf alle angeschlossenen Arbeitgeber. Insgesamt steigt der Personalaufwand gegenüber dem Budget 2020 um 2,4 Millionen Franken (3%).

Wesentliche Nettoinvestitionen im kommenden Jahr sind die Umwidmung von Finanz- in Verwaltungsvermögen aufgrund der (erwarteten) Wandlung der Anleihe Glarner Kantonalbank GLKB (32,9 Mio. Fr.), die Sanierung und Erweiterung der lintharena sgu (9,5 Mio. Fr.), der Unterhalt der Kantonsstrasse (7,8 Mio. Fr.), die Stichstrasse Näfels–Mollis (6 Mio. Fr.), das Projekt Futuro Sportbahnen Elm (6 Mio. Fr.), die Kantonale Notrufzentrale (KNZ; 2,5 Mio. Fr.), der Neubau auf dem Berufsschulareal (Bildungszentrum Gesundheit und Soziales BZGS; 2,1 Mio. Fr.), der Schutzwald (2,1 Mio. Fr.) sowie die Gründung einer Finanzinfra AG für touristische Kerninfrastrukturen (1,6 Mio. Fr.).

Integrierter Aufgaben- und Finanzplan 2022–2025

Der IAFP 2022–2025 zeigt durchgehend Gesamtergebnisse im negativen zweistelligen Millionenbereich. Insbesondere beim Ergebnis aus betrieblicher Tätigkeit wird über die ganze Planperiode mit Defiziten über 30 Millionen Franken gerechnet. Wichtige Kostentreiber sind der Personalaufwand (+2,5 Mio. Fr. von 2022 bis 2025) u. a. aufgrund aufsummierter Lohnerhöhungen, die Abschreibungen aufgrund der hohen Investitionstätigkeit (+2,6 Mio. Fr.) sowie der Transferaufwand (+6,9 Mio. Fr.) u. a. aufgrund steigender Beiträge an Prämienverbilligungen. Beim betrieblichen Ertrag wird v. a. mit einer Erholung bei den Steuererträgen gerechnet (+5,9 Mio. Fr.). Das Finanzergebnis zeigt sich mit rund 18–20 Millionen Franken relativ stabil. Das trifft auch auf das ausserordentliche Ergebnis zu, mit Ausnahme des Planjahres 2022, welches durch die geplante Entnahme aus den Steuerreserven für das sogenannte Paket für die Zukunft (s. unten) beeinflusst ist.

Folgen der COVID-19-Pandemie 

Das Jahr 2020 wird in die Geschichtsbücher eingehen. Die COVID-19-Pandemie stürzt die Welt in eine der grössten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Auswirkungen gehen weit über das gesellschaftliche Leben hinaus und machen sich auch im Budget und IAFP bemerkbar. Der historische Einbruch der Wirtschaftsleistung hat Einfluss auf Beschäftigung und Gewinne der Unternehmen. Die Einnahmen werden weniger reichlich fliessen als in der Vergangenheit. Dies betrifft alle öffentlichen Haushalte, vom Bund über die Kantone bis zu den Gemeinden. Die Budgets der meisten Kantone verhalten sich analog dem Budget des Kantons Glarus. Es wird mit Defiziten gerechnet, die weit über das Budgetjahr 2021 hinausgehen.

Weniger Einnahmen aus Finanzausgleich

Ein weiteres Problem ist der Nationale Finanzausgleich (NFA). Hier verzeichnet der Kanton ebenfalls einen massiven Rückgang der Einnahmen. Der Rückgang beträgt, um eine Grössenvorstellung zu bekommen, rund 10 Prozent der Einkommenssteuern der natürlichen Personen. Es gibt zwei Gründe zur Erklärung dieser massiven Mindereinnahmen. Einerseits hat die Bundesversammlung eine Anpassung im Finanzausgleichssystem vorgenommen, um die Geberkantone zu entlasten. Dies geht zulasten der Nehmerkantone wie Glarus, die aufgrund dieser Reform weniger erhalten. Andererseits hat sich der Kanton Glarus in Bezug auf den Ressourcenindex in den letzten Jahren gut entwickelt. Glarus hat Fortschritte gemacht, die über dem Niveau (des Durchschnitts) der anderen Kantone liegen. Man hat sozusagen die Früchte in der Vergangenheit geerntet und muss nun die Konsequenzen der reichlichen Ernte tragen. Die Aussichten sind wenig erfreulich. Das unabhängige Schweizer Wirtschaftsforschungsinstitut BAK Economics prognostiziert zusätzliche Ausfälle für den Kanton beim NFA, die Einnahmen werden sich weiter reduzieren. Glücklicherweise haben sich die Prognosen vom BAK Economics in der Vergangenheit nie bewahrheitet. In Anbetracht der Tatsache, dass oftmals die Budgetierung als zu pessimistisch kritisiert wurde, beruht der Finanzplan in dieser Hinsicht auf dem Prinzip der Hoffnung. Das Niveau der NFA-Einnahmen wird nicht reduziert, sondern in Abweichung der Prognosen von BAK Economics ausgehend vom Budgetjahr 2021 fortgeschrieben. Diese Abweichung ist vertretbar, sie ist jedoch auszuweisen und transparent darzustellen.

Der Kanton hat langfristig ein finanzielles Problem

Der Kanton hat also ein Einnahmeproblem. Er nimmt deutlich weniger ein als in der Vergangenheit. Die Ausgaben wachsen demgegenüber nur moderat. Eine Trendumkehr ist nicht erkennbar, es gibt eine Schere zwischen höheren Ausgaben und tieferen Einnahmen. Kurzfristig ist das kein Problem. Der Kanton hat in den guten Jahren genau für diesen Fall vorgesorgt und erhebliche Reserven gebildet. Die Strategie ermöglicht nun, die Defizite vorübergehend zu decken. Langfristig hat der Kanton aber ein finanzielles Problem. Der Finanzplan sieht hohe Fehlbeträge vor, die Reserven wären in absehbarer Zeit aufgebraucht. In diesem Fall hat der Kanton vier Optionen: erstens kann er eine Verschuldung in Kauf nehmen, zweitens kann er die Steuern erhöhen, drittens kann er ein Sparprogramm durchführen und viertens kann er ein bisschen von allem machen.

Staatliche Leistungen auf dem Prüfstand

Sollten sich die düsteren Prognosen bestätigen, wird der Regierungsrat in der nächsten Legislaturperiode die Notwendigkeit eines Sparprogrammes prüfen. Das Potenzial in der Effizienz ist ausgereizt, Landrat und Regierungsrat haben vor nicht allzu langer Zeit ein Effizienzprogramm (Effizienzanalyse «light») umgesetzt. Sparprogramm bedeutet deshalb, dass staatliche Leistungen überprüft und partiell gestrichen werden müssten.

Keine Steuersenkung

Der Regierungsrat hat mit dem hervorragenden Jahresabschluss 2019 eine Steuersenkung von 1 Prozentpunkt in Aussicht gestellt. In der Zwischenzeit hat sich die Lage komplett verändert. Die COVID-19-Pandemie führt wie dargelegt zum wohl grössten Wirtschaftseinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. Eine nachhaltige Finanzpolitik bedingt, dass der Fokus auf das Halten des jetzigen Steuerniveaus ausgerichtet werden muss, was eine Herausforderung darstellt. Eine Reduktion des Kantonssteuerfusses ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht angebracht. Das Budget 2021 sowie der IAFP beruhen auf dem heutigen Steuerfuss von 53 Prozent der einfachen Steuer. Eine Reduktion des Kantonssteuerfusses um einen Prozentpunkt würde das Budget 2021 und die Finanzpläne um zusätzlich rund 1,75 Millionen Franken verschlechtern. Eine nachhaltige Finanzpolitik bedeutet, dass jetzt auf Steuersenkungen verzichtet wird, um zukünftige Steuererhöhungen zu vermeiden. Hingegen sinkt der Bausteuerzuschlag von 1,5 Prozent auf 1,2 Prozent. Diese kleinere Steuersenkung ist kein Problem, da die entsprechend bausteuerfinanzierten Objekte abgeschrieben sind.

Für eine weitere Steuersenkung besteht auch keine unmittelbare Notwendigkeit. Der Kanton Glarus ist im Bereich der Einkommensbesteuerung sehr konkurrenzfähig. In den letzten 15 Jahren hat er sich vom Schlusslicht als einer der Kantone mit der höchsten steuerlichen Belastung im schweizerischen Vergleich in das vorderste Drittel aller Kantone hervorgearbeitet. Es gibt nur noch eine Handvoll Kantone, in denen das Steuerniveau noch tiefer ist. Die Gesamtsteuerbelastung ist in dieser Zeit um mindestens 15 Prozent, die Belastung durch kantonale Steuern sogar um mindestens 30 Prozent gesunken (s. Abbildung 2).

Von der Senkung der Steuerbelastung haben alle profitiert. Die folgende Zusammenstellung zeigt für verschiedene Steuersubjektive (Ledige ohne Kinder, Verheirate mit zwei Kindern, Verheiratete ohne Kinder) und verschiedene Einkommensklassen (60 000 Fr., 100 000 Fr. und 150 000 Fr.) exemplarisch auf, wie gross die Steuerrechnung im Jahr 2019 im Vergleich zum Jahr 2005 war.

Paket für die Zukunft

Der Regierungsrat hat in Zusammenhang mit dem Jahresabschluss ein «Paket für die Zukunft» angekündigt. Zukunftsträchtige Investitionen in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft, Digitalisierung und Soziales sollen gefördert werden, indem existierende Fonds mit mehr Kapital ausgestattet werden bzw. der Souverän die Fondseinlagen als Umwandlungen im Eigenkapital beschliesst. An dieser Zielsetzung hält der Regierungsrat fest. Das Legislaturprogramm sieht 18 Legislaturziele (LZ) mit insgesamt 39 Massnahmen vor. Die Erreichung dieser Ziele bzw. die Umsetzung der Massnahmen werden Ausgaben zur Folge haben. Diese sind zur Hauptsache aus der ordentlichen Jahresrechnung zu bestreiten und in der Finanzplanung 2021–2025 berücksichtigt. Sie sind mitunter auch ein Grund, weshalb die Ausgaben moderat ansteigen. Die düsteren Finanzprognosen erhöhen die Notwendigkeit, auf existierende Fonds zurückzugreifen in der Absicht, die zukünftigen Jahresrechnungen zu entlasten. Gewisse Fonds müssen dafür durch Beschluss der Landsgemeinde besser dotiert werden. Es sind die folgenden Fondseinlagen eingestellt, wobei dem Landrat zu einem späteren Zeitpunkt eine konkrete Vorlage unterbreitet wird.

Die Fondseinlagen im Umfang von insgesamt 10 Millionen Franken beeinflussen das Resultat der Erfolgsrechnung nicht, da diese durch eine Entnahme aus den Steuerreserven finanziert werden. Etwas schwieriger zu budgetieren sind die Fondsentnahmen. Sie können nur teilweise in der Finanzplanung Berücksichtigung finden. In verschiedenen Bereichen ist die Unsicherheit gross, wann und wie hoch genau die Fondsentnahmen ausfallen werden. Hinzu kommt, dass die Reserven durch Defizite aus der COVID-19-Pandemie in unbekannter Höhe belastet werden. Der Regierungsrat richtete im Zusammenhang mit dem Hilfspaket für die Wirtschaft einen kantonalen Fonds zur vorübergehenden Unterstützung von Selbstständigerwerbenden und von weiteren Personen zwecks Verhinderung eines Abgleitens in die Sozialhilfe ein und äufnete diesen mit 2,5 Millionen Franken aus den Steuerreserven. Zudem werden zinsgünstige Kreditverbürgungen an Unternehmen in Ergänzung zur Bundeslösung im aggregierten Umfang von maximal 10 Millionen Franken gewährt, die als Eventualverpflichtung auszuweisen sind. Der Landrat hat diesen Beschlüssen zugestimmt. Weitere Belastungen dürften folgen. So laufen auf Bundesebene Diskussionen zur Deckung von Verlusten durch Bund und Kantone bei Spitälern und im öffentlichem Verkehr.