Bundesgericht gibt grünes Licht für weitere Rechtshilfe

Das Bundesgericht hat die Übermittlung weiterer SUVA-Akten von Asbest-Opfern an die Turiner Staatsanwaltschaft zugelassen. Die SUVA befürchtet, durch die erneute Rechtshilfe selber ins Visier der italienischen Justiz zu geraten.



Akten nach Italien übermittelt: Hier laufen Ermittlungen gegen die Eternit AG (Bild: jhuber)
Akten nach Italien übermittelt: Hier laufen Ermittlungen gegen die Eternit AG (Bild: jhuber)

Die Turiner Staatsanwaltschaft hatte im August 2004 ein Nachtragsersuchen um Rechtshilfe zu ihren Ermittlungen wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung gestellt. Bei dem Verfahren geht es um italienische Arbeiter, die bei der Eternit AG in Niederurnen GL gearbeitet hatten und in Italien an Asbest-Tumoren gestorben waren.

Diagnosen von 196 Mitarbeitern

Im Rahmen des ursprünglichen Rechtshilfeersuchens von 2001 war die SUVA verpflichtet worden, Namen und 12 Dossiers italienischer Eternit-Arbeiter zu liefern, die in Italien verstorben waren. Im Januar 2006 ordnete das Glarner Verhöramt auf das Nachtragsersuchen hin dann die Herausgabe umfangreicher weiterer SUVA-Unterlagen an.

Dabei geht es um Listen mit Personendaten inklusive Diagnose zu sämtlichen 196 Mitarbeitern der Eternit-Werke Niederurnen GL oder Payerne VD, für die die SUVA im Zusammenhang mit Asbest ein Berufskrankheitsdossier eröffnet hat. 62 von ihnen erkrankten oder verstarben dann tatsächlich an einer asbestbedingten Krankheit.

Von der Rechtshilfe betroffen sind zudem 367 Aktenstücke zu den beiden Eternit-Werken. Das Bundesgericht hat die Beschwerden der SUVA und der Eternit AG nun abgewiesen. Die SUVA hatte argumentiert, das italienische Nachtragsersuchen stelle ein reines Ausforschungsbegehren dar, eine sogenannte "fishing expedition".

Keine Amtsgeheimnisverletzung

Laut dem Urteil geht es jedoch nicht darum, belastendes Material zur Begründung eines Tatverdachts zu beschaffen. Vielmehr bestehe bereits ein Tatverdacht. Die Unterlagen seien zudem geeignet und erforderlich, um weitere Opfer finden und das Verhalten der verantwortlichen Personen bei der Eternit AG beurteilen zu können. Entgegen der Auffassung der SUVA bestehe auch nicht die Gefahr, dass sich die SUVA-Verantwortlichen wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses schuldig machen könnten, da sie gemäss Unfallversicherungsgesetz zur Herausgabe der Dossiers befugt seien.

Beschwerde beim EJPD hängig Weiter hatte die SUVA die Befürchtung geäussert, die Turiner Ermittler würden letztlich darauf abzielen, die Tätigkeit der SUVA zu überprüfen. Dies sei jedoch einzige Sache des Bundesamtes für Gesundheit. Zudem sei es möglich, dass das Turiner Verfahren gegen SUVA-Mitarbeiter und damit gegen Bundesbeamte ausgedehnt werde.

Dies laufe dem schweizerischen ordre public und den Interessen der Schweiz zuwider. Ob das zutrifft, hat laut Bundesgericht das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) zu entscheiden. Dieses werde die entsprechende Beschwerde der SUVA nun prüfen. Der EJPD-Entscheid kann dann noch beim Bundesrat angefochten werden.

Bei der Eternit AG hat man gemäss Pressesprecher Markus Ruoss den Entscheid aus Lausanne "zur Kenntnis" genommen.

Ebenso bei der SUVA, wie deren Sprecher Erich Wiederkehr auf Anfrage mitteilte. Vor einer Übergabe der Akten gelte es nun, den Entscheid des EJPD abzuwarten.