Catalin Dorian Florescu las in Glarus

In der stadtglarnerischen Kulturbuchhandlung wortreich las Catalin Dorian Florescu unlängst aus seinem neuesten Roman «Feuerturm». Es kam Bedeutsames zusammen, was nicht nur für Florescu von hoher Bedeutung ist. Zu Ehren von Salman Rushdie zitierte er aus dessen Buch «Satanische Verse». Er folgte damit dem weltweiten Aufruf, nachhaltig auf die Meinungsfreiheit hinzuweisen. Es schlossen zwei Sätze aus seinem neuesten Werk an. Er deutete aus, wie wichtig für ihn dieser erste, kurze Teil stets ist. Sätze geben ihm so etwas wie die Stossrichtung des Schaffens vor.



Christa Pellicciotta stellt kurz den Autor Catalin Dorian Florescu vor (Bilder: Gabriele Pellicciotta)
Christa Pellicciotta stellt kurz den Autor Catalin Dorian Florescu vor (Bilder: Gabriele Pellicciotta)

Unablässig sucht er den Stoff für seine Bücher in osteuropäischen Kulturen. «Der blinde Masseur» oder «Zaira» gehören dazu. Das Werden dieser Inhalte zeigte Florescu beeindruckend auf. Er wies auf seine Kindheit hin. Als Folge einer ernsthaften Erkrankung war es ihm und seinem Vater möglich, Rumänien zu verlassen. Zuerst weilten beide in Rom, später in New York. Sein Vater hielt es dort nicht lange aus. Sie kehrten nach Rumänien zurück. Im Jahre 1982 flüchtete die Familie in die Schweiz. Florescu, 1967 im rumänischen Timisoara geboren, ist heute Schweizer Schriftsteller. Nach seiner Matura studierte er Psychologie und Psychopathologie.

Der Roman «Feuerturm» ergab sich beinahe ungeplant. Florescu reiste eigentlich wegen einer anderen Geschichte nach Rumänien. In Bukarest erblickte er diesen Feuerturm, der heute eher ein Verkehrshindernis und längst nicht mehr das höchste Gebäude ist. Es ist ein Symbol des Widerstands. Über drei Jahre hinweg recherchierte er. Es kam zu einer Vielzahl von Gesprächen, zu Persönlichem, Geschichtlichem und Gesellschaftlichem. So endete beispielsweise die Diktatur von Ceausescu im Dezember 1989 in Bukarest, unweit des Feuerturms. Der Aufstand von vorwiegend Jungen begann in Timisoara und breitete sich auf mehrere Städte aus. Es gab, darauf wird im «Feuerturm» mehrfach hingewiesen, viele Eroberungen durch verschiedenste Herrscher, verbunden mit sozialem Elend, kirchlicher Macht, Hungersnöten, gegenseitigem Helfen, Massenerkrankungen, Zerfall, Judenverfolgungen.  

Recherchiertes hat Florescu in packender Weise, mit starken Bildern, zusammengefügt. Er schildert einfühlend, mit hoher Intensität, Klarheit und Deutlichkeit. Er verwebt Fakten in packender Art, beschönigt nichts, ist zuweilen wie ein Chronist, der enorm einfühlend zu beschreiben weiss.

Der Turm ist Zentrum, dies in einst bedeutender Art. Hier logieren die Feuerwehrleute, überwachen die Stadt, beordern ihre Leute zu Brandherden. Von hier aus sieht man – wenn es nach dem Schildern einiger im Roman erwähnten Personen geht – unendlich weit, auch in fernste Gegenden mit bekannten Türmen. Es wird gelitten, geliebt, betrauert. Um den Feuerturm kreisen Heiratswillige, werden Tote hingeführt. Die hohe Bedeutsamkeit und Einmaligkeit dieses Turms schält Florescu in beeindruckender Art heraus.

Bukarest wird der interessierten Leserschaft in packender Weise nähergebracht. Florescu macht mit bisher Unbekanntem auf klare, behutsame Art vertraut.