Cembalobauer Burkat Shudi, London und Freulerpalast Näfels

Es ist schon eine eigenartige Geschichte, die sich um Burkat Shudi, in Schwanden noch Burkhardt Tschudi geheissen, die Jahre um 1720 in London, den Freulerpalast zu Näfels und das aus Martina Joos, Blockflöte; Reto Cuonz, Barockcello und Martin Zimmermann, Cembalo bestehende Turchini Consort dreht. Die Erläuterungen erfolgten, als sich Musikfreunde zur ersten der insgesamt vier Sommer-Matineen im Freulerpalast zusammenfanden; dies auf Einladung von Vilma und Daniel Zbinden und dank willkommen grosszügigem Unterstützen vieler Sponsoren.



Daniel Zbinden bei seiner Begrüssung (Bilder: p.meier
Daniel Zbinden bei seiner Begrüssung (Bilder: p.meier

Und der geschichtsträchtige Saal im ersten Geschoss das Prachtbaus war bis auf den letzten Platz besetzt. Man spürte die Lust und das Interesse an attraktiven Konzerten geradezu.  Daniel Zbinden begrüsste mit verständlichem Elan – endlich ist eine belastende, einschränkende Zeit zu grossen Teilen vorbei und es kann das umgesetzt werden, was schon lange geplant war, aber oft verschoben werden musste. Gründe sind sattsam bekannt.
Daniel Zbinden dankte allen, die das Zustandekommen der jeweiligen Matinee so bereitwillig und grosszügig mittragen. Er dankte auch allen, die sich zu einem Konzertbesuch entschieden hatten. Er versprach Kurzweil mit grad vier glarnerischen Barock – Stars, wobei einem von ihnen «nur» Musik zu entlocken war.

Und weshalb als Titel der ersten Matinee «Glarus – London einfach» gewählt worden war, musste Martin Zimmermann erklären. Das «Happyend» war, um alles zusammenzufassen, dass sich für ein Original - Tschudi – Cembalo, von denen gibt es heute weltweilt nur noch deren 23 – von London wieder eine Rückkehr in die Schweiz, erfreulicherweise grad nach Näfels, ergab.
Da war also der Schwandner Burkhardt Tschudi, Sohn eines Wollenhändlers, Chirurgen und Ratsherrn, der eine Schreinerlehre absolvierte und sich dann auf eine weite Wanderschaft begab. In London fand er beim berühmten Cembalo- Erbauer Hermann Tabel eine Anstellung. Tschudi war ein selten geschickter Berufsmann. Er perfektionierte die Kenntnisse seines Arbeitgebers derart, dass er bald einmal Aufnahme in der englischen Gesellschaftsschicht fand, die vornehm, kunstsinnig und riesig musikliebend war.Genau in dieser Zeit war Georg Friedrich Händel (1685 – 1759) Leiter der Opernunternehmung «Royal Academy of Music». Er förderte Tschudi und vermittelte Kontakte zu damals bedeutenden Musikern und Komponisten. Und weil Tschudi ein Cembalo für den Prince of Wales bauen durfte und damit hohes Ansehen errang, gab er sich den leicht breitspurigen, nicht unbescheidenen Titel «Burkat Shudi – Harpsichordmaker to his Royal Highness the Prince of Wales». Er entwickelte das Cembalo immer weiter, Ansehen und Auftragslage wuchsen derart, dass auch Josef Haydn und der preussische König Friedrich II zufriedenste Kunden und der achtjährige Mozart ein wissbegieriger Besucher seiner Werkstatt waren. Das Glarnerland war in weite Ferne gerückt.

Glücklicherweise befindet sich eines exakt in jenem Bergtal aus dem sich Burkat  Shudi endgültig verabschiedet hatte. Und erfreulicherweise hat sich das Turchini Consort zum Ziel gesetzt, Musikliebende mit der abwechslungsreichen Musik aus dem damaligen London zu verwöhnen.
Es wurden Sonaten, Suiten und ein Concerto von Thomas Roseingrave (1690 – 1766), Francesco Geminiani (1687- 1762), Giuseppe Sammartini (1695 – 1750), Georg Friedrich Händel (1685 – 1759), William Babell (ca. 1690 – 1723), Francesco Barsanti (1690 – 1770)  John Baston (1695 – 1740) und einem anonymen Komponisten in wechselnden Besetzungen auf hochstehendem Niveau interpretiert. Shudi hätte wohl mitgetanzt, seine Getreuen zum aufmerksamen Mitvollziehen nachhaltigst aufgefordert und mit Beifall für so viel Willkommenes, Stimmungsreiches und Kurzweiliges gedankt.

Es wäre vermessen, auf das kunstvolle und riesig elegante, ausgereifte Interpretieren detailliert einzugehen. Man würde der Reichhaltigkeit und dem differenzierten und kunstvollen Ausgestalten in keiner Weise gerecht. Da war Martin Zimmermann als sehr sensibler, kenntnisreicher Begleiter, der sich vornehm zurückhielt und sich dennoch riesig souverän und elegant hervortat. Es war Reto Cuonz, der so virtuos, stilsicher, behutsam, dynamisch klug gliedernd und in jeder Beziehung überzeugend mitgestaltete. Und Martina Joos verwöhnte einen richtiggehend, im kunstvollen Zusammenspiel, mit ihrer wirbligen Fingerfertigkeit, ihrem beinahe überbordenden Gestaltungsreichtum und dem Ausspielen einer wahren Fülle von Stimmungen, die Träumerei, übersprudelnde Lebensfreude, Locken, Sehnen, Einherschlendern, kindliche Freude, gemütvolles Verharren und hurtiges Enteilen zum Inhalt hatten. Dass es hin und wieder zu einem spontanen, verdienten Zwischenapplaus kam, war absolut verständlich. Und am Schluss dankte man lange, herzlich, anerkennend. Mit einer «abgespeckten Kurzversion» aus Händels Feuerwerksmusik kam es zur Zugabe, bevor man sich ins sonnige, warme Freie begab und sich an musikalische Köstlichkeiten bereitwillig und gerne zurückerinnerte.