Clown-Syndrom in Schwanden – von Fischen, Hunger, Sheriff, Scheintoten, Detektivischem und anderem

Auf Einladung des Kulturvereins Glarus Süd gastierten Eric Cadient, alias Oberschiedlich und Olli Hauenstein, er als Unterschiedlich, und der Pianist Andreas Kohl im sehr gut besetzten Gemeindezentrum Schwanden.



Clown-Syndrom in Schwanden – von Fischen, Hunger, Sheriff, Scheintoten, Detektivischem und anderem

Und was angeboten war, erwies sich als enorm kreative Fülle, ja Überfülle von Geschehnissen, die aufs Können von Eric Cadient, begeisterter und begeisternder Schauspieler mit Downsyndrom und dem mitgestaltenden Olli Hauenstein gar verblüffend und überzeugend abgestimmt waren. Riesig aufmerksam, hochmusikalisch und kenntnisreich gestaltete der Pianist Andreas Kohl mit. Es war ein bewegendes, munteres und enorm liebenswürdiges Begegnen.

Entführt wurde man bereits mit dem Bühnenbild ans Meer, an zu erwartende wogende Wellen, Fische, Sonne und südliche Leidenschaften. Oberschiedlich (Eric Cadient) und Unterschiedlich (Olli Hauenstein) tauchten auf. Nie brauchten sie viele Worte, um ins zu erwartende Geschehen einzuführen, Mimik, Bewegungen und eingesetzte maritime Gerätschaften genügten. Alles entwickelte sich stets enorm liebenswürdig, mit feinem Gespür für Unerwartetes, für mögliche Tatsachen, mit zuweilen leichter Dramatik, mit der Sehnsucht nach einer endlich mal guten Mahlzeit – aber das brauchte seine Zeit. Mit dem Fang eines grossen, nach dem Ausnehmen und Zubereiten sicher guten Fisches, dauerte es. Die Viecher waren elend störrisch, wollten nicht anbeissen. Da nützten weder Beschwörungen noch kunstvolles Verrenken. Und dazu kam die Tatsache, dass die geliebte Mayonnaise zu «Fish and Chips» sowieso fehlte. Schnell wurde aus dem Begriff «hungry» das besser passende «angry». Die kleinen Wortspielereien trugen zum munteren und kurzweilen Ablauf einiges bei.

So weilte man denn am Meer. War das ein vergnüglicher Aufenthalt! Ganz behutsam war alles zusammenkomponiert, feinsinnig, mit Hingabe, fern jeglicher plumpen Blödelei und Verletzendem. Man muss gesehen und gehört haben, wie mithilfe der magischen Klänge ab Panflöte Fische – endlich mal – zum Zubeissen animiert werden, wie aus rumschwappendem Meereskraut ein möglicherweise veganer Fisch wird. Oder so quasi aus Langeweile driften die beiden Clowns – bedächtig, sich so herrlich ergänzend – in den Wilden Westen ab. Oberschiedlich wird zum herrischen Sheriff, der mit dem Colt besser umgehen sollte. Unterschiedlich reitet auf dem kleinen blauen, nicht eben temperamentvollen Ross – einer umfunktionierten Holzkiste. Die beiden haben das Heu nicht auf der gleichen Bühne, sie zertreten sich gegenseitig die Hüte, spucken sogar rein. Da trifft es den Pianisten, der in sich zusammensinkt. Wer wird nun begleiten, so aufmerksam, witzig, stimmig, wie es bis dato der Fall war? Glücklicherweise rappelt er sich wieder auf. Ein anderer Schuss geht buchstäblich in die Hose, die so gewachsenen Schmerzen werden überdeutlich ausgespielt.

Gar vieles dreht sich um die überdimensionierte Sardinendose. Mal ist sie Bilderrahmen für Selfies, mal schwarzer, rasanter Jeep bei der Fahndung nach Getötetem und Mörder. Bei den Selfies ist eine Person aus dem Publikum um Mithilfe gebeten, ebenso wie beim Sichern des Tatortes. Und der Tote scheint – nach Deutung der Gesten ab Bühne – schrecklich zu stinken, Innereien hängen offenbar raus. Und dann wird das Opfer gezeigt, theatralisch, mit grossem Schluchzen. Es ist der Fisch, der zu Grabe getragen wird, zu eingänglicher Musik.
Man begleitet in schickem Schwarz, nachdem man sich in einer unvergleichlich witzigen Spiegelnummer schön synchron gepudert und eingekleidet hat.

Und wieder mal meldet sich der Hunger. Man geht zum Chinesen, holt sich irgendwelche leckere Nudeln. Was aus diesem Grundgedanken wird, ist verblüffend witzig, so leicht überdreht ausgedeutet. Da hat auch das Spiel auf der singenden Säge seinen Platz. Vieldeutig wird das Konzert in zwei Teilen angekündigt. Dass sich nach erfolgter Darbietung sogar die Säge verneigt, versteht sich von selbst.

Mit Wehmut verfolgt man die beiden Clowns bei ihrem so bedachtsamen, gemächlichen Abgang, sie zurückblickend, ob sich nicht noch etwas ereignen könnte. Sie kommen nochmals zurück, verbeugen sich mit ihrem Pianisten gar adrett, gehen wieder, kommen nochmals … Applaus ist einfach sooo schön, wohlverdient war er.