Conrad Schindler und das Haltli Mollis

Das unterhalb der Kerenzerbergstrasse gelegene, dreistöckige Haltli Mollis befindet sich an unverbaubar schönster Lage. Das herrschaftliche Haus – von Conrad Schindler. Kaufmann und Grundbesitzer (1757 – 1841) in den Jahren 1782 – 1784 erstellt – gilt neben dem Freulerpalast Näfels als eines der bedeutendsten Bauwerke unseres Kantons. Gegen den Berg fallen die formschönen Nebengebäude mit dem herrschaftlichen Hof samt Brunnen auf.



Conrad Schindler und das Haltli Mollis

Es war Sache des pensionierten Ratssekretärs Josef Schwitter, langjähriger Verleser des Fahrtsbriefs, die Person Conrad Schindler den Teilnehmern der Mitgliederversammlung der Glarner Gemeinnützigen eingehend vorzustellen. Der passionierte Geschichtsforscher und versierte Kenner der glarnerischen Geschichte entführte in eine bewegende, riesig interessante Vergangenheit und liess die gebannt Zuhörenden an seinen Funden bereitwillig teilnehmen.

Im Verlaufe seiner zeitraubenden Suche, so Sepp Schwitter zu Beginn seiner klug gegliederten Ausführungen, sei ihm dieser Conrad Schindler immer sympathischer geworden. Schindler kam im September 1757 zur Welt. Sein Vater war damals bereits 60 Jahre alt. Mit dem millionenschweren Gewinn der holländischen Staatslotterie vergrösserte sich das bereits ansehnliche Vermögen anno 1768 in gar wundersamer Art. Es konnte ein Schloss in Balgach, dem Rheintal, erworben werden.

Schindlers Jugendzeit

Die Kinder wurden von privaten Lehrkräften unterrichtet, eine allgemeine Schulpflicht gab es damals noch nicht. Im Seminar Haldenstein erfolgte das weiterführende Unterrichten, das der Referent wie folgt schilderte «… der Jüngling ins wahre Christentum, zum Oberkeitlichen, Häuslichen, Militärischen und zur Kaufmannschaft» eingeführt wurde. Mit 16 Jahren wechselte er an die Pfeffel `sche Kriegsakademie in Colmar. Da ging es um weltmännisches Benehmen, um den Unterricht in verschiedenen Sprachen, Schreiben, Zeichnen, Geschichte, Geografie, Rechnen, Wappenkunde, Taktik, Tanz, Anstand und Religion – also um sehr Umfassendes.

Im Alter von 19 Jahren verheiratete er sich mit der um zwei Jahre älteren Dorothea Zwicki. Sie war die Tochter des sehr beliebten, sozial agierenden Molliser Pfarrherrn. Ihrem Ehemann gebar sie sechs Knaben und fünf Mädchen. Zwei Kinder starben ungetauft, damit namenlos; zwei weitere verschieden in ganz jungen Jahren. Dorothea Zwicki wird als sehr verständnisvolle, sich stets sorgsam und umsichtig einsetzende Mutter erwähnt.

Conrad Schindler, damals bereits Vater, weilte während eines Jahres in Paais, um dort Architektur zu studieren. Nach Hause zurückgekehrt, erhielt er bereits den ersten Auftrag; er hatte das Schloss seines Vaters wohnlicher zu gestalten. Und wenig später gab er sich mit dem Bau des Haltlis den zweiten Auftrag. Geld war wahrlich genug vorhanden, um auch Grosses zu realisieren.

Das Haltli ist mit bewegender Geschichte untrennbar verbunden: Festliches, Hauptquartier der Franzosen, Hotel und Töchterinstitut, 1911 Kauf durch die Gemeinnützige Gesellschaft und Errichtung einen «Anstalt für schwachsinnige Kinder, 1970 Errichtung (dies nach grösseren baulichen Arbeiten) einer «Erziehungsanstalt und Sonderschulheims».

Der Einsatz für die Öffentlichkeit

Ganz bedeutsam und riesig beeindruckend ist Conrad Schindlers Einsatz für die Öffentlichkeit. Als 34-Jähriger wurde er im Jahre 1791 Hauptmann der glarnerischen Miliz. Im Kampf gegen die Franzosen wurde er verwundet. In der gleichen Zeitspanne, nämlich 1798, erfolgte sein Einstieg ins politische Leben, ein ihn und die Öffentlichkeit prägender, jahrzehntelanger Einsatz. Beharrlich und kompetent hat er sich eingesetzt.

So wurde er Mitglied des evangelischen und gemeinen Rates und harrte 40 Jahre aus. 1798/99 präsidierte er die Verwaltungskammer des damaligen Kantons Linth. 1800 wurde er in den kantonalen Erziehungsrat gewählt. Das fiel in die Zeit, als Suworow mit seinen Truppen unterlag und die Franzosen das Sagen hatten und der Verwaltungskammer den Befehl gaben, wieder ihr Amt auszuüben. 1801 musste Conrad Schindler miterleben, dies als Präsident des Erziehungsrates, wie der obligatorische Schulbesuch scheiterte. Der hatte erst ab 1837 Gültigkeit.
Ab 1820 war er während zehn Jahren Strassendirektor; gegen den Widerstand von Näfels und Oberurnen entstand die erste zeitgemäss Strasse durch den Kanton – die Strassenführung ist bis heute unverändert geblieben.

Die Linthkorrektion, Linthkolonie und Escher

Sehr viel Arbeit leistete Schindler in Zusammenhang mit der Linthkorrektion. Mittels Brief stellte er sich 1799 Conrad Escher vor. Er schrieb unter anderem: «Die traurige Lage unseres Kantons wird Ihnen nur zu bekannt seyn. Handel und Wandel stockt seit langer Zeit gänzlich, die Kartoffeln sind von beyden Armeen beynahe aufgezehrt, viele Häuser und Ställe sind ruiniert, der grösste Theil des Futters ist verbraucht und zu Grunde gerichtet: es bleibt nichts übrig, als das Vieh abzuschlachten, und wenn es gegessen ist – Hungers zu sterben – wenn nicht die Regierung imstande ist, diesem Jammer kräftig entgegen zu arbeiten».

Und für die längst notwendige Linthkorrektion setzte er sich nachhaltig und beharrlich ein; in einer Zeit, als das Glarnerland als Folge des Krieges zwischen den Franzosen und Russen völlig ausgehungert war und im Jahre 1800 1200 Kinder in andere Kantone geschickt wurden, um sie vor dem Verhungern zu bewahren.

Aus der Helvetischen Republik wurde wieder die Eidgenossenschaft, von Frankreich und Napoleon stark abhängig. Die Linth wird wieder zum Thema. Die Tagsatzung wählte für das Linthwerk eine aus drei Personen bestehende Kommission, unter anderem mit Conrad Schindler. Er entwirft die politische Strategie und die Finanzierung durch Aktien. 4000 werden gezeichnet, das erste nationale Werk kann angegangen werden. Unverständnis kommt bei Escher und Schindler auf, als der Bergsturz von Goldau plötzlich überdeutlich in den Vordergrund rückt. Unglaublich beharrlich setzt sich Schindler fürs Linthwerk ein, ihm geht es «um die Rettung der unglücklichen Gegend». Lohn nimmt er nicht entgegen. Er ist überzeugt, dass den arbeitsfähigen Männern die Arbeit im Freien viel besser liegt, als das Ausharren am «eelände Spinnstuel». Und ab September 1807 wird endlich gearbeitet: «Alles quaasii vu Hand – nu mit Schuufle, Biggel, Hagge und Garette». Und am 8. Mai 1811 wird die Linth aus dem alten ins neue Bett geleitet.

Unzufrieden sind die Rüfigenossen in Mollis, sie wüten derart drauflos, dass Conrad Schindler nur Unverständnis aufbringen kann.
Escher und Schindler kamen sich näher. Aus dieser – gemeinsamen – Zeit ist nicht allzu viel schriftlich festgehalten. Eigentlich dürfte – so der Referent – der «Escherkanal» durchaus «Schindlerkanal» heissen.
Viel Land konnte gerettet, viele weitere Krankheiten vermieden werden – auch dank Conrad Schindler.

Was ihn weiter auszeichnet, ist das soziale Wirken. Er setzte sich für die «nützlichsten Ackererzeugnisse und die Art, sie zweckmässig zu behandeln», nachhaltig ein. 1816 war ein fürchterliches Hungerjahr. Schindler gründete mit andern in dieser Zeit die damalige «Hülfsgesellschaft» als «Vereinigung zum Behuf der Gründung und Ausführung eines bleibenden Armen-Rettungs-Werks». Gründungspräsident war damals Landammann Niklaus Heer. Es kam ganz viel Geld zusammen. An der Linth konnte die Hülfsgesellschaft etwa 275 Hektaren Land kaufen. Später wurde daraus die Linthkolonie, die sich natürlich stark gewandelt hat und deren Leitung sich für benachteiligte Jugendliche nachhaltig einsetzt. So darf – ohne Übertreibung gesagt werden – dass sich Conrad Schindlers Wirken bis in unsere Gegenwart hineinerstreckt und dass es gewiss angezeigt war, seine Verdienste in umfassender Form vorzustellen.