Cosmophon – der Rundumgenuss

Dass Martin Ulrich beziehungsweise Martin O. – ein kleines, neckisches Ausrufezeichen bezüglich Namengebung – im Glarnerland eine grosse Fangemeinde hat, ist seiner kreativen Vielseitigkeit, der unerschöpflichen Technik – Zauberkiste, der hohen Bühnenpräsenz und sprichwörtlichen Leichtigkeit des allmusikalischen und sprachlichen Seins und einer riesigen Munterkeit und natürlich dem Engagement der Glarner Kulturgesellschaft zuzuschreiben.



Cosmophon – der Rundumgenuss

Auf der einen Seite ist es das erwartungsfreudige, sich an den letzten Auftritt erinnernde Publikum, auf der anderen, sich vom Zuschauerraum abhebenden Seite ein ganz besonderer Alleinunterhalter, der vor einer schwierigen Aufgabe steht, sich mit grosser Geschicklichkeit und Gewandtheit reinbegibt. Zu Beginn ist es dunkel, man vernimmt Schnalzen, sanftes Klatschen, Schnurren und Knurren, eine Geräuschkulisse, deren Intensität steigt, Spannungen weckt. Das Licht geht an – da ist er. Er, der mit einem langen Programm verwöhnen wird. Charmant, witzig, wortreich, bewegungsfreudig meldet sich Martin O., eigentlich ein Appenzeller, aber mit Bühnen in vielen Teilen der Welt offenbar ebenso vertraut wie mit publikumswirksamen musikalischen Ohrwürmern, Dichtkunst von Mani Matter bis Heinz Erhardt und Sprachfragmenten aus da und dort. Er nimmt die gebannt Hinhörenden auf eine ganz besondere Weltreise mit, lädt zuweilen zum kurzen Mitgestalten ein und ist so raffiniert, gefühlvoll, kunstsinnig. Langweilenden, peinlichen Längen in den vielen Sequenzen weicht er gekonnt aus. Neues, Unbekanntes schliesst sich an gern Gehörtes nahtlos an.

Technische Möglichkeiten schöpft er bühnenwirksam, mit brillanten Effekten aus. Da wäre beispielsweise die Meteo-Ansage – in rasantem Spanisch – zu erwähnen, die von Sonnenschein, drohenden Wolken, einer zuweilen übergrossen Sonne, dem flehenden Anrufen von Maria Magdalena, das adrette Wegschieben von Wolkengebilden auf der Leinwand zu erwähnen. Es sind der reizende Tanz der verliebten Glühwürmchen; die übergrosse LP, die sich beliebig schnell vor- und zurückbewegen lässt, das Auseinandersetzen am Klavier, der Kampf übergrosser Schatten oder die reizenden Dialoge zwischen O. und seinem Mikrofon, das eine mitswingende Seele in sich birgt, anzufügen. Da tritt Musikalisches zuweilen in den Hintergrund.

Martin O. verbindet Besinnliches mit Schrillem, switcht gar munter rum, ist stimmungsgewandt. Herzlichkeit, stilles Träumen stehen neben Knalligem und Poltern. Die Fülle ist es, die Begeisterung, Anteilnahme, Staunen weckt. Es ist ein Mosaik aus bunten Kleinheiten, das zum erfüllenden Ganzen wächst. Treuer Begleiter auf der Bühne ist laut Martin O. ein «I – Holz 7» – es sei fürs Gehäuse Holz eines Kirschbaumes verwendet worden. Das Kästchen verfügt über sieben grosse Knöpfe und drei Einstellungen. Betätigt man alles richtig, quellen aus den Lautsprechern Chorklänge, Orchesterwürdiges, Zusammenkomponiertes, Ruhiges oder Gewaltiges. Das ist so eine Art Geheimding, Trickkiste, Magie. Es könnte aus dem Fundus des James Bond stammen. Martin O. hat sich mit diesem «Ding» erfolgreichst verbündet. Die Reise führt – mit Längen – ins All. Planeten werden aus dem Sonnensystem rausgepickt, Martin O. holt sich das mit spielerischer Leichtigkeit, entlässt alles wieder in die richtige Umlaufbahn. Man ist in Ägypten, geniesst Frankreich, hört sich träfe Kommentare mit Balkan-Slang an, wird mit dem englisch-amerikanischen Kauderwelsch mal kurz vertraut. Martin O. schafft es, Kulturen so zu vermengen, dass ein gar gut mundendes Seh- und Hörvergnügen wachsen kann, da und dort haften bleibt. So denkt man an seine Wegbeschreibung bei der Anreise ins Glarnerland, das hurtige Durchblättern der «Südostschweiz» samt Kommentieren kurzer Passagen, das Aufzählen der Bergwelt, an alte Hits aus der Musikwelt, kitschige Liedtexte und anderes zurück. Er käme gerne wieder – sein Bekenntnis vor der allerletzten Zugabe! Ob es dazu kommt?