COVID-19: Kanton Glarus nimmt Stellung zu geplanten Öffnungsschritten

Der Bundesrat plant vorsichtige Lockerungen bei den Massnahmen gegen das Coronavirus ab 1. März 2021. Der Regierungsrat des Kantons Glarus begrüsst die Öffnungsschritte in seiner Konsultationsantwort an den Bund. Gleichzeitig spricht er sich für eine weitergehende Öffnung und für national einheitliche Schritte aus.



Mitteilung des Glarner Regierungsrates (Bild: iStock)
Mitteilung des Glarner Regierungsrates (Bild: iStock)

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 17. Februar 2021 eine vorsichtige, schrittweise Öffnung vorgeschlagen, um dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben wieder mehr Raum zu geben (>>Medienmitteilung Bundesrat). Er wird nach der Konsultation der Kantone am 24. Februar 2021 definitiv über den ersten Öffnungsschritt entscheiden. 

Der Regierungsrat des Kantons Glarus hat seine Stellungnahme am 19. Februar 2021 verabschiedet. Ausserdem hat er beschlossen, diese zu veröffentlichen.

Grundsätzliche Haltung

Der Regierungsrat des Kantons Glarus teilt die Auffassung des Bundesrates, wonach die epidemische Lage noch fragil ist. Er stellt nicht nur eine Gesundheits-, sondern auch eine Wirtschafts- und zunehmend eine gesellschaftliche Krise in der Schweiz fest. Beim Ergreifen von staatlichen Massnahmen gilt es, mit gesundem Menschenverstand abzuwägen und einen Mittelweg zu wählen. Die Menschen brauchen eine Perspektive, der Bundesrat vermittelt ihnen eine solche mit den vorsichtigen Öffnungsschritten ab 1. März 2021. Damit ist ein Mindestziel erreicht.

Die Strategie berücksichtigt nach Auffassung des Glarner Regierungsrates neue Elemente zu wenig. Die Impfung der Risikogruppen müsste dazu führen, dass die Hospitalisations- und Todesfallsrate rückläufig sind. Der Druck auf das Gesundheitssystem müsste folglich abnehmen, womit die Massnahmen stärker auf die Bekämpfung der Wirtschafts- und Gesellschaftskrise ausgerichtet werden können. Das Abstellen allein auf die Infektionsrate erachtet der Regierungsrat weder als sachgerecht, zweckmässig noch verhältnismässig, wenn trotz hohen Fallzahlen weniger Hospitalisationen und Todesfälle verzeichnet werden.

Der Regierungsrat befürwortet explizit ein regelbasiertes Entscheidungswerk, wie es der Bundesrat antönt. Dabei muss die Auslastung der Intensivplätze (mit COVID-19-Patienten) das primäre Entscheidungskriterium sein, während die Positivitätsrate, die 14-Tages-Inzidenz oder die durchschnittliche Reproduktionszahl von sekundärer Bedeutung sein müssen. Sollten sich die Eckwerte eines regelbasierten Entscheidungswerkes positiv entwickeln, können die Öffnungsschritte auch schneller als im vorgesehenen Monatsrhythmus vorgenommen werden. Der Regierungsrat teilt die Auffassung, dass eine dritte Welle vermieden werden muss. 

Beantwortung der Fragen

Sind die Kantone damit einverstanden, das Massnahmendispositiv kontrolliert zu öffnen oder lehnen sie eine Öffnung ab?
Der Regierungsrat des Kantons Glarus hat bereits in seiner Stellungnahme vom 10. Januar 2021 eine pauschale Verlängerung der nationalen Massnahmen von Dezember 2020 abgelehnt und ein stärker evidenzbasiertes Handeln gefordert. Eine Öffnung wird begrüsst. 

Sind die Kantone mit der vorgeschlagenen Öffnungsstrategie einverstanden?
Der Regierungsrat unterstützt die Öffnungsstrategie mit den erwähnten Vorbehalten. Die Strategie mit Öffnungen im Monatsrhythmus erscheint ihm zu starr. Die Öffnungsschritte sollten national einheitlich und aufgrund einfacher und nachvollziehbarer Prinzipien erfolgen.

Sind die Kantone mit dem Inhalt des ersten Öffnungsschrittes einverstanden?
Der Kanton Glarus ist mit dem Inhalt des ersten Öffnungsschrittes einverstanden, wenngleich dieser als zu zaghaft beurteilt wird. Sollte sich die Auslastung des Gesundheitssystems weiter entspannen, ist nicht nachvollziehbar, weshalb ein ganzer Monat zugewartet werden muss. Ein regelbasiertes Entscheidungswerk ist einer fixen Zeitspanne vorzuziehen.

Der Glarner Regierungsrat beantragt, dass der Bundesrat auch beim Gastgewerbe ab März eine Öffnung mit Auflagen ermöglicht. Konkret sollte das Aufstellen von Steh- und Sitzgelegenheiten im Freien wieder möglich sein. Ebenfalls sollte eine Öffnung in Innenräumen mit Begrenzungsvorgaben erlaubt sein. Neuere Studien (TU Berlin) belegen, dass in einem Restaurant mit 25 Prozent-Belegung das Ansteckungsrisiko nur marginal höher ist als in einem Supermarkt mit Maske, was ja selbst im Lockdown nicht verboten war. Selbstverständlich bedarf der Restaurationsbetrieb dafür eines Schutzkonzeptes.

Ebenfalls sollen bei privaten Veranstaltungen in Innenbereichen wieder mindestens 10 Personen zugelassen sein.

Im Weiteren weist der Kanton Glarus auf verschiedene Widersprüche hin, die speziell den Kultur- und den Sportbereich betreffen. Gerade für das sozial äusserst wichtige Vereinswesen müssen die Rahmenbedingungen rasch so ausgestaltet werden, dass es wieder in die Gänge kommen kann. Der Regierungsrat beantragt, die folgenden Eckwerte anzupassen:

  • Im Aussenbereich ist die Gruppengrösse von 5 auf 15 Personen anzuheben. Unter Einhaltung der nötigen Schutzmassnahmen (kein Körperkontakt, Abstand, ggfs. Maske) sollte dies möglich sein, insbesondere auch im Vergleich zu privaten Veranstaltungen im Freien, bei denen ebenfalls 15 Personen vorgesehen sind.
  • Im Innenbereich sind sportlichen Aktivitäten in kleinen Gruppen von 5 (eventualiter 10) Personen und unter Einhaltung von Schutzkonzepten wieder zu erlauben.
  • Die Altersgrenze im Bereich Sport/Kultur soll dringend auf 25 Jahre angehoben werden. Gerade Jugendliche und junge Erwachsene sind aktuell besonders stark eingeschränkt, v. a. durch die fehlenden sozialen Kontakte. Das wöchentliche Sporttraining würde dem entgegenwirken. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Grenze bei 18 Jahren erscheint willkürlich; nicht einmal das Sportförderprogramm J+S kennt diese.

Die Beispiele zeigen, dass die Öffnungsstrategie in den Details und über die Politikbereiche hinweg kohärenter ausgestaltet werden muss. Nur so ist sichergestellt, dass die verschiedenen Sektoren (Kultur, Sport, Gastronomie usw.) nicht in einen Wettbewerb zueinander geraten.

Allgemein bevorzugt der Regierungsrat anstelle zahlreicher einzelner Regelungen für unterschiedlichste Betriebe und Veranstaltungen eine Öffnung anhand einfacher und nachvollziehbarer Prinzipien. So könnten in Innenbereichen sämtliche Aktivitäten erlaubt werden, bei denen gemäss Vorschlag des Bundesrates der erforderliche Abstand eingehalten und Masken getragen werden können und eine bestimmte, möglichst einheitliche Fläche bzw. Kapazität gewährleistet ist.

Sind die Kantone mit den provisorischen Vorschlägen für den zweiten Öffnungsschritt respektive den dafür festgesetzten Richtwerten einverstanden (zum zweiten Öffnungsschritt wird eine weitere Konsultation durchgeführt)?
Wir verweisen auf die vorgängigen Ausführungen. Nicht alle Richtwerte sind gleichermassen relevant und dürfen gleich stark gewichtet werden. Entscheidend ist die Belastung des Gesundheitswesens. Die Fallzahlen allein dürfen nicht massgebend sein.

Wie gedenkt der Kanton die dringliche Empfehlung des BAG zur breiten Testung von asymptomatischen Personen, namentlich in Alters- und Pflegeheimen, umzusetzen?
Der Kanton Glarus wird bis Ende Februar 2021 eine Strategie für Massentestung erarbeitet haben. Das Konzept sieht vor, regelmässige breit angelegte Tests in Alters- und Pflegezentren durchzuführen. Die Umsetzung erfolgt ab März 2021.