Das Glarner Bewusstsein nach dem Weltuntergang

Gemeinsam etwas erreichen, mit wenigen Mitteln ein ehemaliges Lebensmittelgeschäft in ein Szene-Café verwandeln, Visionen umsetzen: In Braunwalds neuem Bsinti konnte man am Tag des Weltuntergangs sogar den Diplomaten Benedikt Wechsler beim Servieren beobachten.



Das Glarner Bewusstsein nach dem Weltuntergang

Wenn Braunwalds und Elms Vertreter an einem Tisch hocken, wenn Fotografen auf Musiker, Schriftsteller und Kulturinteressierte treffen, wenn Leseratten völlig losgelöst vom Alltag Platz nehmen, dann ist man im Bsinti – der neuen Braunwald-Location für Kulturinteressierte und alle, die für einen gemütlichen Hock zu haben sind.

Am Freitag, 21. Dezember 2012, an dem Tag, von dem vorher wohl fast alle geredet haben, Pläne schmiedeten, in welchem Zustand sie das Ende der Welt erleben wollen, zeigten ein paar Menschen in Braunwald eins: Was ein Miteinander und Zusammenarbeiten bewirken kann. Mit der ersten Eröffnung des Bsinti, Braunwalds Lesecafé und Kulturbar, wurde ein weiterer Baustein zum neuen Braunwald gesetzt. Ein Kulturcafé, das sich durch eine familiäre, harmonische und herzliche Atmosphäre sowie einem speziellen Kulturprogramm durchaus zu einem neuen Braunwalder Treff entwickeln kann.

Schon bei der Namensgebung bekommt man einen Einblick, welche Menschen hinter diesem Gemeinschaftsprojekt stecken und was das neue Café ausdrückt: Fridolin Walcher, der Glarner Fotograf, liess den Glarner Begriff «Bsinti» für Bewusstsein im Raum erklingen und fand damit
Anklang bei allen Beteiligten. Anklang fand er an diesem Abend auch mit seinen Werken, die Teil des Bsintis sind, musikalisch setzten die «Braunwald Schiltknechts» die Eröffnung in Szene. Von Filmmusik zu alten Klassikern und neuen Werken, Noah Schiltknecht zeigte am Flügel sein Können.

Auf der Homepage www.val-braunwald.ch, des Vereins auswärtiger Liegenschaftsbesitzer Braunwald findet man neben dem prall gefüllten Rahmenprogramm bis einschliesslich 5. Januar auch viele persönliche Worte über die Entstehungsgeschichte und den Mitwirkenden des Bsinti. So schreibt Benedikt Wechsler, der Stiftungspräsident Hotel und Konzertsaal Braunwald:

«Wir haben uns alle die Augen gerieben, als Ueli und Barbara Oester die traurige Nachricht der Schliessung des Ladens bekannt geben mussten. Ich sagte mir: Das kann nicht wahr sein. Ist es wirklich unvermeidlich, dass Braunwald in der Abwärtsspirale unaufhaltsam eine weitere Drehung nach unten gleitet? Nachdem eine Weiterführung des Ladens nicht realistisch war, haben wir neue Nutzungsformen evaluiert. Es lag auf der Hand: es wäre der ideale Standort für ein Café und kultureller Begegnungsort im Dorf für Einheimische und Gäste. Im Rahmen der Destinationsentwicklung Braunwald 2020 wurde mit dem Besitzer der Liegenschaft Heinz Keller und mit Fritz Trümpi ein neuer Start möglich.»

Die Augen reibt sich wohl jeder, der den einstigen Volg-Laden nun in neuem Licht erstrahlen sieht. Einzelne Elemente konnten erhalten werden. So sah man Barbara Oester in neuer Frische bei der Eröffnung hinter ihrer «alten» Theke, in der wieder Wurst und Käse lagen. In den neu gestrichenen alten Regalen sah man nun Werke von Anwesenden und welchen, die sich noch bis zum 5. Januar die Ehre geben werden.

Mit der ersten Eröffnung des Bsinti, Braunwalds Lesecafé und Kulturbar, erlebten die Besucher mit dem prognostizierten Weltuntergangstag auch eine neue Zeitrechnung – in Form einer sehr unterhaltenden Darbietung des Astrophysikers Prof. Ben Moore. Schlacksig wirkend, mit einem Panix in der Hand erzählte er vom Urknall bis heute, wie das menschliche Gehirn funktioniert und von seiner Theorie des richtigen Weltuntergangs. Nur so viel: In einer Milliarde Jahre wird es auf der Erde über 100 Grad heiss sein, die Sonne wird verglühen und letzten Endes wird es stockdunkel, alle Sterne werden verglühen und die ganze Materie wird in sich zerfallen.

Vielleicht war die Präsentation der Grund, warum man an diesem Abend jeden mit jedem reden sah. So sah man unter anderem Elms Tourismusvertreterin Maya Kobi Largo und Christoph Meier, Geschäftsführer der Sportbahnen Braunwald, bei intensiven Gesprächen – wohl über die Zukunft. Und auch Martin Vogel, ehemaliger Märchenhoteldirektor und neues Verwaltungsratmitglied der Standseilbahnen Braunwald, hatte so einiges zur Eröffnung zu sagen. Stolz über die Umsetzung mit einfachen Mitteln dankte Benedikt Wechsler in einer herzlich warmen Rede den Mitwirkenden.

Mit wenigen Mitteln und weihnachtlich schönen Zusammenarbeiten wurde aus dem ehemaligen Volg Laden der Oesters ein Treffpunkt für Jung und Alt, der in der Übergangszeit nur dank Freiwilligen und «Braunwaldliebhaber» funktioniert. Ab dem 26. Dezember findet jeden Abend ein Event statt, sollten sie den Weg aus dem grössten Schweizer Schnee-Labyrinth gefunden haben, wärmen sie sich doch etwas im Bsinti auf und lassen die besondere Atmosphäre auf sich wirken.