Das Glarner Fabrikgesetz war ein Meilenstein

Aus Anlass des 150-jährigen Bestehens des Glarner Fabrikgesetzes organisierte der Historische Verein des Kantons Glarus eine wissenschaftliche Tagung in Schwanden. Historiker aus dem In- und Ausland referierten und diskutierten rund um den Themenbereich Arbeiterschutz.



Einige Referenten ziehen an der Schlussveranstaltung ein Fazit über die hochkarätig besetzte wissenschaftliche Tagung. (Bilder: a.lombardi) Dr. Rolf Kamm
Einige Referenten ziehen an der Schlussveranstaltung ein Fazit über die hochkarätig besetzte wissenschaftliche Tagung. (Bilder: a.lombardi) Dr. Rolf Kamm

Zur öffentlichen Abschlussveranstaltung der zweieinhalbtägigen Tagung durfte am vergangenen Samstagvormittag Dr. Rolf Kamm, Präsident des Historischen Vereins, im Hänggiturm des Glarner Wirtschaftsarchives in Schwanden eine ansehnliche Schar von geschichtlich interessierten Personen willkommen heissen. Eröffnet worden war die wissenschaftliche Tagung am Donnerstag nach den Begrüssungsworten von Kamm und Dr. Sibyll Kindlimann mit dem Referat «Warum Glarus zum Pionier in Sachen Arbeiterschutz wurde» durch den Glarner Historiker August Rohr. Im Laufe der Tagung befassten sich sodann Historikerinnen und Historiker aus dem In- und Ausland in acht Referaten mit dem Themenbereich Arbeiterschutz.

Auswirkungen im In- und Ausland

Josef Mooser, Professor im Ruhestand der Uni Basel, erklärte, er gehe beeindruckt nach Hause, denn das Glarner Fabrikgesetz von 1864 sei nicht nur ein Meilenstein für die Schweiz, sondern auch ein internationaler Markstein gewesen. Eindruck gemacht hat ihm zudem, wie Glarus nach dem Brand von 1861 innert kürzester Zeit wieder aufgebaut worden ist.

Für Thomas Welskopp von der Uni Bielefeld war die Arbeitsgeschichte des Kantons Glarus bisher völlig unbekannt. «Für mich hat sich eine neue Welt eröffnet.» Der deutsche Professor wies darauf hin, dass lokale Geschichte stets auch globale Auswirkung haben kann.

Regina Wecker aus Basel, die sich als Professorin mit Frauen- und Geschlechtergeschichte befasst, hat erstaunt, dass das Glarner Gesetz ausdrücklich die tägliche Maximalarbeitszeit für Männer regelte. «Frauen, Jugendliche und Kinder waren offenbar als schutzbedürftig bereits akzeptiert.»

Internationaler Arbeiterschutz noch nicht am Ziel


Professor Dr. Bernard Degen aus Basel sprach in seinem Referat über das Basler Fabrikgesetz von 1869 und stellte fest, dass dieses viele Passagen aus dem Glarner Gesetz übernommen hat.

Dietrich Milles, Professor an der Universität Bremen, erwähnte die Bedeutung der Landsgemeinde, die das Glarner Gesetz beschliessen konnte. Dass damals eine Versammlung, hauptsächlich zusammengesetzt aus Arbeitnehmern – und viele davon in der Textilindustrie beschäftigt – über die Köpfe von Fabrikherren hinweg solche gesetzliche Vorschriften erlassen konnten, ist beachtenswert.

Dr. Markus Bürgi, Historiker an der Uni Zürich, befasste sich mit dem internationalen Arbeiterschutz und der internationalen Arbeiterbewegung jener 1880er-Jahre. «130 Jahre später hat der internationale Arbeiterschutz – Stichworte Pakistan, China – sein Ziel aber noch nicht erreicht», stellte er fest.

Ausklang

Dr. Helen Oplatka-Steinlin aus Zürich, Mitarbeiterin des Wirtschaftsarchives in Schwanden, referierte nach diesen Statements der Referenten über das Thema: «Erkenntnisse und Fragen für die Glarner Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts».

Rolf Kamm konnte zum Abschluss bekannt geben, dass die Referate der Tagung im nächsten Jahr auch in gedruckter Form erscheinen sollen.

Bevor die wissenschaftliche Tagung mit Apéro und regen Gesprächen zwischen Referenten und Besuchern zu Ende ging, überbrachte Regierungsrätin Marianne Lienhard die Grüsse der Glarner Regierung. Neben dem organisierenden Historischen Verein hat der Regierungsrat diese Tagung mit einem namhaften Beitrag aus dem Lotteriefonds unterstützt.