Das Glarnerland verliert Feldbäume

Die Anzahl Feldbäume hat im Glarnerland seit 2014 abgenommen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie, welche die Abteilung Landwirtschaft des Kantons Glarus kürzlich durchführen liess. Gründe, diesen Negativtrend aufzuhalten, gibt es viele. Nicht zuletzt der Klimawandel.



Alleen, wie diese in Bilten, spenden Fussgängern und Velofahrern Schatten. Sie bremsen aber auch den Wind und verhindern den Abtrag des Bodens. (Foto © Monica Marti)
Alleen, wie diese in Bilten, spenden Fussgängern und Velofahrern Schatten. Sie bremsen aber auch den Wind und verhindern den Abtrag des Bodens. (Foto © Monica Marti)

Wer im Landesarchiv des Kantons Glarus stöbert, staunt. Fotos um 1900 zeigen, dass die Glarner Talebene einst mit vielen Obst- und anderen Feldbäumen durchsetzt war. Die meisten dieser Obstgärten und Einzelbäume sind aber wie in vielen Regionen der Schweiz mit dem Siedlungswachstum und der Mechanisierung der Landwirtschaft schon im letzten Jahrhundert verschwunden. Trotzdem prägen alte Hochstämmer, mächtige Bergahorne und andere Feldbäume da und dort noch das Glarner Kulturland. Ob und wie sich die Anzahl dieser Bäume zwischen 2014 und 2019 verändert hat, liess die Abteilung Landwirtschaft des Kantons Glarus kürzlich in sechs Gebieten zwischen Bilten und der Bischofsalp untersuchen. Nun liegt das Resultat vor. «Trotz ein paar Neupflanzungen hat der Bestand insgesamt um über drei Prozent abgenommen», bemerkt Abteilungsleiter Marco Baltensweiler. Das Glarnerland verliert seine Feldbäume.

Vom Hindernis zum Schützer von Kulturen

Der landschaftliche Wert von Einzelbäumen im offenen Kulturland sei unbestritten, heisst es in der Broschüre «Landschaftsqualität» der Abteilung Landwirtschaft. Wo sie die Bewirtschaftung erschweren, werden sie trotzdem entfernt beziehungsweise nicht mehr ersetzt, wenn sie altershalber gefällt werden. Dabei haben Feldbäume viele Vorteile. «Darum unterstützen Bund und Kanton die Erhaltung und Neupflanzung von Obst- und anderen Feldbäumen mit finanziellen Beiträgen», so Baltensweiler. Laub als Einstreu im Stall und Füllmaterial für die Bettdecke war vor allem in früheren Zeiten begehrt. Heute bieten Feldbäume dem Vieh auf Weiden Schutz vor der Witterung. Vielen Tier-, Moos- und Pilzarten sowie seltenen Flechten dienen sie als Lebensraum. Obst- und Nussbäume oder auch Linden spenden Nahrung. Daneben erfüllen Feldbäume auch weniger offensichtliche Aufgaben. In Hanglagen und windigen Gebieten können sie die Erosion des Bodens verringern. Mit ihrem Wurzelgeflecht halten sie Nährstoffe zurück und verhindern, dass diese ausgewaschen werden und Gewässer belasten. Zudem mildern sie mit ihren Baumkronen und der Verdunstung von Wasser in ihrer Umgebung extreme Schwankungen des Mikroklimas. Negative Auswirkungen von heissen Trockenperioden wie im diesjährigen Sommer werden gedämpft. «Agroforstsysteme nutzen solche Vorteile gezielt für die Landwirtschaft», erklärt Marco Baltensweiler. «Sie kombinieren auf der gleichen Fläche clever angeordnet Feldbäume mit anderen Kulturpflanzen, damit die Kulturen und der Boden von den Bäumen profitieren.» Ob Agroforstsysteme zum Beispiel für das Molliser Riet eine Chance wären, bleibe abzuklären. Einzelbäume in Wiesen, Weiden und am Rande von Äckern und Feldwegen sollen im Glarnerland auf jeden Fall gefördert werden. Um ihren Rückgang zu stoppen, bräuchte es laut der Studie des Kantons nur wenige motivierte Landwirtinnen und Landwirte, die wieder Hochstamm-Obstbäume und andere Feldbäume pflanzen. Die regionale landwirtschaftliche Strategie des Kantons Glarus und Vernetzungsprojekte können mit finanziellen Beiträgen zusätzliche Anreize dafür schaffen. Weitere Informationen zum Thema liegen im Naturzentrum Glarnerland im Bahnhofsgebäude Glarus auf.