Die Landsgemeinde vom 2. Mai 1847 verlief stürmisch. Bei den Kantonsratswahlen im Freien stimmten die katholischen Gasterländer mit knappem Mehr liberal. Dadurch wurde St. Gallen zum Schicksalskanton für die ganze Schweiz, denn es gab auf nationaler Ebene plötzlich eine Mehrheit gegen den Sonderbund. Als Folge davon gelang der historische Durchbruch zum Bundesstaat 1848.
Turbulente Landsgemeinde vom 2. Mai 1847
«Turbulente Landsgemeinde 1847 in Schänis: St. Galler Stimmen für Sonderbundskrieg» – so lautet der Titel der Exkursion vom Samstag, 25. Februar 2012. Besammlung ist um 10.15 Uhr beim Bahnhof Schänis. Der Anlass steht unter der Leitung von Dr. Stefan Paradowski, Kunst- und Regionalhistoriker, Glarus. Es ist die erste Veranstaltung seiner heurigen sechsteiligen Exkursionsreihe «Geschichte im Gelände» (siehe unter www.paradowski.ch).
Konservative und Liberale
Die Kantonsräte des Gasters wurden alle zwei Jahre im Mai an der Bezirksgemeinde gewählt. Dabei schwangen einmal die Konservativen, einmal die Liberalen obenauf. Die Ausgangslage vor dem 2. Mai 1847 war also einigermassen offen. Allerdings galten die Konservativen als Favoriten. Umso überraschender war es, als sechs liberale Kantonsräte gewählt wurden. Damit entstand im Grossen Rat des Kantons eine liberale Mehrheit. Bis zu diesem Entscheid war die Tagsatzung, das damalige «Parlament», durch eine Pattsituation blockiert (11 Kantone für, 11 gegen den Sonderbund). Nun stimmte der liberal dominierte Kanton St. Gallen für ein militärisches Vorgehen gegen den Sonderbund: Es kam zum Sonderbundskrieg, der schliesslich zur Gründung des schweizerischen Bundesstaates führte.
Petition von über 700 Personen
Nicht nur der Verlauf der Landsgemeinde war turbulent. Im Vorfeld betrieben die Liberalen eine ungewohnt heftige Politagitation mit Plakaten, Flugblättern und andern Mitteln. Im Nachhinein wollten die unterlegenen Konservativen die Wahlen für ungültig erklären lassen. Doch der liberale Regierungsrat lehnte die entsprechende Petition, von über 700 Personen unterzeichnet, ab.
Landesweite Beachtung
Die Schicksalswahlen in Schänis bescherten dem Gaster landesweite Beachtung. Wohl zu Recht, denn es war schon bemerkenswert, dass Bürger kleiner Gemeinden bei der Erneuerung der Eidgenossenschaft den Ausschlag geben konnten (Bürgerinnen gab es noch keine). Die schweizerische Revolution von 1848 war in Europa einzigartig. Die Schweiz war weltoffen und zukunftsgerichtet. Sie wurde zum Beispiel zum Zufluchtsort für freiheitsliebende Flüchtlinge aus ganz Europa. Der Staatsrechtler Max Huber formulierte es so: «Die Bundesverfassung von 1848, mit kühner Entschlossenheit in kritischem, aber wohlgewähltem Zeitpunkt geschaffen, ist die glücklichste und bedeutendste Tat unserer Geschichte.»
Das Linthgebiet gab den Ausschlag
Eine bedeutende politische Kehrtwende vollführte das Linthgebiet 1847 mit der turbulenten Landsgemeinde in Schänis. In der Folge stimmte der nun liberal dominierte Kanton St. Gallen für ein militärisches Vorgehen gegen den Sonderbund. Das ist die Thematik einer Exkursion zum Landsgemeindeplatz vor 165 Jahren.