Das Naturzentrum fahndet nach Ameisenhaufen

Ameisennester faszinieren. Das gilt besonders für Hügelnester, auf denen sich Millionen von grossen Waldameisen tummeln. Diese entdeckt man im Sommer auf Wanderungen vom Tal bis ins Gebirge. Nun ruft das Naturzentrum Glarnerland dazu auf, Standorte von Waldameisenhaufen zu melden. Das so gewonnene Wissen hilft Waldbesitzern und Förstern, die Nester der wertvollen «Waldarbeiterinnen» zu schonen.



Nach dem kühlen Frühling sind viele Ameisenhaufen noch klein und gut versteckt. Nun werden sie von den Waldameisen wieder aufgebaut und vergrössert. (Foto: Klemens Winzeler)
Nach dem kühlen Frühling sind viele Ameisenhaufen noch klein und gut versteckt. Nun werden sie von den Waldameisen wieder aufgebaut und vergrössert. (Foto: Klemens Winzeler)

Eichelhäher und andere Vögel ärgern Waldameisen gezielt. Mit ausgebreiteten Flügeln legen sie sich auf ihre Strassen und lassen sich von den aufgebrachten Ameisen mit Säure bespritzen. Das hilft gegen Ungeziefer im Gefieder. Bei menschlichen Störenfrieden gilt diese Ausrede nicht. Vor allem am Nest kann der scheinbar harmlose Spass schwerwiegende Folgen für das Ameisenvolk haben. Hügelnester sind nämlich hochkomplexe Gebilde: emsig werden sie von den Waldameisen repariert, erweitert, umgebaut. Bei Nässe und Kälte schliessen die Ameisen sofort alle Ein- und Ausgänge, die geöffnet bei Hitze für Durchlüftung sorgen. So erreichen Waldameisen von Frühling bis Herbst eine konstante Temperatur zwischen 25 und 30 Grad Celsius im Nest. Durch das Umlagern des Nestmaterials, oft Fichtennadeln, verhindern sie zudem Feuchtigkeit und Schimmelbildung. Stochert man in einem Haufen, bringt das nicht nur die Ameisen, sondern vor allem das Klima im Nest durcheinander. Störungen an Ameisennestern sind deshalb kein Kavaliersdelikt: sie können den Tod des ganzen bis fünf Millionen Individuen starken Volkes bedeuten. Das ist fatal, denn Waldameisen sind aus gutem Grund geschützt.

Gute Geister auf sechs Beinen

Waldameisen spielen in der Natur eine wichtige Rolle. Durch das Graben von Nestern und Gängen verbessern sie die Böden und fördern das Wachstum der Bäume. Als Nahrung für ihre Brut und Königinnen sammeln sie täglich unzählige Borkenkäfer und andere Insekten und halten so Forst-Schädlinge in Schach. Da sie Samen durch die Gegend transportieren, tragen sie zudem zur Pflanzenvielfalt und Waldverjüngung bei. Wegen ihrer Bedeutung für die Natur und weil Lebensraum-Veränderungen und Störungen an ihren Nestern sie gefährden, wurden Waldameisen bereits 1966 als erste Insekten in der Schweiz unter Schutz gestellt. Um das Wissen um die Nest-Standorte der Waldameisen im Kanton Glarus zu verbessern, bittet das Naturzentrum nun die Bevölkerung um Hilfe: Waldameisen-Haufen sollen mit einem Foto dokumentiert und die genauen Fundorte gemeldet werden. Beobachtungen nimmt das Team unter [email protected] und in seiner Infostelle im Bahnhofsgebäude von Glarus entgegen. Auf einer Karte kann dort der Fortschritt der Suchaktion mitverfolgt werden. Diese ist Teil einer Infowand, welche diesen Sommer Einblick in die Lebensweise der Waldameisen gibt. Weitere Informationen zur Aktion findet man unter www.naturzentrumglarnerland.ch.

Bisher fünf Waldameisen-Arten bekannt

Im Kanton Glarus wurden bis heute 46 der 142 einheimischen Ameisen-Arten entdeckt, darunter auch fünf der sieben hügelbauenden Waldameisen-Arten. Letztere werden zur Gruppe der Roten Waldameisen zusammengefasst, da sie sich vom Aussehen her kaum unterscheiden. Ihre Hügelnester findet man an besonnten Stellen und je nach Art im Offenland, in Zwergstrauch-Gesellschaften, an Waldrändern und Hecken oder im Waldinnern vom Tal bis ins Gebirge. Waldameisen bauen ihre Nester aus Fichtennadeln und anderen Naturmaterialien. Der oberirdische Teil kann über einen Meter hoch werden. Unter der Erde geht das Nest weiter und ist manchmal über Gänge mit anderen Nestern in der Umgebung verbunden.