Das riesig tapfere Schneiderlein

Das Geschehen ums tapfere Schneiderlein ist fast Pflichtstoff für jede Familie.

Da ist es doch einem «Blätzlischniiderli» – wie er im Verlaufe der ganz stark besuchten Aufführung in der Aula der Kanti Glarus oft genannt wurde – wirklich gelungen, Sieben auf einen Streich zu erledigen. Dass es sich dabei um Fliegen handelt, wissen in diesem Märchen nach den Gebrüdern Grimm nicht alle. Deshalb avanciert das Schneiderlein zum allseits anerkannten, ja fast etwas gefürchteten Helden.

 



Das riesig tapfere Schneiderlein

Für alle mühelos lesbar hat es seine unnachahmliche Heldentat mit leuchtenden Buchstaben aufs Leibchen gestickt. Und getötet hat es seine Widersacher nur, weil sie sich ständig auf den Znüniapfel setzten und das nun doch sehr widerlich anzusehen war. Zu Beginn wird gesungen. Es müssen mithilfe der begeisterten Kinder Fliegen weggeblasen werden. Das Kleid sollte schon lange fertig genäht und der gewaltig wichtigtuerischen Oberdienerin ausgeliefert sein. Der König hat vom Helden und dessen Taten gehört. Er lässt ihn zu sich auf den Hof kommen und bittet ihn schon mal, das Reich von zwei rumwütenden Riesen zu befreien. Er gebe ihm als Belohnung das halbe Reich und die Königstochter dazu. Für den trickreichen Schneider ist das keine unlösbare Aufgabe. Er verwickelt die etwas schusseligen Riesen in einen währschaften Streit, hält sich aus dem Handgemenge klug raus – und schon ist die Sache gelöst. Der König hält aber nicht, was versprochen worden ist, obwohl die Königstochter liebend gerne in die heiss ersehnte Zweisamkeit wechseln möchte.

Der sich beim Reden zuweilen wiederholende Herrscher hat noch zwei kleinere Anliegen – zu erledigen wären noch das rumwirbelnde Einhorn und das elend «gfürchige» Wildschwein. Der Schneider erledigt diese Wünsche erfolgreich. Der Held bleibt – für den König unerwartet – am Leben.

Das von der Kulturgesellschaft Glarus verpflichtete Reisetheater Zürich gastierte im Rahmen der Angebote für Kinder in der stark besetzten Aula unserer Kantonsschule. Es war in angenehmer und willkommener Weise spürbar, dass da nicht einfach sattsam Bekanntes professionell und lieblos runtergespielt wurde. Mit viel Herzlichkeit und einem guten Draht zu den Kindern und den erwachsenen Begleitern wurde auf der Bühne agiert. Den Kindern gefiels. Die Auftritte des riesig tapferen und sehr listigen Schneiderleins, das Erscheinen des nicht eben souverän regierenden Königs, das gebieterische Agieren der Oberdienerin, die Fröhlichkeit der zumeist rumhüpfenden Königstochter, das riesige Gepolter der zwei baumstarken und elend grossen, baumstarken Riesen und die Siege übers Einhorn und das ausgerechnet in eine Kapelle weggesperrte Wildschwein waren mit viel Anteilnahme aufgenommene Sequenzen. Zu fürchten brauchte sich einfach niemand, auch wenn die Riesen gar wortgewaltig rumtobten oder das Wildschwein, wie es sein Name schon ausdrückt, riesig wütend angesaust kam. Den Kindern gefiel das trickreiche, muntere und herzhafte Getue des Schneiderleins. Er war um einiges gescheiter, als der König. Seine spontane Herzlichkeit und Ehrlichkeit stiessen auf viel Anteilnahme. Die Oberdienerin spielte die Vermischung aus Unterwürfigkeit, Wichtigtuerei und Angsthase erfrischend aus. Die Riesen lernte man als tollpatschige, etwas dümmliche Gesellen kennen. Der König und sein Töchterchen kamen an.

Ganz viel Applaus waren Anerkennung und berechtigter Dank. Und dass die Kinder mit Chips aus dem Foyer in den regnerischen Spätnachmittag entlassen wurden, war ein gar unerwartetes Geschenk.

Weniger geschickt war, dass in der lintharena Näfels am genau gleichen Tag und mit praktisch gleichem Beginn mit dem Räuber Hotzenplotz ebenfalls ein Stück für Kinder angeboten war. Die Kulturgesellschaft Glarus gibt ihre Daten stets sehr frühzeitig bekannt.

Es wäre angebracht, derartige Terminkollisionen tunlichst zu vermeiden, da ja bekanntlich bereits eine Überfülle an Angeboten für Erwachsene immer wiederArtikel feststellbar ist.