Das Schicksal Anna Göldis als Musical

In der Industriehalle SIG in Neuhausen startete am Donnerstagabend mit der Premiere das Musical «Anna Göldi». Es ist eine beeindruckende Aufführung über das tragische Schicksal der Glarner Magd.



Das Schicksal Anna Göldis als Musical

Die riesige Bühne in der einstigen SIG-Industriehalle in Neuhausen am Rheinfall bietet mit einfachsten Elementen, die mit wenig Aufwand hin- und hergeschoben werden können, die Kulisse für das neue Musical. Auf der im Hintergrund über die ganze Bühnenlänge montierten Projektionsfläche werden immer wieder Videos und Fotos eingeblendet, um das Geschehen auf der Bühne zu untermalen. Das Musical beginnt mit einem Auftritt von Johann Melchior Kubli, der als Gerichtsschreiber des Prozesses dafür besorgt war, dass die unglaubliche Geschichte auch ausserhalb des Kantons bekannt geworden ist. Dann folgen in verschiedenen Szenen, immer wieder etwas aus dem Blickwinkel des herbeigereisten Journalisten Heinrich Lehmann, die Stationen aus Anna Göldis letzten zwei Jahren in Glarus. Historisch ist allerdings, dass Lehmann erst nach Göldis Hinrichtung nach Glarus gekommen ist.

Anna Göldis Lebensstationen in Glarus


Man erlebt die Ankunft der Magd und der freundliche Empfang im Hause von Dr. Johann Jakob Tschudi, die erotischen Annäherungen durch den Hausherrn, das plötzlich «Gufen» spuckende «Miggeli», die darauf folgende Schuldzuweisung und die sofortige Entlassung als Magd, die Flucht von Göldi aus Glarus, der unbändige Hass auf die Magd von Dr. Tschudi, die Suche und die Verhaftung von Göldi, die Gerichtsszene und die Verurteilung. Praktisch alle Szenen sind mit Musik unterlegt, die manchmal etwas zu laut daherkommt. Die Hauptfiguren singen einige beeindruckende Solis, aber es gibt auch viele Sprechpassagen. Stark präsent und stimmlich überzeugend sind Masha Karell als Anna Göldi, Simon Schnorr als Dr. Johann Jakob Tschudi, Eveline Suter als Elsbeth Tschudi und Paul Erkamp als Dr. Melchior Zwicky. Letzterem kommt als ehemaliger Geliebter der Magd aus ihrer Zeit in Mollis eine etwas zu hohe Bedeutung zu. Eine dankbare Rolle hat auch Marc Dietrich als Rudolf Steinmüller, der Anna helfen will und selbst unter die Räder der damals herrschenden Justiz gelangt. Auch Glarner Beteiligung gibt es auf der Bühne. Die in Elm aufgewachsene Carina Kaiser singt im Chor mit und hat auch eine Sprechrolle übernommen.

Faszinierende Inszenierung


Alles in allem ist das Musical eine beeindruckende Ensembleleistung. An der ausverkauften Premiere vom vergangenen Donnerstag war natürlich auch eine Glarner Delegation vertreten. So waren Fridolin Elmer, Leiter des neuen Anna-Göldi-Museums, sowie Peter Bertschinger, Vizepräsident der Anna-Göldi-Stiftung, mit ihren Partnerinnen vertreten. Bertschinger meinte nach der Aufführung, er habe sich stets gefragt, wie man so eine tragische Geschichte in einem Musical darstellen könne. Es sei möglich, stellt er fest, aber es gehe auf Kosten der Emotionen. Das Musical erzeuge trotz Tragik keine Emotionen. Anwesend war auch alt Bundesrätin Elisabeth Kopp, die von Anfang in der Stiftung dabei ist und deren Ehrenmitglied ist. Fridolin Elmer bezeichnet das Musical als faszinierende Inszenierung, mit sehr guten Stimmen der Hautprotagonisten und gekonnten Massenszenen. Wer von Kubli und Lehmann noch nie etwas gehört habe, meint Elmer, werde allerdings etwas Mühe haben, die Zusammenhänge mit dem tragischen Schicksal von Anna Göldi ganz zu verstehen. – Gezeigt wird das Musical noch bis zum 22. Oktober.