Loslassen und Abschied nehmen ist ein sehr persönliches Thema, und es gehört zum Leben: Mit der Geburt verlassen wir den Mutterleib. Wir müssen unsere Kinder loslassen, wir müssen auf dem Lebensweg Freunde und Freundinnen loslassen, oft eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner. Wenn der Tod bevorsteht, gilt es aber, sich selber loszulassen. Ein Thema, mit welchem nicht alle gleich gut umgehen und sich schwer tun, darüber zu reden. Aber Gedanken an den Tod machen das Leben lebenswerter.
Wer morgen bereit ist zu gehen, lebt heute bewusster
Die Sterblichkeit ist seit Urzeiten ein Problem. Aktuell wird unserer Gesellschaft versucht, Glück durch immer längeres Leben zu schaffen. Dabei haben wir bereits eine historisch einmalig hohe Lebenserwartung.
Dr. Heinz Rüegger, Theologe, Ethiker und Gerontologe, reflektierte in seinem faszinierenden Referat die Thematik. «Lebenskunst heisst vor allem, in der Gegenwart so intensiv zu leben (memento mori – carpe diem), dass man lebenssatt wird. Unser Leben ist lang genug. Wir müssen eher wieder lernen, ein positives Verhältnis zu unserer Endlichkeit zu gewinnen und das «Sterben-Können» neu entdecken, denn der Tod gehört zum Leben und ist zu akzeptieren. Abschiedlich leben heisst darum auch: loslassen können, z.B. in Beziehungen; Aufgaben, Rollen, Positionen; Lebensphasen; Erwartungen; Meinungen, Vorstellungen, Überzeugungen. Gelingt das, so kann man getrost loslassen und «abdanken».
Das Thema in der Podiumsdiskussion vertieft
Mit Dr. Heinz Rüegger; Michael Enz, Hypnosetherapeut – Praxis für Körpertherapie; Daniel Zubler, Spitalseelsorger und Leiter Care Team; Chodar Kone, prakt. Buddhist und Kunsttherapeut nahmen unter der einfühlsamen Moderation von Sabine Steinmann, Geschäftsleiterin Alzheimer Glarus, die Podiumsteilnehmer zu vielseitigen Fragen zum Thema Stellung. Interessant in diesem Zusammenhang die als Abschluss gestellte Frage: Bevor ich sterbe, möchte ich … und die unterschiedlichen Antworten der Exponenten.
Abschied muss nicht immer nur traurig sein
Als krönender Abschluss hielt der Schauspieler Stefan Gubser (auch bekannt als Schweizer Tatort-Kommissar Reto Flückiger) eine Lesung aus dem ersten, Mundartroman «s Wätter vu geschter» des Autors Hansjörg Schertenleib.
Die Ausgangslage ist ziemlich traurig. Gaby ist tot. Neben ihr am Bett sitzt ihr Mann Thomas, der sie durch die lange Krebskrankheit begleitet hat – und doch völlig überfordert ist mit der jetzigen Situation.
Thomas' hinreissendes «Zwiegespräch» mit seiner eben verstorbenen Frau. Mal wehmütig, mal wütend, mal nachdenklich, aber immer geradeheraus und ungekünstelt. Die poetische, bildgewaltige und unzimperliche Sprache macht das Schwere leicht und bringt es zum Schweben.
«Ds letschtä Blatt» – ein via Technik eingespieltes zum Nachdenken anregendes Lied von Markus Stadelmann mit seiner Band «Linther» traf den Nagel als Abschluss ebenfalls auf den Kopf und leitete über zum Apéro.
Dem Ziel, die Aula auch nach dem schweren Thema «Sterben» mit einem leichten Herzen verlassen zu können und der Tod vielleicht wieder ein wenig mehr in die Mitte des Lebens gebracht wurde, kam der Anlass sicherlich näher.
Der dritte und letzte Anlass in diesem Zyklus findet am Montag, 3. November, 19.00 Uhr, im Alterszentrum Schwanden statt. Thema dann: «Vom Sinn im hohen Alter» und wieder mit Dr. Heinz Rüegger als Referenten.












